Ein Hauch «Doorzögli» an die Baselstrasse

Neues Luzerner Lokal huldigt der Stammtisch-Kultur

Servieren «Füschtu» und Kafi: Amira, Daniel und Karin Hilty (von links). (Bild: cbu)

Das «Absacker-Stübli» an der Baselstrasse setzt auf urchige Kneipenstimmung statt hippe Trends. Wir haben uns mit Karin Hilty an einen Tisch gesetzt. Die Neu-Wirtin weiss aus ihrer langen Zeit im «Doorzögli» bestens, wie eine Traditionsbeiz funktioniert.

Wenn ein neues Restaurant aufgeht, setzen die meisten Betriebe auf ein fancy Interieur, hippe Speisekarte und modernes Design. Wer das «Absacker-Stübli» an der Baselstrasse betritt, wähnt sich hingegen in der Vergangenheit. Es gibt rustikales Mobiliar und einen Zigarettenautomaten und ein FCL-Schal an der Wand bekundet auch gleich die lokale Fussball-Sympathie.

Hier treffen wir auf Karin Hilty, ihren Mann Daniel Kaufmann und Inhaber Martin Krasniqi. Im Schankraum weibelt die Serviceangestellte Amira umher und bedient die Gäste. Es wird gemütlich geraucht, Bier getrunken und geplaudert. Man kennt sich, grüsst und verabschiedet sich mit Vornamen. «Bis morn!»

Ein Hoch auf den Stammtisch

Das «Absacker-Stübli» versteht sich als Rückkehr zu alten Tugenden und einer Tradition, die langsam verschwindet. «Es gibt immer weniger Quartierbeizen in Luzern. Aus der Sicht der Lokalbetreiber würde heute viel aufs Moderne ausgelegt. Dadurch geht die Stammtischkultur langsam aber sicher verloren», erklärt uns Martin Krasniqi. «Alle gehen einen Schritt vorwärts, wir gehen jetzt einen zurück.»

Der Gastronom hat das Lokal an der Baselstrasse 30 im Jahr 2019 übernommen – zunächst unter dem Namen Brooklyn Bar (zentralplus berichtete). Jetzt will er es nach einer Corona-Pause mit Karin Hilty an der Spitze wieder zum Fliegen bringen (zentralplus berichtete).

«Urgestein» wirtet im «Absacker-Stübli»

Karin Hilty übernimmt die Funktion der Geschäftsleiterin im «Absacker-Stübli», sie ist ein Urgestein in der Luzerner Gastroszene. Seit 2003 serviert sie im «Café La Suisse» – das Luzerner als «Doorzögli» kennen. Noch bis Ende Mai wird sie in der Altstadt anzutreffen sein. Ab Juni wirtet sie dann Vollzeit an der Baselstrasse. Bis dahin übernimmt Krasniqi noch die Tagesleitung.

Hilty wurde das Gastroleben buchstäblich in die Wiege gelegt, wie sie im Gespräch erzählt: «Meine Eltern haben schon gewirtet, der Weg war also quasi vorgegeben.» Sie selbst sammelte erste gastronomische Erfahrung 1992 in einer Alpstube. Das Feuer war entfacht. Seither ist sie der Gastro-Branche treu geblieben. Ein Berufswechsel kam für die heute 56-Jährige nie infrage. Eine neue Herausforderung hingegen schon.

Vom Stammgast zum Geschäftspartner

«Ich wollte schon immer ein eigenes Lokal übernehmen», sagt Hilty. «Als sich hier die Chance bot, musste ich nicht zweimal überlegen.» Das Ganze kam zustande, weil Martin Krasniqi und Daniel Kaufmann sich schon seit Längerem kennen und befreundet sind. «Daniel war hier früher Stammkunde», erzählt Krasniqi. «Und jetzt sind wir Geschäftspartner. So kann's kommen», ergänzt er gut gelaunt. «Und mit Karin haben wir eine Frau an der Front, die mit viel Wissen und Leidenschaft dabei ist.»

Dass Karin Hilty das Angebot annehmen würde, damit hatte selbst Ehemann Daniel nicht gerechnet, der im Lokal aushilft und in der Küche steht. «Ich war total überrascht, als sie mir sagte, dass sie kündigt.» Der Abschied von ihrer alten Wirkungsstätte ging trotz aller Vorfreude auf das «Absacker-Stübli» nicht spurlos an der frischgebackenen Wirtin vorbei.

Emotionaler Abschied vom «Doorzögli»

«Es gab und gibt schon sehr emotionale Momente», sagt sie. «Da sind auch schon Tränen geflossen.» Wenig überraschend, hat Hilty in den rund 19 Dienstjahren im «Doorzögli» viele Bekannt- und Freundschaften mit Gästen geschlossen. Umso schöner für sie, dass ihr einige auch im «Absacker-Stübli» treu bleiben und bereits mehrmals in ihrer neuen Wirkungsstätte eingekehrt sind.

«Hier drin soll gejasst, politisiert und diskutiert werden. Und manchmal auch auf den Tisch geklopft.»

Daniel Kaufmann

Auch sonst hofft das Team auf zahlreiche Gäste und sieht sich mit dem Standort im Vorteil: «Das Multikulturelle der Baselstrasse hat einen enormen Reiz», findet Krasniqi. «An die 160 verschiedene Nationen leben hier. Darum finden wir es wichtig, dass die Baselstrasse eine Stammtisch-Beiz behält.»

Ordentlich gefüllter «Füschtu»

Daniel Kaufmann fügt an: «Hier drin soll gejasst, politisiert und diskutiert werden. Und manchmal auch auf den Tisch geklopft.» Und das bei einem Bier, einem «Füschtu», einem Krummen und einem Kaffee zu «vernünftigen Preisen». Für den «Füschtu» – ein Sandwich aus zwei Brotscheiben, gefüllt mit Käse, Schinken oder Salami und Butter – steht Daniel Kaufmann morgens selbst in die Küche und verspricht: «Der wird ordentlich gefüllt!» Schliesslich sollen die Büezer auch etwas Rechtes zwischen die Zähne bekommen.

Das «Absacker-Stübli» zelebriert passenderweise währschafte Verpflegung wie Schinken-Käse-Toast, Chäs-Chüechli oder Wienerli mit Brot. Die Zutaten beziehen die Wirte aus der Region, vom Chäs Barmettler, der Bäckerei Hänggi und der Metzgerei Blättler.

Ohne Wirtesonntag: Stübli im Dauerbetrieb

Das Lokal wird sieben Tage die Woche geöffnet sein. Wirtesonntag ist Fehlanzeige. «Das Sonntagsleben soll hier wieder stattfinden», sagt Hilty. «Vor 15 Jahren konnte man in vielen Beizen noch einen Frühschoppen geniessen. Das wollen wir zurückholen.» «Ufegstuelt» wird noch um 00.30 Uhr. «In Zukunft möchten wir am Wochenende aber noch länger geöffnet haben», so die Wirtin weiter.

Apropos später: Angedacht ist auch eine Trottoir-Nutzung mit rausgestellten Tischen und Stühlen. «Die Leute sollen sehen, dass hier etwas stattfindet», erklärt Daniel Kaufmann. Auch kleine Konzerte, FCL-Viewings und dergleichen sind geplant.

Und wie kam's zum neuen Namen? Die drei lächeln. Man habe an einem gemütlichen Abend während des Umbaus über den Namen sinniert, sei daraufhin etwas versackt und voilà: Der Name war geboren. Im «Absacker-Stübli» ist der Name also durchaus Programm.

Verwendete Quellen
  • Besuch vor Ort
  • Gespräch mit Karin Hilty, Daniel Kaufmann und Martin Krasniqi
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Hilda Gilli
    Hilda Gilli, 01.05.2022, 15:19 Uhr

    Das finde ich absolut super, ich habe die super gestylten und viel zu teuren Gourmet Schuppen satt. Bin in Luzern aufgewachsen zu Zeiten des Stiefel, Fritschi, Vier….., Gambrinus usw. Als ich zum letzten mal in Luzern war, letztes Jahr war ich schockert, es Einerli Wysse im Flora 8 Stutz. Wümsche Euch viel Glück fur das Beizli und wenn ich wieder Mal in der Heimat bin schaue ich rein bei Euch

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  • Profilfoto von Hannes Estermann
    Hannes Estermann, 30.04.2022, 22:17 Uhr

    Zuerst ein grosses BRAVO !
    Hoffentlich wird es als bald wieder einige Lokale mehr,dieser Art geben.
    Nicht nur in Luzern,nein,in der ganzen «Deutsch»(!)Schweiz ist eine regide Abnahme solcher liebenswürdiger,bodenständiger Lokale feststellbar. Es ist mir bewusst,mit bald 60 Jahren Gastronomiepraxis im In- und Ausland,dass sich die Zeiten ändern.
    Trotzdem wünsche ich aufrichtig …viel Erfolg mit einem einem grosser Dank für euren Courage !

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