Ein Herz für die Langsamen?

Fussgängerfreundlichkeit der Boomgemeinde Emmen auf dem Prüfstand

Der Seetalplatz wurde komplett umgestaltet – aber wurden die Fussgänger dabei genug berücksichtigt? (Bild: zentral+)

Emmen befindet sich in einem massiven Wandel. Die Boomgemeinde wurde in den vergangenen Jahren stark umgestaltet und neu erschlossen. Doch: Haben auch Fussgänger ihren Platz in diesem neuen Emmen? Dazu ist jetzt die Meinung der Bevölkerung gefragt.

Das klassische Bild einer Agglogemeinde zeichnet sich in etwa so: Eine breite Strasse, um möglichst schnell hinein und wieder hinaus zu fahren, drumherum Häuser zum drin schlafen. Dieses Bild befindet sich jedoch im Wandel.

Auch in Agglogemeinden wird das Siedlungsgebiet zunehmend verdichtet. Die verkürzten Wege sollten dem Verkehr zu Fuss eigentlich massiven Rückenwind verleihen. Das ist dort aber nicht wirklich der Fall. Es bestehe die Gefahr, dass die Grundmobilität des Gehens in Vergessenheit gerät, befürchtet der Verein Umverkehr.

Unter dem Titel «GEHsund» will dieser nun die Fussgängerfreundlichkeit mehrerer Agglomerationsgemeinden untersuchen. Eines der «Untersuchungsobjekte» ist die Luzerner Gemeinde Emmen.

15 Gemeinden beteiligt

«Emmen bietet sich aus mehreren Gründen für eine solche Evaluierung an», sagt Projektleiterin Veronika Killer. «Emmen durchläuft einen starken Veränderungsprozess, wodurch auch diverse Infrastrukturprojekte anstehen. Gerade in dieser Phase die Qualität des Fussverkehrs zu evaluieren, macht Sinn.»

Emmen ist eine von 15 Gemeinden und Kleinstädten, die während rund eines Jahres auf ihre Fussgängerfreundlichkeit hin untersucht werden. Diese Untersuchung ist in drei Teile gegliedert:

  • Fussverkehrstest: Bewertung der vorhandenen Infrastruktur.
  • Planungspraxis: Evaluierung des Stellenwerts des Fussverkehrs bei der Gemeindeverwaltung.
  • Bevölkerungszufriedenheit: Online-Umfrage zum Fussverkehr in der Gemeinde.

Die Gemeinde Emmen hat sich als Partnergemeinde denn auch dazu bereit erklärt, ihre Fussgängerfreundlichkeit nach diesen Kriterien überprüfen zu lassen.

Bereits zweites Fussgängerprojekt

Für den Verein Umverkehr ist es bereits das zweite solche Projekt. In einem ersten Schritt wurde die Fussgängerfreundlichkeit von diversen Schweizer Städten untersucht. Darunter etwa auch jene von Luzern und Zug, wobei letztere nicht besonders gut abschnitt (zentralplus berichtete).

In Agglogemeinden sei der Bedarf für gute Fussgängerinfrastruktur aber mindestens genauso hoch, wie in urbaren Gebieten, sagt Projektleiterin Killer. «Das Thema ist in diesen Gemeindeverwaltungen aber oftmals weniger präsent als in Städten. Wir merken denn auch, dass die kleineren Gemeinden froh sind, um die Situationsanalyse, die wir bieten.»

Online-Umfrage aufgeschaltet

Bis Ende September ist nun auch die Meinung der Emmer Bevölkerung gefragt. Mittels einer Online-Befragung soll eruiert werden, was die Emmer selbst von den Möglichkeiten halten, die sich Ihnen als Fussgänger bieten.

Der Fragenkatalog beinhaltet eine Vielzahl von Aspekten, deren Zutreffen bewertet werden soll. Ein paar Beispiele: «Es hat breite Trottoirs ohne Hindernisse (wie Autos, Velos oder Container)», «Das Wegnetz bietet Fussgängerinnen viele Abkürzungen (Schleichwege)» oder «In Emmen hat es durchgehend attraktive und sichere Schulwege». Zur Online-Befragung gelangst du hier.

«Meist nimmt man Fussverkehr gar nicht als Verkehrsmittel wahr.»

Veronika Killer, Verein Umverkehr

Laut Veronika Killer verfolgt das Projekt vor allem zwei klare Ziele: «Zum einen soll das Bewusstsein der Bevölkerung für das Thema Fussverkehr geweckt werden. Meist nimmt man Fussverkehr gar nicht als Verkehr wahr.» Verdichtetes Bauen und zuletzt auch die Situation mit Covid-19 und Homeoffice würden ein Umdenken aber unausweichlich machen.

Weiter sollen die Erhebungen und Evaluationen aber auch der kommunalen Politik als Anstoss und Information dienen. «Um zielgerichtete Massnahmen ergreifen zu können, brauchen Verwaltung und Politik solche Grundlagenerhebungen.»

Bericht erscheint 2022

Die Bevölkerungsbefragung ist nun noch bis Ende September aufgeschaltet. In dieser Zeit wird der Verein Umverkehr auch seine Inspektionen vor Ort durchführen. Die Resultate sollten voraussichtlich im April 2022 vorliegen.

Für jede Partnergemeinde wird ein separater Bericht in Form eines Faktenblattes erarbeitet. Wie schon bei der Evaluation der grösseren Städte sollen die Erkenntnisse aus Emmen und den anderen Agglogemeinden Erkenntnisse für die gesamte Schweiz liefern.

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