Zwischennutzungen in Zug: Einige sind erfolgreich

Gastroprojekt am Zuger Güterbahnhof: Ziel bisher deutlich verfehlt

Im Café Glücklich sitzen die Gäste auch Mitte September noch draussen.

(Bild: wia)

Auch in Zug hat der Trend mit den Zwischennutzungen Einzug gehalten. Leer stehende Räume werden neu belebt, Food-Markets, Arbeitsplätze und Ateliers entstehen. Doch während das Konzept bei vielen aufgeht, kehrt beispielsweise beim Betreiber der kulinarischen Zwischennutzung auf dem Güterbahnhof Ernüchterung ein.

Eine Zwischennutzung der Superlative soll kommenden Frühling in der Zuger Shedhalle eröffnet werden (zentralplus berichtete): 16 Essstände sollen in der Markthalle Platz finden, dazu eine grosse Eventhalle und ein riesiger Spielplatz. Während der Planung taucht auch immer wieder die Frage auf, ob Zug denn gross genug sei, damit sich das angedachte Projekt lohnen würde und sich ausreichend Leute mobilisieren liessen.

Bereits heute gibt es im Kanton Zug einige Zwischennutzungen. Mit unterschiedlichsten Zwecken. Die einen möchten Kunden gesund verköstigen, die anderen Arbeitsplätze und Raum für Kreative ermöglichen. Doch lohnen sich diese Angebote auf Zeit überhaupt?

Am Zuger Bahnhofplatz – und damit so zentral, wie’s nur geht – steht seit Anfang Juli ein vielversprechendes Lokal. Jedenfalls, wenn man sich an dessen Namen orientiert. Das Café Glücklich, das von drei Zuger Gastronomen ins Leben gerufen wurde, serviert Frühstück, Kaffee und Mittagessen, abends wandelt sich das Café zur Bar.

Café Glücklich macht die Betreiber glücklich

Es ist ein Konzept, das funktioniert, beteuert Mitbegründer und Meating-Geschäftsführer Ramon Nietlispach. «Wir hätten das Konzept nicht umgesetzt, wenn es sich nicht rechnen würde», sagt er. «Auch wenn wir damit nicht reich werden. Uns geht es vielmehr darum, etwas Cooles zu machen.»

Der heisse Sommer spielte dem Glücklich-Team in die Hände. Die Sommerterrasse sei bisher sehr gut ausgelastet gewesen, erklärt Nietlispach. «Und auch unser gesundes Konzept, etwa dass man seine Müesli und Salate selber zusammenstellen kann, passt in diese Gegend.» So sehr, dass das Cafe Glücklich nun Personal aufstocken müsse.

Hoffen auf längere Öffnungszeiten

Derzeit liege laut Nietlispach ausserdem ein Gesuch bei der Stadt Zug auf. «Wir hoffen, dass wir unser Lokal – wie das Mantra oder das Mister Pickwick – künftig bis 2 Uhr nachts geöffnet haben dürfen.» Die Zwischennutzung am Bahnhofplatz dauert voraussichtlich noch knapp zwei Jahre. Danach erhoffen sich die Betreiber, ein ähnliches Konzept an einem fixen Ort umzusetzen.

Weniger genüsslich geht es in der Zwischennutzung in der alten Post in Zug zu. Die Firma Office Lab vermietet dort sowohl Büros wie auch einzelne Arbeitsplätze. Bei einem Besuch herrscht im Grossraumbüro wenig Leben. «Tatsächlich sind wir heute nur zu zweit. An einem normalen Tag sind wir häufig zu sechst hier», erklärt ein IT-Fachmann, der hier einen Arbeitsplatz auf Monatsbasis gemietet hat. Dies, weil zu Hause zu viel Ablenkung drohe. Kinder, die herumwuseln, Kühlschränke, die zu verlockend nah am Schreibtisch stehen.

Viele Firmen suchen Büroräume

Auf Anfrage von zentralplus erklärt Timothy Graf von Office LAB, dass man mit der Auslastung der Räume sehr zufrieden sei. «Wir haben sehr viele Anfragen von Firmen, die ein privates Büro für vier oder mehr Personen suchen. Diesen Anfragen können wir zurzeit aus Kapazitätsgründen nicht nachgehen.» Dies, weil im 2. Obergeschoss sowie im Erdgeschoss, wo genügend Platz dafür wäre, bereits zwei grössere Firmen eingezogen sind.

Arbeiten in gemütlicher, ungezwungener Atmosphäre: Die Zwischennutzung beim Postplatz Zug.

Arbeiten in gemütlicher, ungezwungener Atmosphäre: Die Zwischennutzung beim Postplatz Zug.

(Bild: wia)

Im ehemaligen Postfächerraum, wo seit Juni dieses Jahres Open-Space-Arbeitsplätze vermietet werden, seien kleinere Firmen bis zu vier Personen tätig, aber auch einzelne Personen. «Sie schätzen es, Teil dieser Community zu sein», so Graf. Auch diese Zwischennutzung scheint also zu funktionieren.

«Wir sind so nahe am Bahnhof und trotzdem sind wir nicht super gelegen.»

Stephan Würth, Initiant von Puurpuur

Andere jedoch haben einen deutlich schwereren Stand. So etwa Puurpuur, die kulinarische Zwischennutzung auf dem SBB-Areal, nahe des Ökihofs (zentralplus berichtete). Hier können Gäste gesund und frisch zu Mittag essen, am Abend verwandelt sich Puurpuur in eine Bar und ein Event-Lokal. Stephan Würth, der Initiant des Projekts, sagt etwas frustriert: «Wir sind so nahe am Bahnhof und trotzdem sind wir nicht super gelegen. Die Menschenströme kommen nicht an uns vorbei. Und das ist nicht gut.»

80 Gäste statt deren 350

Konkret fehle es an Laufkundschaft über Mittag. «Wir müssen die Leute aktiv abholen.» Mit 350 bis 400 erwarteten Gästen pro Mittag hatte man hohe Ziele. Heute sind es durchschnittlich 80 bis 100. «Das Potenzial ist definitiv gegeben, das beweist auch das Vorhaben des Siemens-Projektes mit künftig über 15 Foodständen», so Würth.

Bei Zwischennutzungen sei die Lage entscheidend. Denn häufig seien diese in alten Industriegebäuden eingemietet, an Orten, welche etwas abseits vom Geschehen seien. «Da können die Mieten noch so tief sein. Die Investitionen respektive die Marketingaufwendungen, um an Kundschaft heranzukommen, sind immens», so Würth. «Es ist ein Problem, das wir definitiv unterschätzt haben.»

«Es läuft so viel, dass die Bevölkerung schnell wieder vergisst, dass es uns gibt.»

Stephan Würth, Initiant von Puurpuur

Nun jedoch gibt es einen Lichtblick, so Würth: «Nun dürfen wir auf dem Bahnhofareal einen Foodtruck aufstellen und auch im Übrigen zeigt sich die SBB hilfsbereit.»

Die Siemens-Zwischennutzung bereitet Bauchschmerzen

Abends laufe der Betrieb heute bereits ziemlich gut. Und auch die gebuchten Anlässe und eigens organisierten Events würden laut Würth zum Teil sehr gut besucht. «Wir hatten bis zu 350 Personen an den Daydance-Veranstaltungen hier.» Und doch, so relativiert er, sei trotz dieser Erfolge viel Werbung vonnöten. «Es läuft so viel, dass die Bevölkerung schnell wieder vergisst, dass es uns gibt.»

Nur ein paar wenige stehen beim Puurpuur für ihrMittagessen an.

Nur ein paar wenige stehen beim Puurpuur für ihr Mittagessen an.

(Bild: wia)

Entsprechend macht ihm die riesige Zwischennutzung, die in der alten Siemens-Shedhalle geplant ist, etwas Bauchschmerzen. «Wir merken schon, dass wir uns in einem Verdrängungsmarkt befinden. Entsprechend könnte uns das geplante Projekt Kundschaft wegnehmen», so Würth. Auch wenn er sich sicher ist, dass es auch beim Siemens-Projekt sehr viel Werbung und Authentizität bedürfe, damit dieses ins Rollen komme.

Ateliers, Büros, Freiraum

Eine weitere aktuelle Zwischennutzung läuft derzeit in Cham. Im Gebäude an der Hinterbergstrasse 32 sind seit rund einem Jahr Künstler und Unternehmer zugange.

Während im zweiten und dritten Stock des Gebäudes insbesondere Einzelbüros zur Verfügung stehen, gibt es im ersten Stock eine grosse Halle, die von Kleinunternehmen und Künstlern gemietet wird. Verantwortlich für die Vermietung dieses 450 Quadratmeter grossen «Raumlabor 110» ist der Verein «Netzwerk – Paettern».

Der Begründer Patrick Bützer sagt zum Projekt: «Ursprünglich dachten wir, dass diese Nutzung so lebendig würde wie das ehemalige Projekt D’Wohnig. Nun ist der Raum jedoch mehr ein Grossraumatelier.» Das sei aber in Ordnung, beteuert Bützer. Bei solchen freien Zwischennutzungen sei das Ergebnis jeweils offen.

Nicht alle Interessenten konnten berücksichtigt werden

Lukas Amacher von der Projekt Interim GmbH, welche für die Vermietung des gesamten Hauses zuständig ist, zieht ein sehr positives Zwischenfazit: «Die Zwischennutzung ist seit Projektstart voll ausgelastet.» So stark, dass man nicht alle Interessenten habe berücksichtigen können.

An der Hinterbergstrasse sind vor einem Jahr Künstler und Unternehmer eingezogen.

An der Hinterbergstrasse sind vor einem Jahr Künstler und Unternehmer eingezogen.

(Bild: wia)

Einzig für den geplanten Veranstaltungsraum im EG des Hauses habe man während der ersten Monate des Projekts keine Nachfrage gehabt. «Entsprechend haben wir die dortigen Räumlichkeiten an einen individuellen Zwischennutzer vergeben», so Amacher.

«Zwischennutzungen werden in der Regel ein wenig anders genutzt als konventionelle Geschäftsliegenschaften.»

Lukas Amacher von der Projekt Interim GmbH

So richtig lebendig geht es jedoch nicht zu und her im Gebäude, in dem auch zentralplus ein Redaktionsbüro gemietet hat. Auf den Gängen trifft man selten auf Menschen. Amacher vom Projekt Interim relativiert: «Zwischennutzungen werden in der Regel ein wenig anders genutzt als konventionelle Geschäftsliegenschaften.»

So habe man bereits bei verschiedenen Projekten die Erfahrung gemacht, dass viele Mieter ihre Räume zu stark unterschiedlichen Zeiten, etwa zu Randzeiten oder an Wochenenden nutzen.

Verschiedenste Faktoren entscheiden über den Erfolg

Die Worte Patrick Bützers, dass bei Zwischennutzungen nie so recht klar sei, wie das Ergebnis aussehe, scheinen berechtigt. Einige Betriebe, etwa das Café Glücklich, laufen besser als erwartet, andere hingegen kämpfen mit unerwarteten Hindernissen.

Gerade bei einer so riesigen Zwischennutzung wie der geplanten in der Siemens-Shedhalle dürften verschiedenste Faktoren matchentscheidend sein. Was jedoch bei der relativen Abgelegenheit der Halle nicht schaden dürfte: effizient eingesetzte Werbemassnahmen.

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