Die herzigste, schönste und teuerste Verkleidung

Das sind die Geschichten hinter diesen Zuger Kostümen

Ein Highlight ist das Traubenkostüm so lange, bis man sich durch die Menschenmenge zwängen muss. (Bild: wia)

Es muss nicht immer Temu sein. Manche Zuger Fasnächtler haben sich einiges überlegt für ihre Fasnachtskostüme. Und mindestens eines von ihnen wurde in Nigeria massgeschneidert, damit es in Zug getragen werden kann.

In den letzten Jahren ist es sehr einfach geworden, sich ohne grossen Aufwand in eine Fasnächtlerin zu verwandeln. Niemand muss mehr Stunden an der Nähmaschine verbringen, um ein schönes Kostüm zu erschaffen: Der Onlineversand bietet vom Oktopus über den Wikinger bis zum Triceratops alles. Und doch gibt es nach wie vor einige, die sich abheben von der Masse. zentralplus hat sich am Kinderumzug in Zug umgesehen und die aussergewöhnlichsten, auffälligsten, herzigsten und seltsamsten Kostüme gesucht, und ist auf schöne Geschichten gestossen.

Das Zunftgewand, das in Nigeria handgefertigt wurde

Manchmal offenbaren sich die schönen Kostümgeschichten erst auf den zweiten Blick. So geschehen beim Zunftvater der Schiissigässlizunft. Denn eigentlich wandert das Kostüm gemeinsam mit dem Zepter, einer Klobürste, von Zunftpaar zu Zunftpaar. Für den diesjährigen Zunftvater, einen zwei Meter grossen, ehemaligen Rugbyspieler, war die Robe jedoch schlicht zu klein.

Emmanuel Amapakbo erzählt: «Als ich letztes Mal in der nigerianischen Hauptstadt Abuja war, habe ich deshalb auf dem Markt nach einem blauen und einem weissen Stoff gesucht, der jenem der Zunft entspricht. Eine Schneiderin fertigte nur mithilfe von Bildern und Videos eigenhändig eine Kopie des Zunftgewands.» Erst, als er darauf hinweist, sind kleine Unterschiede zu den sonstigen Gewändern zu entdecken.

Das Kostüm von Zunftvater Emmanuel I. the Zuger (rechts) wurde in Nigeria handgeschneidert. Daneben Zunftmeister Remo Hegglin in der «Vorlage». (Bild: wia)

Weidmanns Heil! Lieber nicht

Manchmal wird aus einem Kinderwunsch ein ganzes Gruppensujet. So geschehen bei dieser Familie, deren Kinder unbedingt als Jäger an die Fasnacht wollten. Die Eltern haben's beiden Jungs nicht nur ermöglicht, sondern sind gleich selbst eingestiegen ins Motto und haben sich gleichzeitig zum Beuteschema gemacht. Als Rehe verkleidet begleiten sie die Kleinen an den Umzug.

Weidmanns Heil, heisst es bei dieser Familie. (Bild: wia)

Gruppensujets findet man an der Zuger Fasnacht zuhauf. Doch die wenigsten sind so charmant wie jenes der Familie, die sich für die Fasnacht in Stacheln gehüllt hat. Glücklicherweise für alle Mitmenschen sind diese nicht echt, sondern aus Schaumstoff.

«Unsere Tochter hatte im Kindergarten das Thema Igel und wollte so an die Fasnacht. Wir fanden das gut», erklärt die Igelmutter. «Auch wenn wir völlig unterschätzt haben, wie viel Schaumstoff man dafür braucht. Drei Mal sind wir in den Baumarkt gefahren, um Nachschub zu holen.» Es hat sich gelohnt. Die Igelfamilie macht eine gute Falle. Ein Glück, dass es nicht regnet. Das Thema Schwammstadt erhielte eine ganz andere Bedeutung.

Die Igelfamilie fällt an der Fasnacht auf. (Bild: wia)
Jedes Schaumstoffteil wurde ausgeschnitten und einzeln auf die Kostüme aufgeklebt. (Bild: wia)

Das Sujet, das 23 Jahre köcheln musste

Zwei Gestalten am Strassenrand fallen auf. Es sind zwei vermeintliche Herren mit Schnurrbart, Umhängen und Dreispitzen, die Stöcke sowie Laternen mit echten Kerzen bei sich tragen. «2002 feierte der Kanton Zug ein Fest zur 650-jährigen Zugehörigkeit zum Bund. Damals erschufen Rischer Schulklassen von Hand solche holzgenieteten Laternen», erzählt die bärtige Nachtwächterin mit der gemalten Monobraue. «Wir kauften zwei davon. Schon damals hatten wir die Idee, dereinst als Nachtwächter an die Fasi zu gehen.» Nun, 23 Jahre später, hat's geklappt.

Und jetzt will das Paar aufholen. Nach Zug wollen die beiden dieses Jahr auch die Umzüge in Cham und Hünenberg mit ihren Laternen besuchen. Fun Fact: Dass es sich bei der Nachtwächterin um die Rischer Kantonsrätin Hanni Schriber-Neiger handelt, realisierte die Journalistin erst am Ende des Gesprächs.

Das wohl teuerste «Fasnachtskostüm»

Apropos Promi: Unauffällig auffällig mischt sich auch Bitcoin-Suisse-Gründer Niklas Nikolajsen unters Volk. Mit seinem rotgemusterten Mantel könnte er glatt als Guggenmusik-Mitglied durchgehen. Er stellt jedoch klar: «Es handelt sich eigentlich um einen Louis-Vuitton-Mantel, den ich sonst nie trage.» Womit auch die Frage nach dem teuersten Zuger «Fasnachtskostüm» geklärt wäre.

Dann muss der Zuger Cryptokönig plötzlich gehen. Sein Kind läuft beim Umzug mit und das will er natürlich nicht verpassen.

Sieht aus wie Guggenmusik, ist aber Louis Vuitton: Niklas Nikolajsen an der Fasnacht in Zug. (Bild: wia)

Die kranken Schwestern und ihre Lösung für alles

Wer richtig fasnachtsverrückt ist, der ist nicht nur kostümiert, sondern reist auch mit dem eigenen Wagen an. Oder mit dem Wägeli, wie im Falle der «KrankenSchwestern». Eigentlich zu fünft unterwegs, sind die beiden selbsternannten Pflegerinnen am Umzug in Zug ausnahmsweise nur zu zweit im Einsatz. Nichtsdestotrotz bieten sie allen, die's wollen, das nötige Tablettli gegen Männerkrankheiten, «Schnudderi» und Haarverlust an. Auch Tee und Kafi Schnaps wird hier an brave Patienten ausgeschenkt. Warum das Ganze? Ganz einfach: «Aus Spass an der Freude. Wir behandeln alles, auch wenn wir keine Ahnung haben und haben natürlich auch schon unsere Stammpatienten.»

Die beiden KrankenSchwestern bieten die Antwort auf nicht ganz alle medizinischen Fragen. (Bild: wia)

Ein Gedränge macht die Traube zur Rosine

Fruchtig wie ein Holdrio ist ein Kostüm, das gleichzeitig simpel wie auch genial ist: Die beiden Trauben, die sich den Umzug anschauen, stehlen den Kids beinahe die Show. Die Kostüme, die aus lauter Luftballons bestehen, sind jedoch nur so lange der Hit, bis die Menschenmassen dichter werden. Dann dürfte die Traube relativ rasch zur Rosine verkommen.

Ein Highlight ist das Traubenkostüm so lange, bis man sich durch die Menschenmenge zwängen muss. (Bild: wia)

Neben all den Guggenmusiken, die gern farbige, glitzernde Mottokostüme tragen, fällt eine Gruppe besonders auf. Es sind mehrere Herren mit langen Bärten und schwarzen Mänteln, die im bunten Treiben ziemlich ernst daherkommen. Es handelt sich um die Guggenmusig Curiosius mit einem ebenfalls eher kuriosen Motto. «Wir verkörpern jene Siedler, die 1620 mit der Mayflower nach Amerika übersetzten.» Auch ein Pferd haben sie dabei. Was sein muss, muss sein.

Ob sie wirklich so aussahen, die Siedler, die 1620 mit der Mayflower nach Amerika übersetzten? (Bild: wia)

Eine der grössten Gruppen am Strassenrand bildet die Verbrecherbande Daltons, die für einmal nicht zu viert, sondern zu siebt unterwegs ist – und zwar begleitet von gleich zwei Lucky Lukes. Einer von ihnen: Der Zuger Bildungschef Etienne Schumpf. Wir wittern eine verpasste Chance: Gerne hätten wir den gesamten Zuger Stadtrat in diesem Sujet gesehen. Die vier Daltons, angeführt von Stapi André Wicki als Luke.

Auch der Stadtzuger Bildungschef Etienne Schumpf erweist den Kindern am Umzug die Ehre. Und das erst noch kostümiert. (Bild: wia)

Zugegeben, es gibt Kostüme, die zwar offensichtlich gekauft, aber dennoch ziemlich witzig sind: So auch die beiden von Aliens entführten Zuger. Dass die Zuschauer hinter ihnen weit weniger Spass haben als die Kostümierten selbst, ist diesen durchaus bewusst.

Zwar nicht selbstgemacht, aber dennoch lustig: Eine Alien-Entführung kommt selten allein. (Bild: wia)

Wenn einer an der Zuger Fasnacht einen «Grind» trägt, dann ist es vermutlich kein Zuger. Und tatsächlich: Hinter der Maske von Peter Sauber steckt ein Luzerner. Dessen Sohn, der Crocodile Dundee (rechts im Bild) hat sich bei seiner Verkleidung am Lieblingsfilm der beiden orientiert. Dass dieser kein Foster's trinkt, sei ihm verziehen. Immerhin der Farbton stimmt.

Verwendete Quellen
  • Besuch des Kinderumzugs in Zug
  • Gespräche vor Ort
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