«Fliessbandtourismus: Es braucht eine Diskussion»

Der Luzerner Tourismus sei nach den Interessen der Uhrenbranche ausgerichtet, sagt Nik Rigert, Präsident der Juso Stadt Luzern. In seinem Leserbrief kritisiert er die Entwicklung in Richtung «Fliessbandtourismus» und ihre Folgen. 

Der Tourismus hat in Luzern eine lange Tradition. Die meisten Luzerner innen sind mit ihm aufgewachsen und haben sich kaum je an ihm gestört. Doch die neuere Entwicklung in der Luzerner Tourismusbranche sorgt dafür, dass sich das ändert.

Der Grund sind die Besucherzahlen, welche in den letzten zehn Jahren förmlich explodiert sind. Mittlerweile besuchen jährlich 6,6 Millionen Touristen die rund 80’000 Einwohner zählenden Stadt Luzern. Doch während die Anzahl Übernachtungen fast konstant blieb, hat die Menge an Tagestouristen, vor allem aus asiatischen Ländern, extrem zugenommen. Diese Entwicklung ist kein Zufall. Sie ist gesteuert von der Luzern Tourismus AG, welche sich vollständig nach den Interessen der Uhrenbranche richtet.

Das ist wiederum keine Überraschung, wenn man bedenkt, dass Luzern Tourismus sowohl personell als auch finanziell von der Uhrenbranche unterwandert worden ist. Diese neue Art von Tourismus hat den Nachteil, dass trotz massiv steigender Besucherzahlen, Hotellerie und Gastronomie, welche traditionell vom Tourismus profitierten, kaum mehr etwas davon haben. Die Tagestouristen geben kein Geld für Übernachtungen und Verpflegung in Luzern aus. Sie werden ausserhalb zu Dumpingpreisen verpflegt und ziehen weiter zur nächsten Destination.

Wofür die Fliessbandtouristen allerdings Geld ausgeben, sind Luxusuhren. Dies ist natürlich ganz im Sinne der Uhrenbranche, kaum aber in dem der Luzerner Bevölkerung. Denn die Nebenwirkungen dieses neuen Tourismus sind enorm. Die Reisecars verpesten die Luft, verstopfen die Strassen und gefährden die anderen Verkehrsteilnehmer. Die Altstadt gleicht einem Disneyland. Es gibt kaum mehr ein Durchkommen zwischen den dichten Touristengruppen. Traditionsgeschäfte wie der Musik Hug werden verdrängt und durch noch mehr Uhrengeschäfte ersetzt. Kurz, die Lebensqualität in Luzern nimmt zu Gunsten von Bucherer, Gübelin und Co ab.

Die Steuereinnahmen, welche diese Geschäfte der Stadt und dem Kanton einbringen, können die negativen Nebeneffekt des Tagestourismus bei weitem nicht kompensieren. Schon gar nicht wenn man bedenkt, dass diese mit der massiv gesenkten kantonalen Unternehmenssteuern wesentlich weniger bezahlen als früher.

Mittlerweile hat auch die Luzern Tourismus AG erkannt, dass ihre Strategie immer mehr Unmut in der Bevölkerung stiftet. Mit der «Strategischen Ausrichtung 2020» setzt sie Ziele zur Steigerung der Tourismusqualität. Dieses Vorgehen ist reine Alibipolitik und Symptombekämpfung. Was der Luzerner Tourismus braucht ist eine breite Auseinandersetzung mit der Frage, welche Art von Tourismus in Luzern für alle positiv und erträglich ist. Im Anschluss müssen entsprechende Anpassungen in der touristischen Vermarktung Luzerns im Ausland vorgenommen werden.

Nik Rigert, Präsident JUSO Stadt Luzern

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