Freizeit
In Menzingen stieg das Scheller- und Trychlertreffen

Zug feiert den «Eidgenössischen»-Hattrick

Trychlerumzug in Menzingen: Die Herren der Greiflervereinigung Ingenbohl-Brunnen nutzen die Gelegenheit, eins zu paffen. (Bild: wia)

Im Klosterdorf Menzingen läuteten die Glocken diesen Sonntag auffällig laut. Tausende von Trychlern und Gästen trafen sich am Wochenende in der Berggemeinde, um sich einem besonderen Brauchtum zu widmen. Dies idealerweise mit Ohrenschutz.

«Klangvoll, laut und mit hie und da anarchischen Zügen wird hier Brauchtum zelebriert.» Der Menzinger Gemeindepräsident Andreas Etter brachte es in seiner Rede anlässlich des 15. Eidgenössischen Scheller- und Trychlertreffens auf den Punkt. Das Fest lockte rund 3’000 Trychler aus der gesamten Schweiz an, daneben Tausende, teils hochrangige Gäste.

Darunter Bundesrat Albert Rösti (SVP). Oder wie es OK- und Kantonsratspräsident Karl Nussbaumer formulierte: «Was die Street Parade kann, können wir auch. Auch wir haben einen Bundesrat hier.» Dieser besann sich in seiner Rede auf jene Traditionen, mit denen er selbst aufgewachsen war:

«Es ist wichtig, Altes zu bewahren. Dennoch braucht es den Mut, auch Neues anzunehmen. Das müssen wir uns in der Politik immer wieder hinter die Ohren schreiben», so der UVEK-Vorsteher.

Tännlers Werbespot für den Kanton Zug

Auch der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP) machte Menzingen seine Aufwartung. Er sprach vom «Eidgenössischen»-Hattrick, den Zug gerade erlebe: Das Trychlerfest ist das dritte «Eidgenössische», das der Kanton in den vergangenen Jahren nach ESAF und Jodlerfest durchgeführt hat (zentralplus berichtete).

Tännler liess es sich bei seiner Ansprache denn auch nicht nehmen, die Werbetrommel für den Kanton Zug zu rühren. «Wir können nicht nur die Steuern optimieren, sondern auch Traditionen feiern», befand er, um dann gleich noch einen kurzen kritischen Umweg über das Thema Gendern zu machen.

10’000 Gäste wurden während der drei Tage erwartet

Selten hat die kleine Gemeinde ein solch grosses Fest erlebt. 10’000 Gäste wurden an den drei Tagen insgesamt erwartet, das Festzelt war am Sonntagmittag gut gefüllt. Das Highlight des Festes jedoch fand erst später im gleissenden Licht der Sonne statt. Rund 100 Trychlergruppen aus der ganzen Schweiz, dazwischen einige Geisslechlöpfer, zogen mit ihren Glocken durchs Dorf, stets begleitet von ohrenbetäubendem Grollen. Die Gesichter durch die Hitze des Augusttages gerötet und verschwitzt, die Mienen andächtig und ernst.

Über zwei Stunden lang dauerte der Umzug und hätte noch deutlich länger gedauert, wenn nicht ein Teil der Vereine bereits gestern, am kleineren Umzug, durchs Dorf gezogen wäre (zentralplus berichtete). So auch Robert Bregy vom Trichjärverein Turtmann im Oberwallis. Mit leuchtenden Augen stand er am Sonntag am Strassenrand und genoss die Veranstaltung. Gegenüber zentralplus erklärte er: «Seit 36 Jahren bin ich ein Trychler. Ich kann mich daran erinnern, dass sich anfangs niemand darum riss, ein Eidgenössisches Trychlertreffen zu organisieren. Obwohl der Aufwand sehr gross ist, hat sich das nun geändert.»

Vom Unterschied zwischen Schellen und Trychlen

Für Laien ist ein solcher Umzug zwar durchaus beeindruckend. Dennoch ist es schwierig, die Finessen und Klangdifferenzen der einzelnen Gruppen zu erkennen. Unterschiede gebe es jedoch durchaus, erfuhr zentralplus von einem eingefleischten Walliser Trychler:

Egal, wen man am Anlass nach dem Reiz der Trychlertradition fragte, die Antwort war dieselbe: Kameradschaft, Kollegschaften, Freundschaften pflegen. So etwa auch die Herren der Trychlergruppe Schimbrig im Entlebuch. Ihnen sei es zudem wichtig, jene Tradition weiterzuführen, mit der sie bereits aufgewachsen seien.

Die Trychler aus Schimbrig proben einmal im Monat gemeinsam. (Bild: wia)

Auffällig: Ähnlich wie bei den vorhergehenden «Eidgenössischen» war auch beim Trychlerfest die Stimmung äusserst friedlich. Die Turnhalle, die als «Trychlendepot» diente, war bis auf einige schnarchende Herrschaften, die sich zwischen den Trychlen von einer langen Nacht erholten, unbewacht.

Handkehrum: Es dürfte schwierig sein, sich unauffällig mit Instrumenten aus dem Staub zu machen, die per definitionem dafür gemacht sind, Alarm zu schlagen.

Wo die Trycheln ruhen, ruhen auch die Trychler selbst mit Vorliebe.
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