Verliebt – in eine Brücke

Eine Ode an unsere liebsten Brücken in Luzern

Luzern hat viele Brücken. Doch wir alle haben unsere ganz spezifische Lieblingsbrücke, oder? (Bild: Emmanuel Ammon / Aura)

Als Stadt am Wasser hat Luzern zahlreiche Brücken – und alle sind sie ganz verschieden. Vier zentralplus-Redaktorinnen würdigen ihre Lieblingsbrücke mit einer kurzen Hommage.

Es gibt wohl keine andere Stadt auf der Welt, die so stark mit einer Brücke in Verbindung gebracht wird wie die Stadt Luzern. Die Kapellbrücke ist schlichtweg das Wahrzeichen Luzerns. Doch sie ist bei weitem nicht die einzige Brücke der Stadt an der Reuss.

Höchste Zeit also, auch ihren Nachbarinnen etwas Aufmerksamkeit zu schenken. Vier zentralplus-Redaktoren würdigen ihre Lieblingsbrücke deshalb mit einem kurzen Liebesbrief. Spoiler-Alarm: Natürlich hat es die Kapellbrücke am Schluss auch in diese Aufzählung geschafft.

Langensandbrücke: die komplizierte Love-Story von Isabelle Dahinden

Liebe Langensandbrücke

Du verwirrst mich. Ich kapier nicht, wo du beginnst, wo du noch Strasse bist und wo du Brücke wirst. Manchmal machst du mich total fertig. Es ist ein Gewusel auf dir, manchmal wollen dich einfach zu viele überqueren und dann flüchte ich auf den Teil von dir, der nicht für Fussgängerinnen, sondern Velofahrer gedacht wäre. Sorry, ich mach’s nicht extra. Ich akzeptiere ja deine Grenzen. Aber so ist das, mit der Liebe. L’amour fou, nur was einen wahnsinnig macht, hat Beständigkeit. 

Hübsch anzusehen bist du ja nicht wirklich. Rot, irgendwie ein wenig abgefuckt, du bist echt kein Bijou. Und das sag ich, obwohl ich dich nie genauer betrachtet habe. Ich hol das nach, ich versprech's. Wenn der Vollmond dich mit einer hübschen Kulisse umhüllt … oder die grusigen, grellen Strassenlaternen, dann teil ich mit dir ein paar Prösi-Spritzer. Aber was es auf dir zu sehen gibt, das ist toll. Gleis, Chaos und Pilatus – das mag ich. 

Als Lieblingsbrücke habe ich dich ausgewählt, weil du mich ins Leben bringst. Von der abgekapselten, braven Tribscherin bugsierst du mich jeden Tag ins hipsterige Neustadtquartier, wo ich mich eben nach wie vor mehr zu Hause fühle. Nostalgisch lauf ich jeweils über dich, schwelge in Erinnerungen, wie’s war, eine von vis–à-vis zu sein. Genauso habe ich dich aber gemocht, als ich auf der anderen Seite gewohnt habe. Von der Neustadt hast du mich früher zum Sand und zum See gebracht. Oder in die Schüür. Du hast mich in Nächte manövriert, voller Musik, Tanz und Schweiss. Und jetzt, jetzt holst du mich ins Leben zurück.

Alltagstauglichkeit: 5 von 5 Punkten

Postkarten-Faktor: 0 von 5 Punkten

Kapellbrücke: die ewige Liebe von Philipp Lustenberger

Du bist, zusammen mit deinem Partner, dem Wasserturm, das meistfotografierte Denkmal der Schweiz. Und dies absolut zu Recht! Nicht erst seit du 1993 in Flammen gestanden hast, ist uns Luzernern bewusst, welche Bedeutung du für uns hast. Du hast deine Bevölkerung vor Angriffen geschützt und bist daher auch heute noch auf der See-Seite ein bisschen höher. Auch wenn du schon ursprünglich perfekt warst, du hast dich im Jahr 1835 für den Schönheitschirurgen entschieden. Der hat dir damals rund 75 Meter abgenommen. Ich für meinen Teil finde jeden Zentimeter deiner rund 200 Meter toll, du dürftest auch noch länger sein!

Foto von Drohne Luftaufnahme Kapellbrücke und Wasserturm
Liebe für 200 Meter Holz: Die weltberühmte Kapellbrücke in Luzern. (Bild: PLU)

Uns verbinden einige schöne Momente. Weisst du noch, wie wir zusammen mit vielen anderen Menschen vor Jahren Silvester gefeiert haben? Die Champagnerkorken spickten von dir in die Reuss und wir sind mit dir ins neue Jahr gestartet. Damals warst du rund 670 Jahre jung.  

Liebe Kapellbrücke, ich muss dir nicht wie diese unreifen Touristen meine Initialen auf dein Holz kritzeln. Wir wissen auch so, dass es was Ernstes ist.

Alltagstauglichkeit: 2 von 5 Punkten

Postkarten-Faktor: Unendlich!

Rathaussteg: das geliebte hässliche Entlein von Elio Wildisen

Oh Rathaussteg, unter all den Brücken in Luzern habe ich mich ausgerechnet in dich verliebt. Dabei bist du die graue Maus, ja vielleicht gar das hässliche Entlein der Luzerner Brücken. Deine Nachbarin, die grosse Kapellbrücke stiehlt dir die Show vollends. Dir kommt immer nur die Rolle als Selfie-Standort zu. Von dir aber macht nie jemand ein Foto. Du bist das fünfte Rad am Wagen, das Single beim Doppel-Date deiner Freundinnen.

Du trägst keine historischen Bilder auf dir wie die Spreuerbrücke. Für den Verkehr bist du vollkommen irrelevant, nicht so wie die Seebrücke. Von dir springt niemand ins Wasser. Und nicht mal eine Sitzgelegenheit finden Touristen, die vom Selfie knipsen ganz müde geworden sind, auf dir. Dich gibt es nicht mal als Schlagwort in unserem zentralplus-Suchsystem.

Und doch bist du da. Seit über 100 Jahren, wie mir Wikipedia sagt. Stoisch trotzt du deinem Schicksal als graue Maus. Ohne mit der Wimper zu zucken trägst du das Gewicht hunderter Fasnächtler an feuchtfröhlichen Abenden. Du bist die direkteste Verbindung zwischen Klein- und Altstadt. Durchgangsroute vieler Demonstrationen. Verbindest den Wochenmarkt an den beiden Reussufern miteinander. Unaufgeregt und ohne Glamour, dafür super praktisch.

Oh Rathaussteg, du VW Golf unter den Brücken, du Spaghetti mit Tomatensauce aller Stege – was wäre Luzern bloss ohne dich?

Alltagstauglichkeit: 4 von 5

Postkartenfaktor: 1 von 5

Spreuerbrücke: der erste Tritt in der neuen Stadt von Kathrin Egolf

Für mich als nicht-gebürtige Luzernerin warst du die erste Brücke, über die ich bewusst gegangen bin. Vor allem, weil mir ein Deutschlehrer von deinen tollen Totentanz-Bildern erzählt hat, die er sich immer mit seinen Schülerinnen anschaut.

Du bist die ideale Verbindung zwischen dem pulsierenden Arbeitsort und meinem liebsten sonnigen Zmittagsbänkli. Zwar muss ich dich leider so oft mit Scharen von Touristen teilen, die mit ihren Selfies um die Wette schiessen und ihren Mund vor Staunen kaum mehr zu kriegen.

Aber wie könnte ich es ihnen verübeln? Denn wenn sie nicht da sind, bist du auch für mich mein liebster Fotospot in Luzern.

Alltagstauglichkeit: 3,5 von 5 Punkten

Postkartenfaktor: etwas weniger unendlich als die Kapellbrücke ;-)

Hinweis: Die Idee für dieses Format haben nicht wir uns ausgedacht, sondern stammt ursprünglich vom Zürcher Online-Magazin «Tsüri». Wir haben dort etwas abgeschaut, denn: Was Zürich kann, können wir Luzerner doch sicher auch.

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