Alex Gemperle, Stefanie Baier und Silvan Christen wollen, dass das Herz des «Zollhuus» weiterschlägt. (Bild: wia)
Neue Fassade, neues Dach, neue Heizung: Ein lokales Bauunternehmen will das Hünenberger Zollhuus komplett renovieren. Die neuen Besitzer sind überzeugt, dass das Restaurant weiterleben soll. Auch wenn es sich finanziell nicht rechnet.
Beizen haben es im Moment nicht selten schwer. Oft existiert zwar eine Infrastruktur, doch fehlt es an gutem Gastropersonal, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Im Fall des Hünenberger Restaurants Zollhuus liegt der Fall gerade umgekehrt. Mit Stefanie Baier gibt es zwar eine motivierte Gastronomin, doch das Haus, in dem sie seit Mai 2023 wirtet, bedarf ausgiebiger Renovationen.
Der Schindelbau aus dem Jahr 1910 und das kleinere Nebenhaus sind zwar hübsch anzusehen, doch wurden sie nach der Prüfung des Amtes für Denkmalschutz nicht unter Schutz gestellt. Bahn frei für den Abriss? Nichts dergleichen.
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Das Bauunternehmen Alex Gemperle AG, oder besser gesagt dessen Schwesterfirma, die Zollhaus Immo AG, hat das Gebäude im April 2023 gekauft. Früherer Besitzer der Liegenschaft war Freddy Niklaus, der die Beiz gleichzeitig betrieb. «Er kündigte vor wenigen Jahren an, aufhören und die Liegenschaft verkaufen zu wollen», erzählt Alex Gemperle, der gerade im Sitzungszimmer des Hauses sitzt, von dem er spricht. «Niklaus hatte bereits mehrere Angebote von Kaufinteressierten erhalten. Die meisten wollten das Gebäude jedoch abreissen lassen und stattdessen einen Neubau realisieren.»
Rettung statt Abriss
Nicht so die beiden Projektverantwortlichen, Alex Gemperle und Silvan Christen. «Wir möchten das Gebäude stattdessen retten. Unser Ziel ist es nicht nur, die beiden Bauten ausgiebig zu renovieren, sondern auch, den Restaurantbetrieb weiterzuführen.» Das besagte Projekt überzeugte den ehemaligen Beizenbetreiber, und er verkaufte ihnen die Liegenschaft im April 2023.
Ein Blick aufs Haus und ein Streifzug durch die Innenräume zeigen Folgendes: Das hellblaue Haupthaus mit seinem kleinen Nebenbau ist zwar charmant, und die dunkel getäferte Gaststube ist gemütlich. Doch dürften grosse Investitionen nötig sein, um das Haus auf Vordermann zu bringen. Dem stimmt Christen zu: «Gleich nachdem wir die Liegenschaft gekauft hatten, mussten wir bauliche Sofortmassnahmen tätigen. Die Warmwasserleitungen waren in schlechtem Zustand, und auch die Ölheizung musste instand gesetzt werden. Wir hoffen, damit die kommenden Jahre überbrücken zu können, bis wir im Rahmen der ausgiebigen Renovationen eine Grundwasserheizung einsetzen können.»
Mehr Platz, trockene Köpfe und Barrierefreiheit
Mittelfristig plant die Zollhaus Immo AG diverse Massnahmen. Eine neue sanitäre Anlage soll im Gebäude entstehen. Auch das Dach, das heute an einigen Stellen nicht immer ganz dicht ist, muss erneuert werden. «Überhaupt muss das Haus energietechnisch komplett saniert werden», sagt Christen. Die Küche und der Gastraum dürften ebenfalls moderner werden. Letzterer bietet heute Platz für 70 Gäste und soll künftig 100 Sitzplätze bieten.
Christen weiter: «Derzeit ist das Gebäude nicht barrierefrei, da es keinen Lift gibt. Gern möchten wir einen solchen im Nebenhaus realisieren. Dafür müssten wir das Dach dort im Sinne einer Lukarne etwas anheben und die Gebäude mittels Passarelle verbinden.» Und schliesslich soll auch die Aussenfassade aufgemöbelt werden. «Derzeit besteht sie aus Eternitschindeln. Wir würden das Haus äusserlich durch Holzschindeln gern näher an seinen Ursprungszustand zurückführen», so Gemperle.
Teuer, aber dennoch lohnenswert
Das klingt nicht nur teuer, sondern auch nervenaufreibend. Denn über die Jahre wurde mehrmals an den Gebäuden herumgewerkt. Unliebsame bauliche Überraschungen während der Renovationsarbeiten dürften gesetzt sein. Gemperle ergänzt schmunzelnd: «Aus finanzieller Sicht müsste man diese Renovationen nicht tätigen.»
Den Beteiligten der Zollhaus Immo AG liegt das Gebäude jedoch am Herzen. Nicht nur, weil die Mitarbeitenden der Alex Gemperle AG, welche in Hünenberg ihren Firmensitz hat und gleich auf der anderen Reuss-Seite ihren Werkhof betreibt, hier gern einkehren. Der emotionale Bezug zum Objekt entstand schon früher. «Ich erinnere mich daran, dass ich als Kind mit meiner Familie Ausflüge hierher machte. Wir verbrachten Zeit in diesem Erholungsgebiet und kehrten dann im Zollhuus ein, um ein Rivella zu trinken», sagt Gemperle. Christen ergänzt: «Ich wiederum erinnere mich gut, wie wir früher mit dem Auto noch die Holzbrücke überqueren mussten, um in den Kanton Aargau zu gelangen.» Die neue Brücke, über die der Verkehr heute führt, wurde erst 1996 gebaut.
Gemperle betont: «Das Restaurant steht mitten in einem Naherholungsgebiet und wird insbesondere während der wärmeren Monate dank der vielen Freizeitgäste belebt. Ebenfalls wird das Zollhuus in Hünenberg oft für Anlässe wie Hochzeiten und Geburtstage gebucht.»
Der Kanton hat Mitspracherecht
Noch brauchen die Projektverantwortlichen etwas Geduld. Die Baueingabe wurde zwar gemacht. Doch weil das Zollhuus in der Landwirtschaftszone liegt, hat auch der Kanton beim Umbauprojekt ein Wörtchen mitzureden.
«Für uns ist klar, dass wir die Renovationsarbeiten im Januar starten möchten, da dann die Saison der Weihnachtsessen vorbei ist und der Restaurantbetrieb jeweils ruhiger ist. Ob wir 2026 oder 2027 beginnen, werden wir sehen», erklärt Alex Gemperle. Noch ist unklar, ob der Beizenbetrieb während dieser Zeit vollkommen zum Stillstand kommt oder in einer Form weitergeführt wird. Christen sagt: «Wir können uns zum Beispiel vorstellen, draussen ein temporäres Chalet aufzustellen für die Gäste.» Ob sich das rechne, wisse man jedoch nicht. So könne es auch sein, dass man den Restaurantbetrieb während ein paar Monaten komplett einstelle.
Stefanie Baier, die seit bald zwei Jahren auf dem Zollhuus wirtet, ist für beide Möglichkeiten offen. Ihr ist im Hinblick auf die Renovationsarbeiten jedoch eines besonders wichtig: «Unsere Gäste kommen hierher, weil es nicht so steif und modern ist, sondern gemütlich. Diese Heimeligkeit möchten wir auch künftig beibehalten.»
Journalistin und langjährige Autorin bei zentralplus. Schreibt über politische Querelen, aufregende Bauprojekte und gesellschaftlich Bewegendes. Am liebsten jedoch schreibt sie über Menschen. Und natürlich Hunde.