Prost! Zuger Ausschankverbot für Besoffene soll fallen
Betrunkene Bargäste weiter mit Alkohol versorgen? Das ist in Zug offiziell verboten. Nun soll dieses Gesetz gestrichen werden. Weil es schlecht kontrolliert werden kann – und weil Betriebe ihre eigenen Mittel und Wege haben.
Während derzeit an Oktoberfesten allerorts unzählige Hopfentorpedos ins Schluckgebälk gekippt werden, bis der Alkohol das Bewusstsein ausknipst, könnte das in Zuger Bars für rechtliche Probleme sorgen. Zumindest in der Theorie. Denn in der Zuger Gastronomie gibt es ein besonderes Gesetz. Dieses besagt vereinfacht formuliert: In Zuger Gastronomiebetrieben dürfen Betreiber betrunkenen Gästen keinen Alkohol verkaufen.
Dieses Gesetz soll nun im Rahmen einer Teilrevision des Gastgewerbegesetzes fallen. Denn die Vorschrift erweise sich in der Praxis als «kaum umsetzbar und unnötig», wie es in einem Bericht und Antrag des Zuger Regierungsrates heisst. Zudem sei es schwierig, das Verbot in der Praxis durchzusetzen. Auch, weil jeder Mensch Alkohol anders vertrage und es Personen nicht immer klar anzusehen sei, ob sie betrunken sind. Das müsse jeweils im Einzelfall betrachtet werden, was wiederum zu Diskussionen führen würde.
«Ausserhalb des privaten Bereichs erweist sich das Verbot sodann als unnötig», heisst es dazu im B&A. Das Thema hat erstmals eine Motion der FDP vom 29. Oktober 2020 auf den Tresen gebracht. Diese wurde damals als teilerheblich erklärt.
Staat will nicht bevormundend eingreifen
Statt gesetzlichen Druck auszuüben, will der Regierungsrat auf die Eigenverantwortung der Konsumentinnen und Barbetreiber setzen. Es sei schliesslich auch nicht im Sinne der Bars und Restaurants, dass sich offensichtlich betrunkene Personen im Lokal aufhalten, «da sich andere Gäste dadurch gestört fühlen dürften und sie möglicherweise durch die betrunkenen Gäste auch angepöbelt oder körperlich oder verbal angegriffen werden könnten», heisst es im Dokument weiter.
Nicht umsonst verfügen heute viele Betriebe über eigenes Sicherheitspersonal, das für Ruhe sorgt. Es dürfe also davon ausgegangen werden, dass die Gastrobetriebe Gästen, die zu tief ins Glas schauen, von sich aus keinen Alkohol mehr ausschenken oder sie gemäss Hausrecht gar zum Verlassen des Lokals auffordern. Darum kommt der Regierungsrat im B&A zum Schluss, dass es nicht angezeigt sei, dass der Staat in solchen Situationen bevormundend eingreife und das Verbot daher nicht sinnvoll und kaum mehr von Bedeutung sei. Es könne aufgehoben werden, «ohne dass Nachteile zu befürchten wären».
In Zuger Bars kein Problem
Eine Nachfrage bei verschiedenen Bars in Zug zeigt, dass das fragliche Gesetz deren Betrieb kaum oder gar nicht tangiert. Weil sie es mit ihren eigenen Hausregeln und Konzepten so oder so einhalten. Bei der Fischerstube in der Unter Altstadt beispielsweise habe man grundsätzlich sehr selten so stark betrunkene Gäste, dass das Gesetz zum Zuge käme. «Und in den wenigen Fällen, die wir haben, verhalten wir uns gemäss unserem Personalhandbuch und erfüllen somit auch die Anforderungen des Gesetzes», schreibt Andre Bliggenstorfer gegenüber zentralplus.
Jenes Personalhandbuch besagt unter anderem, dass die Bar-Crew darauf achtet, Gästen gar nicht erst soviel Alkohol auszuschenken, dass diese die Kontrolle verlieren. «Sollten offensichtlich angetrunkene Gästen das Lokal betreten, bietet unser Personal den Gästen alkoholfreie Alternativen an, und/oder bittet sie, je nach Zustand und Verhalten, das Lokal zu verlassen.» Das Fischerstube-Team bietet dem Gast ebenfalls an, ein Taxi zu rufen.
Ein wichtiger Faktor im Umgang mit betrunkenen und aggressiven Gästen sei es grundsätzlich, die Ruhe zu bewahren. Moralpredigten werden keine gehalten, sondern nur sachlich argumentiert, führt Bliggenstorfer weiter aus. Nütze auch der vereinte Effort des Teams nichts, und verhalte sich der Gast weiterhin sehr aggressiv, werde die Polizei verständigt. Und im Notfall ein Lokalverbot ausgesprochen.
- Ich trinke gar keinen Alkohol.
- Gegen ein Feierabendbier oder etwas Wein ist nichts einzuwenden.
- Es war keine geile Party, wenn ich mich noch dran erinnern kann.
Hausverbote in Zuger Bars sind selten
Solche Lokalverbote wurden auch schon im «Cheers» in Baar verhängt. Allerdings äusserst wenige. «In den sieben Jahren waren es etwa vier», erklärt Inhaber Pirmin Ulrich. Grundsätzlich seien auch komplett verladene Gäste sehr selten. Insofern habe der Gesetzesartikel wenig Einfluss auf den Betrieb. Denn im Umgang mit trinkfreudigen Gästen zählt Ulrich auf Erfahrung und Menschengespür.
Ebenso setzt man im Café Glücklich an der Alpenstrasse 16 auf die Erfahrung des Barteams und «gesunden Menschenverstand», wie es auf Anfrage heisst. Offensichtlich stark alkoholisierte Gäste kriegen hier ein Wasser und werden vor die Tür begleitet. Ist die Person im Delirium oder sonst in Not, kontaktiert das Team den Notfalldienst. Das sei in den fünf Betriebsjahren aber praktisch nie vorgekommen.
Ein Überbleibsel aus vergangenen Zeiten
Der Gesetzesartikel geht auf das Jahr 1984 zurück. Dieser verbot das «Verleiten zu übermässigem Alkoholgenuss» und die Abgabe alkoholhaltiger Getränke an Betrunkene sowie an Personen, die als trunksüchtig bekannt waren.
In noch früheren Jahren war im Kanton Zug die schwarze Liste das wohl gefürchtetste Instrument gegen übermässige Alkoholgeniesser. Der Kanton verschärfte 1882 das Wirtschaftsgesetz und brachte damit auch diese Liste ins Spiel. Leute, die ihren Namen hier aufgeschrieben fanden, hatten Hausverbot in sämtlichen Wirtschaften. Notabene unter Androhung von drakonischen Strafen (zentralplus berichtete).
Die Vernehmlassung für die gegenwärtige Teilrevision dauert noch bis zum 13. Dezember dieses Jahres. Läuft alles nach Plan, tritt sie im Dezember 2025 in Kraft. Ab dann dürfen Barkeeperinnen jedem antrabenden Torkel-Tobias offiziell noch einen Träsch ausschenken – sofern sie es als sinnig erachten.
- Bericht und Antrag zur Teilrevision
- Schriftlicher Austausch mit Andre Bliggenstorfer, Bar Fischerstube
- Website Bar Fischerstube
- Schriftlicher Austausch mit Anita, Café Glücklich
- Website Café Glücklich
- Schriftlicher Austausch mit Pirmin Huber, «Cheers»