Streit um Luzerner Initiative

Forderung: Stadtratslöhne müssen schneller sinken

Der Luzerner Stadtrat: Martin Merki (von links), Stadtschreiber Toni Göpfert, Stadtpräsident Stefan Roth, Manuela Jost, Adrian Borgula und die abtretende Ursula Stämmer (Bild: Stadt Luzern)

Der Luzerner Stadtrat muss laut Volksentscheid auf 20 Prozent seines Lohnes verzichten. Ab wann, ist heftig umstritten. Die Betroffenen möchten noch eineinhalb Jahre den heutigen Lohn erhalten, die SVP fordert sechs Monate. Doch es gibt ein Druckmittel.

Peter With, Präsident der städtischen SVP ist sauer: «Mit dem Vorschlag des Stadtrates sind wir gar nicht einverstanden. So wird der Volkswille missachtet.»

44’000 Franken weniger Lohn

Und darum gehts: Das Volk hat am 5. März Ja gesagt zur SVP-Lohnsenkungsinitiative und entschieden: Die Löhne der fünf Luzerner Stadträte werden um fast 20 Prozent gesenkt. Neu darf der Stadtpräsident jährlich höchstens 220’000 Franken verdienen (aktuell sind es 264’000 Franken), die anderen vier Stadträte dürfen maximal 200’000 Franken erhalten (aktuell sind es 247’000 Franken). Diese Bestimmung steht so nun in der Gemeindeordnung. Unklar war aber bislang, ab wann die Lohnkürzung in Kraft tritt. Die SVP verlangte stets eine schnelle Umsetzung, der Stadtrat zierte sich. Diesen Freitag nun hat die Exekutive ihren Vorschlag zu Handen des Stadtparlaments präsentiert.

Bundesgericht bestätigt lange Übergangsfristen

Der Stadtrat bezieht sich in seiner Antwort auf zwei vergleichbare Entscheide des Bundesgerichts. Sowohl in Zollikofen als auch in Zug mussten aufgrund von Volksentscheiden die Löhne respektive Abgangsentschädigungen der Exekutive angepasst werden.  

In Zollikofen wurde die Initiative «150'000 Franken Jahresentschädigung sind genug für das vollamtliche Gemeindepräsidium» vom Volk angenommen. Die Übergangsfrist betrug dort 17 Monate. In Zug sagte das Stimmvolk 2008 Ja zur Initiative «Schluss mit goldenen Fallschirmen für Stadträte - Nein zu überrissenen Abgangsentschädigungen». Dort betrug die Übergangsfrist 15 Monate. Beide Fristen hat das Bundesgericht laut Luzerner Stadtrat bestätigt.

18 Monate sind «vertretbar»

Konkret schlägt der Stadtrat vor, dass das angepasste Lohnreglement erst per 1. September 2016 in Kraft treten soll (siehe auch Kommentar). Also nach Ablauf der aktuellen, im Herbst 2012 begonnenen, vierjährigen Amtsperiode der fünf Stadträte. Laut Stadtrat ist diese Übergangsfrist von 18 Monaten (ab dem Volksentscheid) «angemessen» und «vertretbar». Und dies aus mehreren Gründen.

Die ausgedeutschte Kurzversion der stadträtlichen Begründung lautet: Der Stadtrat ging bei seiner Wahl für die vierjährige Amtsperiode 2012 vom aktuellen Lohn aus. Weil ihn die Lohnkürzung massiv trifft, hat er ein Anrecht auf eine angemessene Übergangsfrist. So hat es auch das Bundesgericht in ähnlichen Fällen entschieden (siehe Box).

In der, für Normalsterbliche, kaum verständlichen Mitteilung des Stadtrates tönt das übrigens so: «Was das Inkrafttreten dieser Regelung anbelangt, so ist zu berücksichtigen, dass die amtierenden Mitglieder des Stadtrates im Lichte der bundesgerichtlichen Rechtsprechung über eine Vertrauensposition verfügen, weil sie Dispositionen getroffen hatten, die im Zeitpunkt der Annahme der Initiative nicht wieder rückgängig zu machen waren, und sie von der Änderung der Gemeindeordnung mit Blick auf diese Dispositionen in schwerwiegender Weise betroffen sind.»

Stadtrat spart schon freiwillig

Angemessen ist die Übergangsfrist von 18 Monaten laut Stadtrat auch noch aus folgendem Grund: Im Rahmen der leeren Staatskassen (und der drohenden SVP-Initiative) hatte sich der Stadtrat letztes Jahr für einen freiwilligen Sparbeitrag von rund 6,5 Prozent ab 2015 entschieden. Damit werden den fünf Stadträten dieses Jahr insgesamt 100‘000 Franken weniger ausbezahlt. Bis zum Ende der Legislatur per 31. August 2016 werden es weitere knapp 67’000 Franken sein.

Zudem wäre, laut dem Antrag des Stadtrates, eine sofortige Lohnkürzung «nicht wirtschaftlich». Denn die Stadträte könnten die Stadt wegen der fehlenden oder zu kurzen Übergangsfrist verklagen. Die Stadt müsste dann «mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Übernahme von Verfahrenskosten und Parteientschädigungen rechnen».

Es geht um 133’000 Franken

Für den städtischen SVP-Präsidenten und kantonalen SVP-Kampagnenleiter Peter With zählen die Argumente des Stadtrates zu wenig. Die SVP habe stets klar gemacht, dass die Lohnsenkung so rasch wie möglich erfolgen soll. Nun 18 Monate damit zu warten sei nicht angemessen, sondern viel zu lange. With kündigt an: «Wir werden an der nächsten Sitzung des Parlaments vom 21. Mai den Antrag stellen, dass das neue Lohnreglement per 1. September 2015 in Kraft tritt.» Das wäre dann eine Übergangsfrist von sechs Monaten. Diese Variante würde die Stadtkasse laut Stadtschreiber Toni Göpfert um rund 133’000 Franken Lohnkosten entlasten.

Sollte das Parlament am 21. Mai eine für die SVP zu lange Übergangsfrist beschliessen, könnte diese entweder das Referendum ergreifen oder Beschwerde gegen den Entscheid führen. «Ein Referendum kommt sicher nicht in Frage», sagt Peter With. «Aber eine Beschwerde würden wir wohl prüfen.»

Grüne machen Kompromissvorschlag

zentral+ hat bei den Stadtparteien gefragt, welche Übergangsfrist sie für vertretbar halten.

Korintha Bärtsch (Grüne) sagt dazu: «Die Initiative wurde angenommen und wie bei jeder Initiative darf die Umsetzung nicht zu lange hinausgeschoben werde. Jedoch soll mit einer Übergangsfrist ermöglicht werden, die bestehenden Zustände beziehungsweise Verhältnisse an die neuen anzupassen. Unsere Fraktion wünscht sich eine Übergangsfrist, allerdings nicht bis Ende Legislatur, sondern bis Ende 2015. Also eine Umsetzung der Initiative per 1. Januar 2016.»

Simon Roth (SP) teilt mit: «Der Antrag zur Umsetzung der Initiative wird noch in einer GPK-Sitzung diskutiert. Die SP/JUSO-Fraktion möchte an dieser vom Stadtrat erfahren, wie er die doch ziemlich lange Übergangsfrist begründet. Abhängig davon werden wir entscheiden, wie wir uns dazu stellen.»

Sonja Döbeli Stirnemann (FDP) sagt: «Wir werden diese Frage an der Fraktionssitzung besprechen. Zudem wurden von der GPK zu Handen des Stadtrates noch Fragen zur Klärung eingegeben. Daher kann ich die Frage erst später beantworten.»

András Özvegy (GLP) sagt: «Für uns geht der Vorschlag des Stadtrates in Ordnung. Die Stadträte wurden ja für vier Jahre gewählt, zudem verzichten sie ja seit anfangs Jahr bereits freiwillig auf einen Teil ihres Lohnes.»

Mit diesen Plakaten überzeugte die SVP die Stadtluzerner von ihrer Initiative.

Mit diesen Plakaten überzeugte die SVP die Stadtluzerner von ihrer Initiative.

(Bild: zvg)

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