Massnahme gegen Personalmangel

Du willst in die Gastro? Luzern bietet neu Crash-Kurse an

Der richtige Umgang mit der Weinflasche will gelernt sein. Teilnehmerinnen tauschen ihre eigenen Erfahrungen aus. (Bild: cbu)

Um gegen den Personalmangel vorzugehen, bietet die Luzerner Gastronomie kostenlose Kurse für Quereinsteiger und Wiedereinsteiger an. zentralplus hat sich als stiller Zuhörer in eine der Klassen reingesetzt.

Links die Gabeln, rechts die Messer. Und wohin das Dessertbesteck? Wer wie der Autor in Kindertagen daheim zum Tischdecken verdonnert wurde (Danke, Mama!), weiss die Antwort darauf vermutlich.

Wer sich aber in der Gastronomiebranche, vor allem im Servicebereich, bewegt, muss noch unzählige weitere Regeln beachten. Die Anzahl Fettnäpfchen ist dabei ebenso zahlreich, wie die Regeln selbst. Dabei sind es oft Details, die – abgesehen von der Freundlichkeit – einen grossen Unterschied zwischen gutem und schlechtem Service ausmachen.

Die Gastronomie hat – und seit Corona noch verstärkt – ein Personalproblem (zentralplus berichtete). Um dem Mangel vorzubeugen, hat der Verband Gastro Luzern in Zusammenarbeit mit der lokalen Gastronomie und Hotellerie im Ausbildungszentrum G’Art an der St. Karli-Strasse zwei Kurse auf die Beine gestellt. Während der eine Kurs vor allem Neu- und Quereinsteigerinnen anspricht, gibt der andere Wiedereinsteigern einen Crashkurs. Wer also schon immer mal in die Gastro-Szene «reinschnuppern» wollte, findet hier eine erste Anlaufstelle.

Kurse sind eine «Reduktion aufs Wesentliche»

«Die Kurse sind eine Reduktion aufs Wesentliche», erklärt uns Betriebsleiter Thomas Tellenbach. «Alles können wir natürlich nicht abdecken, die Ausbildung dauert normalerweise ja drei Jahre.» Aber es gehe darum, den Teilnehmerinnen die Grundlagen wieder ins Gedächtnis zu rufen.

Das geschieht während zweier Halbtage und in einer Mischung aus Theorie und Praxis. Um möglichst viele Teilnehmer anzusprechen, sind die Kurse kostenlos. zentralplus hat sich als stiller Zuhörer beim zweiten Tag eines Wiedereinsteigerkurses in die hinterste Reihe gesetzt und zugeschaut. Zehn von zwölf möglichen Personen sind heute hier. Die anderen beiden sind krankheitsbedingt ausgefallen, erklärt Kursleiterin und Gastro-Lehrperson Nadine Kupferschmidt.

Wir kamen, sahen – und vergeigten

Zum Start, quasi als kleine Aufwärmrunde, gibt es ein kleines Quiz mit Repetitionsfragen zum ersten Workshop. Das Spiel läuft über eine Handy-App. Als ungekrönter Quiz-Chef und Game-Nerd von zentralplus nimmt auch der Autor daran teil. Und siehe da, lange Zeit schlägt er sich ganz wacker, belegt bis zur fünften Frage gar die Poleposition, stürzt dann aber bei der korrekten Bezeichnung einer Gläserposition auf dem Tisch (Traubenform!) in eine Abwärtsspirale fehlerhaften Halbwissens. Hätte er seiner Mutter damals doch besser zugehört. Letztlich reicht es immerhin noch für den sechsten Platz. Danach beginnt der eigentliche Unterricht.

«Viele Neu- und Wiedereinsteiger werden für Bankett- oder Frühstücksbuffet-Service eingesetzt, erklärt Nadine Kupferschmidt den Teilnehmern. Darum liegt der heutige Fokus auf den verschiedenen Servicearten. Wie relevant ist das «Mis en Place», wie tischt man bei einem Bankett korrekt auf (und ab), wie funktioniert ein reibungsloser À-la-Carte-Service? Obwohl der Kurs einem vorbereiteten Ablauf folgt, dient dieser eher als Leitfaden. Im Zentrum steht nämlich auch der Austausch der Teilnehmerinnen. Bei fast jedem auftauchenden Punkt kommen Fragen aus dem eigenen Betrieb auf, die im Plenum besprochen werden.

Kursteilnehmerinnen sollen sich austauschen

Als stiller Zuhörer, der sich eher in der Gästeposition sieht, ist das durchaus interessant. So fragen sich die Teilnehmer, ob eine Weinflasche auf einem Tablett oder auch in der Hand an den Tisch der Gäste gebracht werden darf. Oder ob Erwachsene auch Kinderteller bestellen dürfen. Dass die teils etwas ausschweifenden Diskussionen den Zeitplan durcheinanderwirbeln, ist in Ordnung. Letztlich geht es darum, dass die Teilnehmer etwas vom heutigen Tag mitnehmen.

Die Theorie ist zwar schön und gut, aber wirklich im Gehirn haften bleibt oft nur die Praxis. Darum bildet die zweite Hälfte des heutigen Tages einen Praxisteil. Die Klasse wird hierbei in zwei Gruppen aufgeteilt. Je nach Bedürfnis wird an einem Postenlauf geübt, wie man mehrere Teller gleichzeitig trägt, wie eine Weinflasche fachgerecht am Gast geöffnet wird und wie man hübsche Servietten faltet.

Oder aber wie ein Bankett korrekt aufgetischt wird. Dass hier noch Luft nach oben ist, zeigt ein Blick auf den bereitgestellten Tisch, an dem sich die Gruppe gerade zu schaffen macht – noch ist nicht alles da, wo es eigentlich hingehört. Nadine Kupferschmidt schaut der Gruppe mit amüsiertem Blick zu. Geklärt werden diese Fehler dann im Anschluss.

Damit der Autor nicht einfach nur atmende Raumdekoration ist, macht er mit und lernt von der Fachfrau, wie man drei Teller auf zwei Händen trägt. Wir sind ein bisschen stolz, dass wir die Teller in flottem Tempo von A nach B bugsieren können, ohne Scherben zu hinterlassen.

Frauen sind in der Überzahl

Die Kaffeepause nutzen wir, um mit den Kursteilnehmerinnen zu plaudern. Die Herkunft, der Werdegang und gegenwärtige Anstellung sind bei allen unterschiedlich. Während einige an der Bar oder in einem kleinen Bistro arbeiten, sind andere als Aushilfe bei Restaurants oder Landbeizen tätig.

Auffallend: Beim heutigen Kurs sind ausser einem Mann nur Frauen dabei. Alterstechnisch jedoch bunt gemischt. «Eigentlich sind die Teilnehmer etwas besser durchmischt», sagt uns Nadine Kupferschmidt. «Ich schätze 60 Prozent Frauen, 40 Prozent Männer.»

«Es gibt keinen Mangel an freien Stellen.»

Nadine Kupferschmidt, Kursleiterin

So unterschiedlich die Teilnehmerinnen, so verschieden sind auch die Erwartungen an den Kurs. «Ich habe früher in einer Bar gearbeitet», erklärt uns eine Teilnehmerin. Heute ist sie mehrfache Mutter und hat das Bedürfnis, ihr Wissen am Kurs wieder aufzufrischen. «Die Branche bewegt sich doch sehr schnell weiter, da muss man auf dem Laufenden bleiben.» Bisher gefällt ihr, was der Kurs bietet. «Man verlernt eben sehr schnell, wenn man längere Zeit weg ist.»

Eine andere Teilnehmerin arbeitet als Aushilfe bei einem Landgasthof. «Ich bilde mich gerne weiter», sagt sie uns. Zudem seien Kurse wie dieser auch gut für den Austausch untereinander. Die Theorie sei das eine, in der Praxis würde vieles je nach Betrieb anders oder gar nicht gehen. Da seien andere Herangehensweisen spannend zu erfahren.

Ob das Personalproblem dank der Kurse gelöst werden kann, muss sich zeigen. «Es gibt keinen Mangel an freien Stellen», sagt Nadine Kupferschmidt. Auf jeden Fall ist es ein Mittel, um den Zugang zur Branche zu erleichtern. Und das kommt an. Die Kurse bis Ende April sind grösstenteils bereits ausgebucht.

Verwendete Quellen
  • Besuch an Wiedereinstiegskurs
  • Persönliches Gespräch mit Nadine Kupferschmidt, Kursleiterin
  • Persönliches Gespräch mit Thomas Tellenbach, Betriebsleiter
  • Website Weiterbildungskurse von Gastro Luzern

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Michel von der Schwand
    Michel von der Schwand, 28.03.2022, 14:57 Uhr

    Eine weitere Massnahme, um die Löhne in der Gastrobranche tief zu halten. Der angelernte Pöbel darf dann für einen Hungerlohn schuften, während das ausgebildete Personal mit dem RAV-Berater Kaffee trinkt.

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