Livio Stadler wagt den nächsten Sprung

Für die Hockeykarriere ins ewige Eis

So gross ist die Freude, wenns klappt. Stadler ganz rechts im Bild. (Bild: zvg)

Kochen kann er noch nicht. Aber alles der Reihe nach. Zuerst fliegt der junge EVZ-Verteidiger mal nach Schweden, für zwei Jahre. Und misst sich da mit einer ganz anderen Hockey-Liga.

Zwei Koffer, eine Eishockeytasche und der Traum von der NHL. Mehr braucht Livio Stadler nicht, wenn er bald nach Schweden fliegt. 18 Jahre ist er alt, 98er-Jahrgang, und weiss schon seit 14 Jahren, was er im Leben tun will. Seit er mit drei Jahren zum ersten Mal im Stadion war, bei einem Spiel seines Vaters.

«Ich war fasziniert und wollte gar nicht mehr da raus», sagt Livio, sitzt entspannt in der Lounge im Zuger Scheibenhaus und schlürft so selbstverständlich Mineralwasser mit Kohlensäure, dass uns der doppelte Espresso etwas ungesund vorkommt, den wir zu allem Übel noch mit zwei Zucker aufgebessert haben. Livio wird ausgeliehen. Ausgeliehen vom EVZ, bei dem er schon seit 14 Jahren spielt und trainiert. Seit zwei Jahren ist er Teil des Ausbildungsprogramms «The Hockey Academy».

Drei Stunden Sonnenlicht

Das letzte Jahr war ein anstrengendes für ihn. Er hat bei den Elitejunioren gespielt und bekam gleichzeitig immer wieder Gelegenheit, in der obersten Liga mitzumachen. «Das war das erste Mal, dass ich mit den Grossen mitspielen durfte», sagt Livio und bleibt ernst dabei. «Ich war auch sehr gefordert: Ich hatte in der ersten Mannschaft eine ganz andere Rolle als im Team der Elitejunioren.»

Livio ist Verteidiger, wie sein Vater Peter Stadler vor ihm. Er sagt: «Ich wollte schon immer in die Fussstapfen meines Vaters treten.» Und Profi werden. Jetzt ist die Chance da. «Wenn ich mich in Schweden behaupten und durchsetzen kann, ist es möglich, dass ich nach Amerika gehen kann.» Aber zuerst mal ist Kälte angesagt. Lulea heisst der Club, bei dem der junge Zuger unterschrieben hat, ganz zuoberst im Norden. Im Winter gibts drei Stunden Sonnenlicht am Tag. Sogar im Sommer ist das Meer gefroren.

«Ich habe in der Schweiz alles, Freunde, Familie, Zug ist eine wunderschöne Stadt. Aber was ich will, ist Profi werden.»

Livio Stadler, 18-jähriger EVZ-Verteidiger

«Ich habs mir angeschaut», sagt Livio, «war mit meinem Vater da, wollte das sehen, bevor ich unterschreibe. Es hat mir gefallen.» Livio wird in einer eigenen Wohnung leben, zum ersten Mal im Leben. Und jetzt lacht er und sagt: «Da muss ich schon noch einiges lernen. Kochen zum Beispiel, da kann ich nur die einfachsten Sachen, Pasta und Grillieren. Und Waschen: Davon habe ich keine Ahnung. Zum Glück kommt meine Mutter die ersten beiden Wochen mit und zeigt mir, wies geht.»

Verpasst er da nicht was?

Wenn andere Jugendliche sich mit ihren ersten WG-Kumpanen die Nächte um die Ohren schlagen, wird er sich mit Trainings-Einheiten durch den schwedischen Winter kämpfen. Verpasst er da nicht was? «Ich habe in der Schweiz alles, Freunde, Familie, Zug ist eine wunderschöne Stadt. Aber was ich will, ist Profi werden.»

Eishockey ist ein harter Sport, in Schweden «ist das Niveau noch höher», sagt Stadler (rechts).

Eishockey ist ein harter Sport, in Schweden «ist das Niveau noch höher», sagt Stadler (rechts).

(Bild: zvg)

Livio trainiert zwanzig Stunden pro Woche. Daneben macht er eine Lehre als Kaufmann, als Grundausbildung neben dem Eishockey. Im Sommer macht er einen Zwischenabschluss. «The Hockey Academy» bietet das als Gesamtpaket für die jungen Sportler an: Training, Schule, Lehre, und bei entsprechenden Fähigkeiten, Aufstieg ins Farmteam, die Nati-B-Mannschaft. Ins Ausland können nur wenige, Livio macht eine Art Zwischenjahr – das könnte in Zukunft eine Möglichkeit für Athleten der Hockey Academy sein.

Plan: Profi werden in Amerika

«Das ist für mich eine grosse Chance», sagt Livio. «Wenn ich zurückkomme, kann ich, wenn alles gut läuft, beim EVZ wieder einsteigen. Ich bleibe immer noch Teil der EVZ-Organisation. Und wenn ich es in die NHL schaffe, dann kann ich in Amerika ein Profi werden.» Plan B? Braucht er nicht. «Es wird ein harter Weg», sagt Livio, «aber ich glaube ich kann das schaffen. Das braucht konstante Arbeit und du musst jeden Tag besser werden als am Tag zuvor.» In Schweden ist das Niveau höher, das Eishockey ganz anders. Livio hat bis jetzt nur den Trainer des neuen Clubs kennengelernt, die Spieler noch nicht. «Aber die sind alle etwa gleich alt wie ich, alle 97er und 98er.»

Wenn Livio also Ende Juli ins Flugzeug steigt, kann es sein, dass er für eine ganze Weile nicht mehr in die Schweiz zurückkommt. Wenn er es tatsächlich nach Amerika schafft, könnte das Abenteuer sogar noch länger werden. Macht ihm aber keine Angst. «Das ist noch so weit weg. Jetzt nehme ich mir mal diese zwei Jahre vor.» Seine Familie unterstütze ihn dabei, sagt Livio. «Sie haben mir gesagt, egal, wie ich mich entscheide, sie stehen voll hinter mir. Natürlich ist meine Mutter traurig, dass ich weggehe. Aber wenn ich Heimweh habe, dann kann ich skypen.» So viel Arbeit für den Traumjob. Livio zuckt die Achseln. «Ich sehe mich einfach nicht ein Leben lang vor dem Computer sitzen. Man muss etwas finden, das einem Spass macht. Ich habe es gefunden.»

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