Zuger Baufirma Vanoli schliesst

Für das Büropersonal wird es schwierig

Die Zuger Baufirma Vanoli stellt den Betrieb Mitte Jahr ein. Jetzt braucht es rasch Lösungen für die etwa 90 Angestellten. (Bild: zvg)

Die Zuger Traditionsbaufirma Mario Vanoli Erben AG hat angekündigt, den Betrieb im Sommer einzustellen. Betroffen sind 90 Mitarbeitende, darunter auch acht Lernende. Die Firmenführung, die Behörden und die Gewerkschaften suchen jetzt gemeinsam Lösungen für die Angestellten – und versprühen Zuversicht.

Für die betroffenen Mitarbeitenden muss es ein herber Schlag gewesen sein. Am Dienstag informierten der Verwaltungsrat und die Unternehmensführung der Zuger Baufirma AG Mario Vanoli Erben über die Schliessung Mitte Jahr. Nach fast 70 Jahren Firmengeschichte. Grund für die Schliessung sei unter anderem der ruinöse Preiskampf, unter dem die Branche seit Jahren leide. Der schrittweise Ausstieg aus dem Hochbau und die Konzentration auf den lokalen Tiefbau hätte nicht den gewünschten Erfolg gebracht, teilte das Unternehmen mit (zentral+ berichtete).

Natürlich sei die Betroffenheit bei den Mitarbeitenden gross, sagt Vanoli-Verwaltungsrat Thomas Bornhauser. Er sei aber überrascht gewesen, wie solidarisch die Stimmung bei der Mitarbeiterinformation war. «Wir spüren eine grosse Verbundenheit im Betrieb.»

Die Mitarbeiter in Gruppen vermitteln

Bornhauser erklärt, bis zur Schliessung Mitte Jahr habe das Zuger Bauunternehmen zwei Kernaufgaben zu bewältigen: Die Vermittlung der 90 Mitarbeitenden an andere Firmen sowie den Abschluss der aktuellen Aufträge der AG Mario Vanoli Erben.

«Wir sind in Kontakt mit den kantonalen Behörden, dem Zentralschweizer Baumeisterverband sowie den Gewerkschaften Unia und Syna. Die Vermittlung der Angestellten läuft bereits intensiv», sagt Bornhauser. Die Zusammenarbeit mit den involvierten Stellen funktioniere gut. «Uns war bewusst, dass die Gewerkschaften in der Baubranche gut vertreten sind und versuchen, ihren Einfluss geltend zu machen. Doch in unserem Fall kann ich sagen, wir verfolgen alle das gleiche Ziel: Die Vermittlung der Mitarbeitenden.»

«Wir haben gespürt, dass die Unternehmensführung keine Lippenbekentnisse abgibt.»

Kurt Zurfluh, Geschäftsführer des Zentralschweizer Baumeisterverbandes

Er sei zuversichtlich, dass etliche Mitarbeiter schon bald zu anderen Baufirmen wechseln können. Ein Ziel sei, Mitarbeiter gruppenweise zu vermitteln. «In der Zentralschweiz gibt es einige grössere Bauprojekte, weshalb es gut möglich ist, dass gleich ganze Einheiten von Vanoli zu anderen Firmen wechseln können.» Zum Teil arbeiten die Vanoli-Mitarbeiter schon seit Jahren zusammen. «Die gemeinsame, langjährige Erfahrung könnte ein Vorteil für unsere Mitarbeiter sein.» Auch der Zeitpunkt sei gut, da die Bausaison eben gestartet und der Markt noch nicht ausgetrocknet sei.

Am gleichen Strick ziehen

Obwohl die Traditionsbaufirma derzeit noch gut dasteht, hat sich die Unternehmensführung zur Schliessung entschieden. Deshalb sagt Kurt Zurfluh, Geschäftsführer des Zentralschweizer Baumeisterverbandes: «Der Verband ist vom Entscheid der Firma Vanoli überrascht worden.» Vor zwei Wochen habe der Verwaltungsrat über die geplante Schliessung informiert. Der Verband könne Kontakte zu anderen Baufirmen knüpfen und eine Art Trainage-Funktion übernehmen. «Manchmal ist es ein Vorteil, wenn ehemalige Konkurrenten nicht direkt über die Vermittlung von Personal diskutieren müssen.»

Wichtig ist aus Zurfluhs Sicht, dass die Vanoli-Mitarbeitenden nicht per sofort «auf der Strasse stehen», sondern dass Zeit bleibe, um Lösungen zu suchen. «Wir haben gespürt, dass die Unternehmensführung keine Lippenbekentnisse abgibt, sondern ihrer sozialen Verantwortung wirklich nachkommen will.»

Guiseppe Reo, Regionalsekretär der Unia Zentralschweiz, gibt sich zuversichtlich, dass die Vanoli-Mitarbeitenden bei anderen Baufirmen platziert werden können. «Ich kann wirklich sagen, dass alle Beteiligten am gleichen Strick ziehen.» Positiv erwähnt er, dass Vanoli immer allen Verpflichtungen gegenüber den Mitarbeitern nachgekommen sei und die Karten offen auf den Tisch gelegt habe. Reo zeigt auch Verständnis für den Entscheid der Unternehmensführung: «Bei der Baufirma Vanoli ist mittlerweile die dritte Generation im Unternehmen, die jetzt einen wichtigen Zukunftsentscheid treffen musste.»

Vier Lehrlinge brauchen neue Ausbildungsplätze

Besonders wichtig ist es, Lösungen für die acht Lernenden des Betriebs zu finden. Vier können ihre im Sommer endende Lehre bei der AG Mario Vanoli Erben abschliessen, für die anderen vier sucht die Firma laut Bornhauser zusammen mit dem kantonalen Lehrlingsamt neue Betriebe in der Region. Schwieriger werden könnte die Jobsuche für das kaufmännische und das technische Personal im Büro. «Da erhoffen wir uns vor allem Unterstützung vom Baumeisterverband.»

Zurfluh erklärt, es werde anspruchsvoller sein, kaufmännisches oder technisches Personal zu vermitteln als Baufachleute. «Es werden vielleicht nicht alle Büroangestellten im bekannten Berufsumfeld etwas finden, aber die Angestellten im Baugewerbe sind flexibel», sagt der Verbandsgeschäftsführer. Vielleicht ergäben sich auch Lösungen im Baunebengewerbe oder bei kantonalen Fachstellen. Unia-Regionalsekretär Reo sagt, das Büropersonal müsse offen sein, in anderen Bereichen Stellen zu suchen und anzunehmen.

Insgesamt ist Bornhauser optimistisch, dass für die Vanoli-Mitarbeiter Anschlusslösungen gefunden werden. Aber es werde natürlich auch Härtefälle geben, die besondere Unterstützung brauchen.

Preisdruck und Rechtsstreit

Bornhauser nennt für die angekündigte Schliessung des Betriebs zwei Hauptgründe: Der grosse Preisdruck in der Baubranche sowie die Unternehmensstrategie, die aufgrund eines Rechtsstreits nicht wunschgemäss umgesetzt werden kann. Die Firma Vanoli wollte als Ersatz für ihren Standort in Cham in Oberrüti im benachbarten Aargau einen neuen Werkhof bauen. Wegen Beschwerden ist das Projekt dort jedoch blockiert.

Da der Fall noch vor Verwaltungs- und eventuell sogar bis vor Bundesgericht gezogen wird, könne Vanoli derzeit nicht vernünftig planen. Für die nun in den Betrieb eingestiegene dritte Generation der Familie Vanoli sei es unter diesen Umständen nicht möglich, kostendeckend arbeiten zu können.

Verkauf kam nicht infrage

Ein Verkauf der Zuger Traditionsfirma sei selbstverständlich sorgfältig abgeklärt worden, sagt Bornhauser. Es gebe drei Möglichkeiten: Erstens, eine regionale Firma will vergrössern und den Konkurrenten übernehmen. Zweitens: Ein überregionaler Interessent schlägt zu. Drittens: Eine nationale oder sogar internationale Baufirma will eine lokale Lücke schliessen und in einer Region Fuss fassen.

Diesbezüglich befinde sich die Zuger Baubranche aber zwischen Stuhl und Bank. Der überregionale Markt sei gut abgedeckt und nationale Firmen seien entweder schon in Zug vertreten oder von Zürich aus ohnehin schnell in der Region. «Zudem geht es bei einem Verkauf hauptsächlich um die Übernahme des Personals, den Rest braucht es meist nicht. Und das streben wir jetzt ja ebenfalls an.» Ein Verkauf war für die Unternehmensleitung deshalb keine Option.

Emotionale Sache für den Firmenpatron

Haupteigentümer und Verwaltungsratspräsident Mario Vanoli will sich gemäss Bornhauser derzeit nicht zur Firmenaufgabe äussern. Deshalb wurde Bornhauser als Auskunftsperson bestimmt. Er ist Unternehmensberater in der Baubranche und hat verschiedene Verwaltungsratsmandate als familienexternes Mitglied in Familienbetrieben inne.

«Für Mario Vanoli ist dieser Entschluss zur Geschäftsaufgabe sehr schwierig und emotional», erklärt Bornhauser. Vanolis Vater hat die Firma vor fast 70 Jahren gegründet. Es war eigentlich vorgesehen, das Geschäft an die dritte Generation zu übergeben, die mittlerweile im Betrieb tätig ist. Aber aufgrund der Schwierigkeiten mit dem geplanten Standort in Oberrüti und dem aktuellen Preiskampf in der Branche habe der Verwaltungsrat diese Entscheidung getroffen. «Von den ersten Überlegungen diesbezüglich bis zum endgültigen Entscheid ist ein halbes Jahr vergangen», erklärt Bornhauser.

Gemäss Bornhauser wird der jetzige Firmenstandort in Cham rückgebaut. Das Inventar werde anderen Baufirmen angeboten, zudem bestehe in der Branche ein Liquidationsmarkt. Die Aktiengesellschaft bleibe sicher fünf Jahre inaktiv bestehen, dies vor allem wegen Garantiefragen.

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