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Demnächst wird ein Deutschschweizer Gastronomieunternehmen das Bargeld in all seinen Betrieben abschaffen. Die Begründung: Die Kosten seien zu hoch. Doch viele Zentralschweizer Gastronomen halten am Bargeld fest: Es werde noch immer viel genutzt.
Der Druck auf das Bargeld nimmt zu. Der Rückgang an Bargeldzahlungen hat sich zuletzt zwar verlangsamt. Dennoch: Im Jahr 2017 wurde Bargeld noch für 70 Prozent aller Transaktionen eingesetzt, jetzt sind es noch 36 Prozent. Das geht aus einer neuen Studie der Schweizerischen Nationalbank (SNB) hervor.
Der Trend macht auch vor der Gastronomie nicht halt. Die Deutschschweizer Gastronomiekette Familie Wiesner Gastronomie schafft demnächst das Bargeld in seinen Lokalen ab, wie der «Blick» berichtete. Zur Kette gehören etwa die Negishi Sushi Bars in Luzern und Zug.
Der Anteil an Bargeld-Transaktionen betrage in den Lokalen des Gastrounternehmens weniger als 5 Prozent, teilweise noch weniger, begründet Geschäftsführer Daniel Wiesner am Freitag gegenüber der «Luzerner Zeitung». Da der Anteil mittlerweile so gering ist, sei es kaum mehr sinnvoll, Bargeld als Zahlungsmittel zu führen. Der Grund: Mit Bargeld sind auch Kosten verbunden. Etwa müssen die Angestellten das Bargeld nach Schichtende kontrollieren und auszählen.
Doch hiesige Gastronomen sind skeptisch gegenüber einem bargeldlosen Betrieb, wie Anfragen von zentralplus zeigen.
In vielen Zentralschweizer Beizen zahlt jeder Fünfte mit Bargeld
So etwa bei «Sinnvoll Gastro». Noch immer werden etwa 20 Prozent der Zahlungen in bar getätigt, schreibt Geschäftsführer Reto Aregger. Zum Gastronomieunternehmen gehören etwa das Restaurant Grottino 1313 in Luzern oder das «Alpenblick» in Weggis. Das Unternehmen habe sich noch nie überlegt, das Bargeld abzuschaffen, «weil der Anteil mit doch 20 Prozent nicht unwesentlich ist und wir dem Gast die Möglichkeit bieten wollen, mit Bargeld zu bezahlen», so Aregger.
Der Geschäftsführer scheint auch an die Zukunft des Bargeld zu glauben: «Ich glaube, es gibt Konzepte, die gut bargeldlos funktionieren können und wiederum andere, wo Bargeld als Zahlungsmittel eine Rolle spielt.» Grosse Beträge bezahlten Kunden üblicherweise mit der Karte, doch ein Glacé oder einen Kaffee würde man noch immer häufig in bar bezahlen, so Aregger.
«Bargeld wird es bei uns noch Jahre geben.»
Fredy Wagner, Geschäftsleiter Tavolago
Ein Kostentreiber seien die Bargeldzahlungen in den Betrieben der «Sinnvoll Gastro» nicht. Diese unterscheiden sich zwischen Bargeld und Karten kaum, so Aregger. Bei Kartenzahlungen werden je nach Zahlungsmittel zwischen 1 und 3 Prozent fällig. «Beim Bargeld sind es versteckte Kosten, die auf den ersten Blick nicht sichtbar sind.»
Bargeld kostet Geld
Auch in Betrieben der Tavolago sei noch vieles auf Bargeld ausgelegt, schreibt Geschäftsleiter Fredy Wagner. Tavolago ist verantwortlich für die Gastronomie auf dem Vierwaldstättersee. Das Unternehmen führt aber auch einige Restaurants, etwa das «Ampersand» in Luzern.
Wie bei den Betrieben der «Sinnvoll Gastro» ist auch bei Tavolago der Anteil an Barzahlungen deutlich höher als bei den Betrieben der Familie Wiesner Gastronomie. So würden heute ungefähr 20 bis 25 Prozent der Gäste in bar bezahlen. Für Wagner ist daher klar: «Bargeld abzuschaffen, kommt für uns im Publikumsgeschäft auf unseren Schiffen und in den Gastronomie-Landbetrieben momentan nicht in Frage. Der Anteil ist noch zu hoch. Da sind wir noch einige Jahre von entfernt.»
Der Kreditkartengebühren zum Trotz: Wagner vermutet, dass das Bargeld das «teuerste» Zahlungsmittel ist. Als Kostenpunkte nennt er etwa gesicherte Geldtransporte, die Aufbewahrung in Tresoren und die Wechselgeldbestellung. «Die digitalen Zahlungsarten sind da ‹günstiger›», schreibt Wagner. Dennoch: «Bargeld wird es bei uns noch Jahre geben, wenn auch der Anteil stetig abnimmt.»
Zuger «Freiruum» setzt nur auf Karten …
Gar nicht mehr mit Bargeld zahlen kann man an den Essensständen im Zuger «Freiruum». Man möchte während der Stosszeiten Wartezeiten an den Ständen vermeiden. «Zahlungen mittels Karten, Twint et cetera sind dabei die speditivere Variante als mittels Bargeld, auch macht es für unsere Mitarbeitenden den Tagesabschluss leichter. Zudem sei die Kartenbezahlung hygienischer für das Personal, schreibt der Medienverantwortliche Sandro Troxler.
Troxler sagt weiter, dass die Zahlungen mittels Karte sicherer seien, da das Diebstahlrisiko wegfällt. «Zusätzlich würde bei der Bargeld-Variante im Freiruum grosser Logistikaufwand dazukommen, da wir mit 15 verschiedenen Foodständen sowie Bars, Sportbereich etc. je eine eigene Kasse haben müssten.»
«Wir haben den Schritt für die bargeldlose Variante im Freiruum nie bereut.»
Sandro Troxler, «Freiruum» Zug
Oftmals heisst es, dass Kunden mit der Bezahlung von Trinkgeld zurückhaltender seien, wenn diese mit der Karte bezahlen. Fredy Wagner von Tavolago sagt etwa, dass die Trinkgeldzahlungen trotz zunehmender Kartenzahlungen noch immer gerne in bar bezahlt werden.
«Solange ich hier Wirt bin, gilt Barzahlung.»
Roland Odoni, Restaurant Neustadt
Troxler vom «Freiruum» widerspricht. «Einen Rückgang an Trinkgeldzahlungen können wir nicht nachvollziehen. Schliesslich kann man auch bei der bargeldlosen Variante einfach auf einen geraden Betrag aufrunden, oder man wählt ganz einfach einen der vorgegebenen Trinkgeld-Prozente aus, die einem das Bezahlterminal vorschlägt. Man braucht somit nicht einmal selbst zu rechnen (zwinkernd).» Troxler resümiert: «Wir haben den Schritt für die bargeldlos-Variante im Freiruum nie bereut.»
… Luzerner Beiz setzt nur auf Bargeld
Das genau gegenteilige Konzept des «Freiruums» wendet das Luzerner Restaurant Neustadt an. Die Traditionsbeiz akzeptiert nur Bargeld. «50 Franken bleiben auch 50 Franken, wenn sie 38 Mal in andere Hände gelangen», lässt sich Wirt Roland Odonis in der «Luzerner Zeitung» zitieren. Damit spricht der Wirt die Transaktionsgebühren an, die bei Kartenzahlungen anfallen. Er empfindet es als «unnötig», dass die Bank bei jeder Bezahlung von dieser Gebühr profitiert.
«Einige wenige» könnten es nicht verstehen, dass im «Neustädtli» keine Kartenzahlungen erlaubt sind. Doch Wirt Odoni gibt sich gegenüber der «LZ» unbeirrt: «Solange ich hier Wirt bin, gilt Barzahlung.»
- Schriftlicher Austausch mit Reto Aregger, Geschäftsführer «Sinnvoll Gastro»
- Schriftlicher Austausch mit Sandro Troxler, Medienverantwortlicher «Freiruum»
- Schriftlicher Austausch mit Fredy Wagner, Geschäftsleiter Tavolago AG
- Artikel in der «Luzerner Zeitung»
- Artikel im «Blick»
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