Partys auf Luzerner Friedhof nicht erwünscht

Gastro, Klassik oder Religion: Im alten Krematorium ist neues Leben gefragt

Wer hat eine Idee? Das alte Krematorium mit imposanter Gartenanlage sucht eine neue öffentliche Nutzung.

(Bild: jwy)

Eine imposante Oase sucht eine neue Nutzung: Wer eine Idee für das alte Krematorium inklusive 8’000-Quadratmeter-Park hat, kann diese jetzt einreichen. Unter Umständen erhält man die öffentliche Nutzung sogar kostenlos. Party und Rockkonzerte sind in der Friedhofszone aber nicht erwünscht.

Man kann sich schon fragen, wenn man die imposante Anlage betritt: Wer um Gottes Willen soll das alles in Zukunft nutzen? Das fragt sich auch die Stadt Luzern, die das Alte Krematorium wieder öffentlich beleben will (zentralplus berichtete).

Da ist der sakrale Kuppelbau mit Orgel, den alten Öfen im Keller und ehemaliger Leichenhalle. Da ist die terrassierte Parkanlage mit Urnengräbern, mit Brunnen und einem leeren, hübsch verbleichten Bassin. Seit dem Neubau des Krematoriums 2005 in der Nähe ist die monumentale Anlage oberhalb des Friedhofs Friedental in einen Dornröschenschlaf verfallen. Kaum ein Luzerner verirrt sich hierher – eigentlich schade.

Die Stadtgärtnerei hat den Unterhalt auf ein Minimum reduziert. «Nicht zu vergleichen mit damals, als Seerosen blühten und die Komposition der Anlage entfernt an eine Orangerie oder an einen Schlosspark erinnerte.» So steht es im Vorwort der Ausschreibung, die am Montag publiziert wurde.

Ab sofort können Interessierte – ob Vereine, Organisationen oder Private – ihre Ideen einreichen, wie man die Anlage samt Kuppelgebäude, Hallenanlage und 8’300 Quadratmeter Aussenanlage nutzen will (siehe Box). Deadline ist der 19. Juli, nächsten Oktober wollen die Verantwortlichen bekannt geben, welches Projekt den Zuschlag erhält.

Wie könnte die künftige Nutzung aussehen? Das fragen sich Markus Ehrenberg, Präsident der Stiftung Luzerner Feuerbestattung (links), Stadtrat Adrian Borgula (Mitte) und  Stadtgärtner Cornel Suter.

Wie könnte die künftige Nutzung aussehen? Das fragen sich Markus Ehrenberg, Präsident der Stiftung Luzerner Feuerbestattung (links), Stadtrat Adrian Borgula (Mitte) und  Stadtgärtner Cornel Suter.

(Bild: jwy)

Neue Trägerschaft gesucht

Vorgabe ist, dass die Anlage öffentlich bleibt und für die Bevölkerung ein Mehrwert entsteht. Gastronomie, Kultur, Religion, Natur, Spiritualität – verschiedenste Nutzungen sind denkbar. Thematiken wie Leben, Sterben, Tod, Begegnungs- oder Erinnerungskultur bieten sich an. «Dem Kulturdenkmal und der Parkanlage ist angemessen Rechnung zu tragen», heisst es in der Ausschreibung.

Wer den Zuschlag erhält, ist für die Bewirtschaftung der Gebäude und der Flächen verantwortlich und muss Investitionen und den Unterhalt gewährleisten können. An einem Workshop letzten Sommer kamen bereits erste Ideen zusammen, aber es hat sich noch keine Trägerschaft ergeben. Darum folgt nun die freiwillige öffentliche Ausschreibung.

Es können sich auch verschiedene Player mit ihren Ideen zu einer Trägerschaft zusammenschliessen. Ob das Gelände vermietet oder als Gebrauchsanleihe vergeben wird, ist bewusst noch offen. «Das hängt davon ab, ob es eine kommerzielle Nutzung gibt», sagt Cornel Suter, Projektleiter und Leiter der Stadtgärtnerei. Bei einer Stiftung oder kulturellen Nutzung würde es auf eine kostenlose Gebrauchsleihe wie beim Neubad hinauslaufen. Jedoch handelt es sich um eine dauerhafte und nicht um eine Zwischennutzung.

Das alte Krematorium mit grosszügiger Gartenanlage.

Das alte Krematorium mit grosszügiger Gartenanlage.

(Bild: zvg)

Kein Gothic-Metal

Die Vorgaben sind eng: Einerseits weil Gebäude und Anlage mehrfach geschützt sind, andererseits weil sich die Nutzung mit dem angrenzenden Friedhof und dem neuen Krematorium vertragen muss. Eine Disco oder ein Open Air auf dem Gelände kommen nicht infrage. Auch Musiker aus der Gothic-Szene – Friedhöfen sonst nicht abgeneigt – dürften es also schwer haben.

«Aber klassische Konzerte oder Vorlesungen kann ich mir hier gut vorstellen», sagt Markus Ehrenberg, Präsident der Stiftung Luzerner Feuerbestattung (STLF). Der Stiftung gehören die Bauten auf dem Gelände, die Grünflächen sind im Besitz der Stadt Luzern. Die Ausschreibung läuft unter der Leitung der Stadtgärtnerei.

Ehrenberg erinnert an die Geschichte – Nobelpreisträger Carl Spitteler wurde 1924 als Erster hier kremiert. Auch Ehrenberg ist es ein Anliegen, dass wieder mehr Leute den Weg in diese Anlage finden. «Aber wir suchen eine ruhige Nutzung, kein Spektakel», sagt er.

Im UG stehen die alten Elektroöfen des Krematoriums.

Im UG stehen die (k)alten Elektroöfen des Krematoriums.

(Bild: jwy)

Urnengräber verschwinden mit der Zeit

Ehrenberg gibt zu, dass das Gelände heikel ist: Das Krematorium ist als Kulturgut von nationaler Bedeutung im Bundesinventar aufgeführt, das Areal liegt in der städtischen Schutzzone Friedhof und in der Zone für öffentliche Zwecke und ist zudem im Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS).

Ausschreibung bis 19. Juli

Ab sofort ist die Ausschreibung bis 19. Juli offen. Alle Unterlagen und Infos gibt es unter www.alteskrematorium.stadtluzern.ch. Eine Jury wird bis September entscheiden, auf November sind Vertragsverhandlungen vorgesehen. Start der neuen Nutzung ist frühestens im Jahr 2020.

An einem Workshop letzten Sommer gab es bereits Ideen in den Bereichen Urban Gardening, Kunst und Kultur, Biodiversität, Glaubensgemeinschaften, Bildung, Gastronomie oder Angebote für Kinder und Jugendliche. Eine Mehrfachnutzung ist denkbar und erwünscht. Die Mindestvertragsdauer beträgt fünf Jahre.

Umbauten gehen zulasten der neuen Trägerschaft, Beiträge der Stadt Luzern sind keine vorgesehen, aber die Stadtgärtnerei könnte je nach Projekt weiterhin die Grünflächen unterhalten.

Doch Veränderungen sind trotzdem möglich, etwa im Untergeschoss, wo die alten Elektroöfen stehen: Hier sind Eingriffe und grössere Umbauten möglich. Je nach Nutzung könnte man die Öfen entsorgen.

Abdankungen finden in der Halle nur noch vereinzelt statt und auf dem Gelände hat es noch 290 Urnengräber. Doch diese Verträge werden nicht mehr erneuert, die letzten Gräber werden auf wenige Standorte konzentriert und bis 2067 ganz verschwunden sein.

Kreative Lösung gesucht

Das Gelände mit prächtiger Aussicht animiert zu Gedankenspielen – Eidechsen huschen über die Mauern, Vögel schwirren durch den Park. «Es ist ein spezieller Ort in einer sensationellen Umgebung», sagt Stadtrat Adrian Borgula. Das Thema Leben und Tod sei präsent, eingebettet in eine blühende Natur.

Verträgt sich denn eine öffentliche Nutzung auf einem ehemaligen Friedhof? «Viele heutige Parkanlagen waren früher Friedhöfe, das ist nichts Aussergewöhnliches», sagt Cornel Suter. Und da es nur Urnengräber gab, stosse man sicher nie auf menschliche Überreste.

Klar sei es auf den ersten Blick seltsam, sich an diesem speziellen Ort Gastronomie oder Konzerte vorzustellen, sagt Borgula. «Aber das Leben geht weiter.» Suter gibt zu, dass die Umnutzung eine Herausforderung sei, aber nicht unmöglich. «Es ist ein stetiges Aushandeln mit dem Denkmalschutz, aber es bietet Raum für kreative Lösungen.» Er nennt als Vorbild die Kirche Maihof, die heute auch kulturell genutzt wird – trotz engen Vorgaben.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von M. Moser
    M. Moser, 15.04.2019, 22:47 Uhr

    Als Gastronomieangebot sehe ich keine Verwendung zuviele Luzerner und Luzernerinnen kennen diesen Bau noch als Krematorium. Viel eher würde sich wohl eine zweite, alternative Abdankungshalle anbieten.

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