Sterneküche in historischem Gasthaus

«Löwen» Menzingen: Duo Körperich im Michelin-Trubel

Franco und Tanja Körperich wirten seit 2019 im denkmalgeschützten Gasthaus Löwen in Menzingen. Im Oktober gabs einen Michelin-Stern für ihre Küche. (Bild: cbu)

Das Restaurant Löwen in Menzingen ist ein Unikat. Nicht nur wegen des altehrwürdigen Hauses, sondern auch, weil es derzeit das einzige Restaurant im Kanton Zug ist, das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet ist.

Es ist ruhig an der Holzhäusernstrasse in Menzingen. Die Sonne beschert einen sommerlich-warmen Herbsttag, bei der Bäckerei-Konditorei Schlüssel sitzen eine Handvoll Gäste draussen an den Tischen und geniessen einen Kaffee oder ein Stück Kuchen. Nur einen Steinwurf entfernt steht der altehrwürdige «Löwen», ein historisches Restaurant mit einer bewegten Geschichte.

Hier treffen wir auf Tanja Körperich. Sie ist die Gastgeberin im «Löwen» und führt ihn gemeinsam mit ihrem Mann – dem Spitzenkoch Franco Körperich. Bevor wir uns zu dritt fürs Interview an einen Tisch setzen können, muss noch ein Handwerker angewiesen werden.

Nach dem Michelin-Stern ist vor dem Michelin-Stern

Bis vor Kurzem war es im Dorfkern nämlich alles andere als ruhig. Eine Baustelle hat während eines halben Jahres für Lärm und ordentlich Verkehr gesorgt. Ein Lastwagen hat sich dabei leicht verschätzt und in der Kurve den gusseisernen Balkon des «Löwen» touchiert. Die Delle wird nun ausgebügelt.

Abgesehen davon läuft es hervorragend für den «Löwen». Im Oktober wurde das Edel-Restaurant vom Guide Michelin mit einem Stern ausgezeichnet (zentralplus berichtete). Damit ist es der aktuell einzige Betrieb im Kanton Zug, der sich mit dieser Auszeichnung rühmen darf. Einen Michelin-Stern hatte das Restaurant aber schon in der Vergangenheit.

Und zwar unter der Leitung von Franco Körperichs Vorgänger, dem Spitzenkoch René Weder. Dieser übernahm den «Löwen» zusammen mit seiner Frau Christine im Jahr 2015. Mit «Kochen für Freunde», einem Konzept, das statt auf eine breite Speisekarte auf ein spezielles Menü setzte, heimste das Paar bald eine der höchsten Gastronomie-Auszeichnungen ein.

Eine erste Nachfolge war noch zu früh

Franco Körperich und René Weder verbindet eine gemeinsame Vergangenheit. So war Körperich im Jahr 2014 als Nachfolge für Weders hoch prämiertes Restaurant Sternen in Walchwil im Gespräch. Damals sei der Schritt für ein eigenes Restaurant aber zu früh gewesen, erinnert sich Körperich. Stattdessen stieg er 2016 als Sous-Chef im «Löwen» in Menzingen ein.

Seine Frau Tanja folgte ein Jahr darauf mit einer Position im Service. 2019 übergab René Weder das Lokal schliesslich an seinen Sous-Chef. «Franco ist wie ein Sohn», sagte Weder damals gegenüber der «Luzerner Zeitung». «Ich bin pensioniert und mache jetzt einem Jungen Platz und gebe ihm die Chance, unser Werk weiterzuführen.»

Gilt als die älteste Gaststube im Kanton Zug: Das Gasthaus Löwen in Menzingen. (Bild: cbu)

Die Körperichs setzen Weders Traditionen fort

Und das tun Tanja und Franco Körperich heute noch. So verzichten sie ebenfalls auf eine klassische Speisekarte und servieren stattdessen ein Gourmet-Menu mit drei bis acht Gängen. Das Konzept, auf eine Speisekarte mit zahlreichen Gerichten zu verzichten, hat auch ökologische Gründe. «Auf diese Art und Weise gibt es kaum Foodwaste», so Körperich.

Auf die Teller kommt im «Löwen» eine ausgewogene Mischung aus Fisch, Fleisch, Pasta, Gemüse und Früchten. «Wir können aber auch vegetarisch oder vegan», sagt der Koch, allerdings müsse man das bei der Reservation im Vorfeld angeben. Franco Körperich legt grossen Wert auf saisonale Zutaten und besorgt sie – sofern möglich – auch aus der Region.

So zählt die Metzgerei Forster in Zug, der Chäsladä aus Unterägeri oder Pescador in Sihlbrugg zu seinen Lieferanten. «Ich arbeite in der Küche sehr gerne mit Fisch und Krustentieren», sagt der Koch. «Die Zutaten lasse ich gerne so pur wie möglich. Den Fisch beispielsweise zuerst noch durch einen Mixer jagen, macht für mich keinen Sinn.»

Am «Löwen» in Menzingen schätzen sie nicht nur das Lokal selbst – das Haus ist ein historischer Bau, der unter Denkmalschutz steht – sondern auch das Drumherum. «Wir fühlen uns hier sehr willkommen und akzeptiert», sagt Tanja Körperich. Die Gäste kämen nicht nur aus der nahen Umgebung, sondern kehren aus den Kantonen Bern, Basel und gar aus Deutschland in der historischen Gaststube ein.

Als Paar unterwegs

Wie beim diesjährigen Michelin-Mitgewinner «Maihöfli» in der Stadt Luzern, wo Oscar de Matos zusammen mit seiner Partnerin Nadine Baumgartner den Laden schmeisst, arbeitet auch im «Löwen» ein Paar. Kennengelernt haben sich die gelernte Köchin und Hotelfachschul-Absolventin aus Bad Säckingen und der im ostdeutschen Görlitz geborene Spitzenkoch 2015. Er arbeitete als Commis de Cuisine im Restaurant Sonne in Scheunenberg im Kanton Bern, sie startete als Aushilfe im Service. Richtig gefunkt hat es aber erst, als die zwei im «Löwen» wieder aufeinandertrafen.

Heute schmeissen Tanja und Franco Körperich den Betrieb praktisch im Alleingang. Gelegentlich hilft eine Aushilfe im Service und eine in der Küche aus. Der Koch ist aber auch im Service anzutreffen. «Wenn ich das Essen koche und anrichte, kann ich es auch gleich an den Tisch bringen», sagt der Spitzenkoch pragmatisch. «Wir haben ja nur fünf davon.» Ausserdem könne er so auch gleich allfällige Fragen der Gäste zum jeweiligen Gang beantworten.

«Wir haben eine sehr gute Grundharmonie», erklärt Tanja Körperich die Zusammenarbeit mit ihrem Ehemann. «Sonst würde es auch gar nicht funktionieren», ergänzt Franco. Es sei zwar fast unmöglich, Geschäftliches vom Privaten zu trennen, trotzdem versuchen die Körperichs, nach Feierabend einen «Cut» zu setzen. «Sonst kann man ja gar nicht herunterfahren», so die Gastgeberin.

Die Wochenenden im «Löwen» sind bereits ausgebucht

An «Herunterfahren» ist im Moment sowieso nicht gross zu denken. Zwar hat die Michelin-Auszeichnung für zahlreiche Gratulationen und Blumensträusse gesorgt, aber gut besucht war das Lokal auch schon davor. «Unter der Woche hat es noch freie Tische, aber die Wochenenden sind bis Ende Jahr bereits ausgebucht», sagt Tanja Körperich. Das liegt nicht zuletzt auch am bevorstehenden Weihnachtsgeschäft, das nach zwei Corona-Wintern dieses Jahr wieder uneingeschränkt möglich ist (zentralplus berichtete).

Das Betreiber-Paar freut sich ebenso auf den nächsten Sommer. Denn nach dem diesjährigen Baustellen-Geraffel können sie im neuen Jahr auch wieder die Gartenterrasse des Gasthofs Löwen in Betrieb nehmen und so die Michelin-prämierte Kulinarik unter freiem Himmel des idyllischen Klosterdorfes servieren.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Tanja und Franco Körperich
  • Website Gasthaus Löwen
  • Artikel im «Gault Millau»
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