Soll Zustupf versteuert werden?

Luzerner Gastro kämpft gegen Regelung von Trinkgeld

Gehört Trinkgeld versteuert? Darüber gehen die Meinungen auseinander. (Bild: cbu)

Werden Trinkgelder in Restaurants künftig fix besteuert? Diese Frage beschäftigt sowohl die Politik als auch die Gastronomie. Und einig sind sich die beiden ganz und gar nicht.

Wir sind ein einig’ Volk von Kartenzahlern. Zumindest immer mehr. Trotzdem bleibt das Trinkgeld ein fester Bestandteil der Gastrokultur in der Schweiz. Laut einer Umfrage der Bank Cler von 2022 geben 98 Prozent der Schweizer Bevölkerung in der Gastronomie gelegentlich ein Trinkgeld.

57 Prozent der Leute zahlen das Trinkgeld dabei lieber bar als digital. Und das, obwohl der Service eigentlich seit 1974 fest im Lohn der Mitarbeiterinnen verankert ist. Was wir also als Trinkgeld drauflegen, ist freiwillig und hat dadurch «Schenkungscharakter».

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Mit dem Trinkgeld beschäftigt sich aber nicht nur das Restaurantpersonal, sondern auch die Politik. Etwa mit der Frage, ob Trinkgeld Schwarzgeld ist, da es auf oft keiner Abrechnung auftaucht – wenn es bar gegeben wird (zentralplus berichtete). Mit der Zunahme von Kartenzahlungen können Trinkgelder aber immer besser nachverfolgt werden. Darum fürchtet die Gastrobranche, dass der Bund seine Regeln hinsichtlich Versteuerung der Löhne ausweiten könnte.

Gastro fürchtet «übertriebenen Aufwand»

Und diese Regeln könnten sich für die Gastronomie als «übertrieben erweisen», so der Genfer Mitte-Nationalrat Vincent Maitre. Deswegen reichte er im September eine Motion ein, in welcher er forderte, dass der Bund eine gesetzliche Sonderregel einführen soll, um Trinkgelder von der Steuer zu befreien. Künftig sollten die im Gastgewerbe erhaltenen Trinkgelder nicht mehr zum «massgebenden Lohn gezählt und nicht mehr der Einkommenssteuer unterliegen», schreibt Maitre.

Davon will der Bundesrat aber nichts wissen. Er hat die Motion «Keine Versteuerung von Trinkgeldern» jüngst zur Ablehnung empfohlen. Sehr zum Verdruss der Branche.

Für Thomas Tellenbach vom Verband Gastro Luzern ist der Fall klar: Eine Versteuerung der Trinkgelder wäre «vor allem ein riesengrosser bürokratischer Aufwand, welcher weder von den Mitarbeitern noch von den Unternehmungen gefordert wird». Die Gäste geben ein Geschenk ab für freundlichen und zuvorkommenden Service. «Dabei sollte es bleiben», schreibt Tellenbach auf Anfrage.

Trinkgeld als Anreiz für tiefere Löhne?

Der Bund sieht eine Gefahr darin, die Trinkgelder von der Einkommenssteuer zu befreien. Damit hätten Arbeitgeber einen finanziellen Anreiz, die Bedienung wieder vermehrt über Trinkgelder entschädigen zu lassen, schreibt er in seiner Antwort auf die Motion. Also ein Modell, wie es in den USA gang und gäbe ist. Dies könnte sich negativ auf die Lohnentwicklung auswirken. Zudem würde die soziale Absicherung von Arbeitnehmerinnen, die in Betrieben mit hohen Trinkgeldern arbeiten, geschmälert.

Der Bundesrat anerkennt zwar, dass Trinkgelder meist nur einen kleinen Teil des Einkommens ausmachen und nur ausnahmsweise konkret überprüfbar sind. Trotzdem möchte er allein für die Gastronomie und Hotellerie keine neue Regelung. Seiner Ansicht nach würde das zu Rechtsunsicherheit führen, weil es eine Übervorteilung von anderen Branchen wie dem Taxi- oder Coiffeurgewerbe wäre. «Doch genau das Gegenteil ist der Fall», heisst es seitens Gastro Suisse in einer Mitteilung.

«Die Motion beseitigt aktuelle Unschärfen bezüglich der Trinkgeldpraxis im Gastgewerbe.» Davon würden Behörden, Betriebe, Mitarbeitende und Treuhänder gleichermassen profitieren. «Der Bundesrat will die grosse Chance leider nicht nutzen, welche die Motion eröffnet.»

Es bleibt beim Status quo – vorerst

Statt das Gesetz anzupassen, bleibt der Bund also vorerst beim Status quo. Heisst: «Es werden weiterhin nur ausnahmsweise Beiträge auf Trinkgelder erhoben.» Nämlich dann, wenn diese in der Buchhaltung der Arbeitgeber erfasst sind und «das Kriterium der Wesentlichkeit offensichtlich erfüllt» ist. Wann dieses Kriterium erfüllt ist, gibt der Bund jedoch nicht bekannt. Kurzfristig sind gemäss Bund zwar keine Regeländerungen geplant, «dies hindert die Verwaltung jedoch nicht daran, Überlegungen zur aktuellen Praxis anzustellen und sich darüber auszutauschen».

Wie also weiter? Der Gastroverband bedauert den Entscheid des Bundes und gibt sich kämpferisch. «Wir werden alles daran setzen, dass Trinkgelder auch künftig nicht zu besteuern sind und die soziale Sicherheit der Angestellten durch faire, verlässliche Löhne gewährleistet bleibt.» Seitens Luzern hält man ebenfalls an der bisherigen Marschrichtung fest. «Stand heute halten wir an unserer Aussage vom August 2024 fest», schreibt Thomas Tellenbach.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Thomas Tellenbach, Sprecher Gastro Luzern
  • Motion und Antwort «Keine Versteuerung von Trinkgeldern»
  • Medienmitteilung Gastro Suisse
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