Nachwuchs ist ein Problem

Gastro Femme: Club will Restaurant-Frauen sichtbar machen

Tamara Schärer (links) und ihre Schwester Martina Müller wirten im Hotel Restaurant Sonne in Reiden. Abgesehen von ihrem Vater ein reiner Frauenbetrieb. (Bild: zvg)

Frauen in der Gastronomie wollen sichtbarer werden. Dafür haben sich rund 100 Gastronominnen zusammengeschlossen. Bisher führte der Club eher ein Nischendasein, jetzt will er die nationale Bühne betreten.

Frauen in leitenden Positionen waren in der Schweizer Gastronomie lange Zeit in der Unterzahl. Schaut man auf die Ausbildungszahlen, zeigt der Trend heute in die andere Richtung. In den letzten Jahren hat die Zahl der Frauen in Gastro-Berufen massiv zugenommen, sei es als Inhaberinnen oder als Sterneköchinnen (zentralplus berichtete). Der Club Gastro Femme setzt sich zum Ziel, ebensolche Frauen in der Branche zu vernetzen und zu stärken.

Gastro Femme ist aber keine aktuelle Antwort auf die gegenwärtige Lage in der Gastronomie. Der Club feierte 2019 bereits sein 40-jähriges Jubiläum. Gegründet wurde er – ironischerweise – von einem Mann: Pierre Mange, oder «Götti», wie ihn die Frauen des Clubs liebevoll nennen. Der Unternehmer hatte 1979 bei einer männerlastigen Gastro-Versammlung Mitleid mit den wenigen anwesenden Frauen und hat sie auf die Idee gebracht, einen Frauen-Club zu gründen.

Ein Club für Privates und Berufliches

«Er war der Meinung, dass wir Frauen auch etwas miteinander unternehmen sollten, wenn die Männer an ihren Versammlungen waren», erklärt Clubpräsidentin Regula Aebischer auf Anfrage. Seither hat sich am Ziel und Zweck des Vereins wenig geändert. «Wir treffen uns regelmässig zum Austausch.»

Gesprochen wird sowohl über Privates als auch Geschäftliches. «Es geht auch darum, uns gegenseitig zu helfen und zu unterstützen. Ideen für Gerichte, Anlässe oder Unterstützung bei der Suche nach Mitarbeitern im Betrieb – wir sprechen über alles.» Die Gespräche werden geschätzt. So kommt es auch, dass selbst pensionierte Gastronominnen noch dabei sind. «Sie freuen sich auf den Austausch und auch darauf, etwas unternehmen zu können.»

Gastro Femme-Präsidentin Regula Aebischer wirtet im Gasthof Löwen in Riffenmatt, Bern.
Gastro-Femme-Präsidentin Regula Aebischer wirtet im Gasthof Löwen in Riffenmatt, Bern. (Bild: Gastro Femme)

Dem Club fehlt der Nachwuchs

Denn dreimal pro Jahr organisiert der Club Ausflüge. Mal in ein Weinanbaugebiet, mal in eine Textilfabrik. «Unsere Ausflüge haben immer einen Bezug zur Gastronomie», erklärt die Präsidentin. Hinzu kämen noch jährlich zwei Workshops, in denen Handwerk rund um den Restaurantbetrieb vertieft wird. «Das kann von Kursen über Tischdekorationen bis zu Erste-Hilfe-Lektionen reichen.»

«Wir wollen und müssen bekannter werden, mehr Reichweite schaffen.»

Regula Aebischer, Präsidentin Gastro Femme

Rund 100 Mitglieder hat Gastro Femme heute. «Die Mitgliederzahlen bleiben erstaunlicherweise stabil. Das verwundert mich selbst ein wenig», so Aebischer. Trotzdem hat der Club – wie so viele Gruppen oder Vereine – ein Nachwuchsproblem. «Es ist schwierig, neue Mitglieder zu finden», sagt Aebischer. Für die Zukunft des Clubs seien vor allem jüngere Mitglieder wichtig. Keine leichte Aufgabe.

Die Mitglieder des Clubs Gastro Femme. Vorne mittig sitzt der Gründer-Götti Pierre Mange.
Die Mitglieder des Clubs Gastro Femme. Vorne mittig sitzt der Gründer-Götti Pierre Mange. (Bild: Gastro Femme / zvg)

Gastro Femme goes Social Media

Der Club hat verschiedene Massnahmen ergriffen, um den Nachwuchs zu sichern. Nebst klassischer Mund-zu-Mund-Kommunikation stellt er sich im Herbst am «Forum für Frau» des Dachverbands Gastro Suisse zum ersten Mal öffentlich vor. «Wir wollen und müssen bekannter werden, mehr Reichweite schaffen», sagt Regula Aebischer.

Auch auf Social Media will Gastro Femme künftig aktiv werden, hauptsächlich, weil junge Leute sich mehrheitlich über solche Kanäle austauschen. «Ich selbst bin zwar nicht so Social-Media-affin, aber wir kriegen hier Unterstützung von Gastro Suisse», sagt Aebischer.

«Bei uns in der ‹Sonne› gab es immer viele Frauen.»

Tamara Schärer, Geschäftsführerin Restaurant Hotel Sonne

Mitmachen bei Gastro Femme können grundsätzlich alle Frauen, die in einer leitenden Funktion in einem Gastbetrieb tätig sind. Herkunft, Kanton und Alter spielen keine Rolle. «Interessierte können bei uns reinschnuppern, an einem der Anlässe teilnehmen und wenn alles passt, werden sie an der jährlichen Generalversammlung in den Club gewählt.»

Bei Gastro Femme ist auch Luzern dabei

Auch der Kanton Luzern ist mit der Gemeinde Reiden im Verband vertreten – und zwar gleich mehrfach. Sowohl Agnes Lerch vom Restaurant Lerchenhof als auch Pia Schärer und ihre Tochter Tamara Schärer sind aktive Mitglieder. Das Mutter-Tochter-Gespann wirtet im Restaurant Hotel Sonne. Im Betrieb hilft nebst dem Vater auch noch Tamara Schärers Schwester Martina Müller mit.

Das Personal in der «Sonne» ist altersmässig bunt gemischt. «Von 20-Jährigen bis zu Personen im Pensionsalter ist bei uns alles vertreten», sagt «Sonne»-Geschäftsführerin Tamara Schärer gegenüber zentralpus. Aber eines fällt auf. Abgesehen von ihrem Vater ist die ganze Equipe weiblich. «Bei uns in der ‹Sonne› gab es immer viele Frauen», sagt sie. Warum das so ist, kann sie selbst nicht klar beantworten. «Vielleicht ist das auf dem Land einfach so», meint sie lachend.

«Es ist immer toll, sich unter Fachleuten austauschen zu können.»

Tamara Schärer, Geschäftsführerin

Zu Gastro Femme kam sie über die Familie. «Meine Mutter hat mich in den Club nachgezogen», sagt sie. Nebst den Weiterbildungen und den Ausflügen schätzt sie vor allem eines: «Es ist immer toll, sich unter Fachleuten austauschen zu können.» Von den Erfahrungen anderer zu profitieren, helfe enorm.

Gross aktiv konnte sie im Gegensatz zu Pia Schärer bei Gastro Femme aber noch nicht werden. «Ich bin erst seit November 2018 dabei. Meine Mutter schon seit 2004.» Die zwei Corona-Jahre haben sowohl ihrem Betrieb als auch den Aktivitäten von Gastro Femme einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Das kann sich jetzt aber wieder ändern. Der nächste Ausflug von Gastro Femme ist zumindest schon bekannt – und er führt nach Luzern. Für die Teilnehmerinnen geht es zu einer Besichtigung des Paraplegiker-Zentrums Nottwil.

Verwendete Quellen
  • Telefonischer Austausch mit Regula Aebischer, Vereinspräsidentin
  • Artikel im «Gastro Journal» Nr. 26/27
  • Website Hotel Sonne Reiden
  • Telefongespräch mit Tamara Schärer, Geschäftsleiterin Hotel Sonne Reiden
  • Website Gastro Femme

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Hannes Estermann
    Hannes Estermann, 17.07.2022, 09:52 Uhr

    In meiner 60 jähr. Berufskarriere als Koch im IN-und Ausland lernte ich viele
    sehr tüchtige und intelligente Gastgewerbefrauen kennen.
    Ein nicht (!) kleiner Teil der Betriebe musste im Hintergrund von starken Wirtsfrauen geführt werden…was die prakt.Arbeit anbelangt erst recht .
    Rechtlich bedingt darf ich keine Namen nennen.Da würden selbst im Kt.Luzern, einigen ehemaligen Kunden,einst bekannter Betriebe ihre Augen geöffnet.
    Früher waren nicht (!) wenige Wirte die besten Kunden am heimischen Stammtisch, bis der nicht selten über Generationen hart erarbeite Betrieb zu Grunde gesoffen war.Von meiner damals 36 köpfigen GW-klasse/BS, mitte der 50 er Jahren sind mir bis dato, mindestes deren 9 mir bekannte Abstürze bekannt.Die Dummen war leider stets der Rest der Familie und das Personal.
    Habe eine hohe Wertschätzung zu eurer zwingend nötigen und sinnvollen Vereinigung.
    Macht weiter so !

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  • Profilfoto von Karl-Heinz Rubin
    Karl-Heinz Rubin, 17.07.2022, 03:00 Uhr

    Gastro Femme darf sich gerne auch um die tiefen Löhne im Gastgewerbe kümmern.
    Dies scheint bei Gastro Femme leider aber kein Thema zu sein.
    Darum dürfen ja nur leitende weibliche Personen vom Gastro Gewerbe dem Club beitreten.
    Sehr speziell….

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