Tonnenweise Material schwebt elegant zur Baustelle

Warum der Bau der neuen Zugerberg-Bahn 10 Monate dauert

Christoph Sidler, der Betriebsleiter der Zugerbergbahn, in seinem Element. (Bild: wia)

Wer auf dem Zugerberg eine hübsche Herbstwanderung machen will, der muss auf die Fahrt mit der Standseilbahn verzichten und auf den Bus ausweichen. Das Trassee wird seit Februar neu gebaut. zentralplus war vor Ort und hat herausgefunden, warum der Bau so viel Zeit braucht.

«Sag mal, was passiert eigentlich im Moment bei der Zugerberg-Bahn? Wie weit sind die mittlerweile?» Es ist eine Frage, die einige Zuger-Bahn-Aficionados derzeit umtreibt. Worauf zentralplus beschlossen hat, gleich selber nachzusehen.

Die Zugerberg-Bahn, welche seit über 110 Jahren in Betrieb ist, steht seit Februar still. Dieses Mal ist kein Unwetter für die Pause verantwortlich (zentralplus berichtete). Vielmehr muss die Bahn, oder besser gesagt, das Trassee, saniert werden. Der alte Bau stammte von 1907.

Das klingt zunächst nicht besonders spektakulär. Insbesondere wenn man selber noch nie im Bähnli drinsass. Aber: Der Cheib ist steil. Innert acht Minuten sind die Gäste von der Schönegg auf dem 370 Meter höher gelegenen Zugerberg.

Hier geht’s zünftig opsi. Blick gegen den Zugerberg. Aktuell hängt über unseren Köpfen noch eine Materialseilbahn. (Bild: wia)

Die Steilheit und die geologische Lage der Bahn sind bei den Arbeiten, die aktuell gemacht werden, eine ziemliche Herausforderung. Nur gerade drei Stellen der Strecke sind mit Fahrzeugen erreichbar. Darum wird der ganze Materialtransport über eine eigens für die Bauarbeiten erstellte Transportseilbahn geführt, die zwei Zufahrten hat, eine von oben, eine von unten.

Evakuieren geht nun im Notfall einfacher

Wenn schon, dann richtig, scheinen sich die Verantwortlichen gedacht zu haben, und haben gleich alles erneuert; haben Schienen, Schwellen und auch den Schotter abgetragen.

104 Fundamente wurden für die 1’280 Meter lange Strecke neu betoniert. Darin stecken, auch dies ist der Steillage geschuldet, insgesamt 2,5 Kilometer Pfähle, welche sechs bis zwölf Meter tief im Boden verankert sind. Auch ein durchgehender Dienstweg wurde installiert. Er dient dem Unterhalt, aber auch, sollte es nötig sein, der Evakuation.

Last, but not least haben die Verantwortlichen den aktuellen Stillstand gleich für eine umfassende Revision des Motors und der Getriebe genutzt.

Auch hier, im Motorenraum in der Bergstation, wird derzeit alles auf Vordermann gebracht. (Bild: wia)

Unzählige LKW-Fahrten konnten eingespart werden

Zunächst nimmt uns Christoph Sidler, der Betriebsleiter der Zugerberg-Bahn (ZBB), mit auf den untersten Bauplatz. Dort ist das Werk so gut wie vollendet, erklärt er. «Nur die Gleise, die schon verlegt wurden, müssen teils noch verschweisst werden. Die Rohre, durch die später die elektrische Verbindung zum Berg verläuft, werden ebenfalls demnächst montiert», sagt er.

Über unseren Köpfen hängt das Zugseil der Materialseilbahn. Sie steht mittlerweile still. Es dürfte spektakulär gewesen sein, dem Transport der 18 Meter langen und rund drei Tonnen schweren Gleiselemente beizuwohnen.

Die Bauseilbahnen ersetzen nicht nur unzählige LKW-Fahrten. «Durch diese Transportmöglichkeit verursachen wir so wenig Eingriffe in die Landschaft wie möglich», sagt Sidler.

Linkerhand im Bild: Die Lastseilbahn, welche locker mehrere Tonnen transportieren kann. (Bild: wia)

Die Baustelle – ein Unikat

Karin Fröhlich, Sprecherin der Zugerberg-Bahn, die ebenfalls vor Ort ist, ergänzt: «Keine Standseilbahn ist gleich wie die andere, das ist das Spezielle bei solchen Sanierungen. Am Berg ist jede Baustelle ein Unikat.» Untergrund, Neigung und Länge sind immer unterschiedlich.

«Während eines besonders schneereichen Winters nahm ich vier Kilo ab.»

Christoph Sidler, Betriebsleiter ZBB

Eines der Hauptziele der Revision ist die Erhöhung des Trassees auf ungefähr 60 Zentimeter. Fiel in der Vergangenheit eine Menge Schnee, musste die Bahn mehrere Tage gesperrt werden. Der Schnee musste jeweils von Hand weggeschaufelt werden. In diesen Steillagen eine Herkulesaufgabe. «Während eines besonders schneereichen Winters nahm ich vier Kilo ab», sagt der Betriebsleiter schmunzelnd.

Nun muss es mindestens 60 Zentimeter schneien, bevor die ZBB-Mitarbeiter Schwerarbeit leisten müssen. Ansonsten rieselt der Schnee flugs zwischen den Gleisen durch. Ausserdem wurde das Trassee stellenweise so angehoben, dass ein Wildwechsel unter den Geleisen möglich wird. «Bis anhin liefen die Tiere immer darüber», sagt Sidler.

Was, wenn da plötzlich Wasser aus dem Berg fliesst?

Unerwartete Probleme habe es seit den Bauarbeiten seit vergangenem Februar nicht gegeben. «Alles lief sehr schlank, es gab keine Vorfälle, keine grösseren Verletzungen. Holz alänge», so Sidler.

Er ergänzt gleich: «Das grösste Fragezeichen stellte für uns der Hang dar. Denn mancherorts befindet sich darin sogenannt gespanntes Wasser. Es hätte sein können, dass wir irgendwo in den Berg bohren und einen Arteser treffen.» Dann wäre Grundwasser aufgrund des grösseren Drucks im Hang frei aus der Bohrung herausgeflossen. Doch nichts dergleichen ist passiert.

Mit dem Pick-up fährt uns Sidler in Richtung Berg. Gerade montieren vier Bauarbeiter einzelne Treppenelemente. Diese werden, schwebend, mit der oberen Seilbahn geliefert. Das Team ist eingespielt, die Montage der schweren Elemente läuft geschmeidig. In den kommenden Wochen werden auch hier die letzten Gleisteile montiert und verschweisst.

Wie es nun weitergeht

Die Zeit des Umbaus wurde ausserdem genutzt, um die beiden Bahnwagen umfassend zu revidieren. Insbesondere die Fahrwerke und der Boden wurden erneuert. Sobald das Trassee fertiggestellt ist, werden die Wagen angeliefert und die Testphase gestartet. Diese dauert rund einen Monat, danach wird die neu revidierte Zugerberg-Bahn durch das Bundesamt für Verkehr (BAV) abgenommen.   

«Ich habe noch keine Beschwerden zum Ersatzbus gehört.»

Karin Fröhlich, Medienverantwortliche ZVB

Am 11. Dezember wird die Bahn wiedereröffnet. Aktuell reisen Wanderer, Bewohner und Schülerinnen via Ersatzbus auf den Hoger. Mediensprecherin Karin Fröhlich sagt dazu: «Wir haben dadurch zwar eine deutlich geringere Kapazität, doch funktioniert der Ersatz gut. Ich habe jedenfalls noch keine Beschwerden gehört.» Auch nicht von Bikern, die, wollen sie den Zugerberg-Trail nutzen, dieses Jahr selbst raufstrampeln müssen.

An einem solchen Seil hängt die Zugerberg-Bahn. Stabile Sache, finden wir. Funfact: Der Kupferkern sorgt primär dafür, dass das Seil schwerer wird. (Bild: wia)

Nicht ganz alles wird neu bei der Bahn. Die Bahnkabinen wurden erst vor 13 Jahren in Betrieb genommen und bleiben somit auch weiterhin im Dienst. Auch das Seil, an dem die Standseilbahn hängt, geht noch nicht in Pension. Seit 2009 sei es in Betrieb, erklärt Sidler, hat mittlerweile fast 200’000 Fahrten ermöglicht. Das klingt zwar nach sehr viel.

Das Seil bleibt, wird aber auf Herz und Nieren geprüft

Er erklärt: «Jedes Jahr gibt es eine optische Prüfung. Alle drei Jahre eine magnetinduktive. Es kommt bei der Lebensdauer sehr darauf an, wie ein Stahlseil behandelt wird respektive wie oft es umgelenkt wird. Unsere Umlenkräder sind ziemlich gross, was das Seil schont.» Bevor das Seil seinen Betrieb diesen Winter aufnimmt, wird es von der externen Firma Seilplan auf Herz und Nieren geprüft. Sowohl optisch als auch magnetinduktiv. Sicher ist sicher.

Die Informationen zur Trasseesanierung finden Zugerbergreisende übrigens auch im kleinen Infocenter bei der Schönegg, welches die ZBB extra eingerichtet hat. Dieses eignet sich auch hervorragend, um Bus-Wartezeiten unterhaltsam zu nutzen und bei schlechter Witterung trocken zu bleiben.

Christoph Sidler und Karin Fröhlich neben der Baustelle. (Bild: wia)
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1 Kommentar
  • Profilfoto von vizo
    vizo, 19.09.2022, 22:34 Uhr

    Schade wurde keine viel schneller und günstiger zu bauende Gondelbahn realisiert. Diese hätte bis zur Stadtbahnhaltestelle Casino verlängert und so direkt und zentral am ÖV angebunden werden können.

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