Stellungnahme des Luzerner Gewerbeverbandes

Finanzleitbild: Kritik am Alleingang der Regierung

Die Motion M 231 «Nachhaltige Finanzen» entstand auf Initiative und mit der Mitarbeit des Gewerbeverbandes Kanton Luzern. Entsprechend «hat der Verband das darin geforderte und nun vorliegende Finanzleitbild mit grossem Interesse zur Kenntnis genommen». Er äussert sich nun in einer Stellungnahme.

Der Gewerbeverband Kanton Luzern erachte das Finanzleitbild als umfassende und objektive Auslegeordnung. Inhaltlich zeige es auf, dass die bisherige Steuerstrategie erfolgreich gewesen sei: Das Steuersubstrat (Staatssteuern und direkte Bundessteuer) sei zwischen 2011 und 2016 um 15.84% gewachsen. Gleichzeitig konnte die Abhängigkeit vom NFA von 22% (2011) auf 15% (2016) reduziert werden. Es sei deshalb richtig von der Regierung, diesen Weg konsequent weiterzugehen und so schnell wie möglich einen Ressourcenindex von rund 95 (Break-Even-Point) anzustreben.

Die rückläufigen NFA-Beiträge seien laut Gewerbeverband eine Folge dieser wirtschaftlich erfolgreichen Entwicklung. Sie seien aber gleichzeitig auch eine der Ursachen für die finanziell angespannte Lage des Kantons. Die Abbildung 2 «Nettoaufwand ohne Finanzen und Steuern» zeige anschaulich wie der Kanton bereits dreimal (L&S I, L&S II und KP17) versucht habe, das Ausgabenwachstum nachhaltig zu brechen.

Was will man nun anders machen?

Dabei habe er auch einmal den Steuerfuss erhöht und wollte dies ein zweites Mal – erfolglos – tun. Alle drei bisherigen Massnahmenpakete hätten kurzfristig die Ausgaben gesenkt. Sie seien aber sofort wieder durch das Ausgabenwachstum überkompensiert worden. «Der markante Anstieg ab 2019 lässt darauf schliessen, dass sich diese ungewünschte Entwicklung nach Abschluss des KP 17 wiederholt. Zumal das Finanzleitbild nicht aufzeigt, was man dieses Mal im Vergleich zu den Vorgänger-Paketen anders machen will», so der Verband.

Die Regierung habe bisher immer auch damit argumentiert, dass das Ausgabenwachstum auch mit der zunehmenden Bevölkerung zu tun gehabt hätte. Die Zahlen im Leitbild hätten jedoch gezeigt, dass diese Aussage falsch war. Zwischen 2011 und 2016 sei gemäss LUSTAT die Bevölkerung von 380‘000 Personen auf 400‘000 gewachsen. Dies entspreche 5.3%. In der gleichen Zeit seien die Steuereinnahmen (Staatssteuern und direkte Bundessteuer) um 15.84% gewachsen.

Bevölkerungswachstum sei nicht der Grund für Finanzprobleme

Man habe also im 2016 wesentlich mehr Mittel pro Einwohner zur Verfügung gehabt. Das Bevölkerungswachstum sei also keine Ursache für die Finanzprobleme gewesen – im Gegenteil.

Dass zudem das Bevölkerungswachstum und die pro-Kopf-Ausgaben nicht direkt zusammenhängen, hätten bereits Medienberichte deutlich gemacht. Zwischen 2008 und 2016 stiegen die Pro-Kopf-Ausgaben im Kanton Luzern um 10.3%, während das Bevölkerungswachstum 8.6% betrug. In der gleichen Zeit wuchs die Bevölkerung im Kanton Zug um 12.8%. Die Pro-Kopf-Ausgaben aber nur um 1.7%.

Die Entwicklung in den beiden Kantonen sei also völlig unterschiedlich verlaufen. Bezogen auf das Leitbild heisse dies: «Ein Bevölkerungswachstum kann das Steuersubstrat überproportional steigern. Das Wachstum der pro-Kopf-Ausgaben erfolgt aber zurzeit weitgehend unabhängig von jenem der Bevölkerung. Dies sind wichtige Erkenntnisse für die kommenden Debatten.»

Das Finanzleitbild halte zudem fest, dass ein Ressourcenindex von 95 nur langfristig zu erreichen sei. Bis dahin müssen weiterhin NFA-Rückgänge kompensiert werden. Gleichzeitig sei das Ausgabenwachstum auch nach dem KP 17 ungebrochen. Zudem: Bis 2030 würden als Folge der demografischen Entwicklung auf Kanton und Gemeinden zusätzliche Ausgaben von jährlich rund 350 Millionen zukommen. Es stünden also finanzpolitisch sehr anspruchsvolle Entscheide an.

Warum wurde das Leitbild nicht breit abgestützt entworfen?

«Alle Parteien und Anspruchsgruppen teilen die Ansicht, dass die zu lösenden Aufgaben äusserst herausfordernd sind. Unter diesem Aspekt ist es schwer nachzuvollziehen, weshalb das Leitbild als Basis der kommenden Debatte nicht in einem breit abgestützten Prozess entwickelt wurde», schreibt der Verband weiter.

Bereits im Herbst 2015 habe der Gewerbeverband angeregt, dass man mit externer Unterstützung und mit einer Steuergruppe in einem mittelfristig angelegten Prozess vorgehen solle. Auch in der Motion M 231 sei noch festgehalten gewesen: «Bei diesen Arbeiten kann sich die Regierung durch einen externen Experten und eine politische Steuerungsgruppe unterstützen lassen.»

«Es scheint, dass die Regierung die finanzpolitische Weichenstellung weiterhin in den gleichen Prozessen wie bis anhin angehen will.»

Tatsächlich aber sei die Entwicklung durch die Regierung ohne externe Unterstützung im Alleingang vorgenommen worden. Einzig die sechs Fraktionspräsidenten/-innen seien mittels jeweils zwei Fragerunden durch den Finanzdirektor einbezogen worden. Die Gemeinden hätten von den vorgesehenen Kürzungen beim Finanzausgleich aus den Medien erfahren.

Es sei der Regierung nicht gelungen, effektive Massnahmen zu finden

«Es scheint, dass die Regierung die finanzpolitische Weichenstellung weiterhin in den gleichen Prozessen wie bis anhin angehen will. Dabei zeigen die Zahlen im Finanzleitbild, dass es mit dem bisherigen Prozess nicht gelungen ist, effektive strukturelle Massnahmen zu finden und umzusetzen. Eine nachhaltige Ausgabenreduktion wurde deshalb nicht erreicht», schreibt der Luzerner Gewerbeverband weiter.

Generell würden im Leitbild keinerlei strukturelle Massnahmen erwähnt. Man gebe an, dass man in den Hauptaufgaben kein Wachstum wolle, ausser in den Bereichen Volksschule, Polizei und Gesundheit. Weiter begründet werde dies nicht. Es ist auch nicht ausgewiesen, ob es sich beim Wachstum um absolute Zahlen oder um pro Kopf-Beträge handle.

Auf wenig Verständnis stosse auch der Umstand, dass die Regierung im Finanzleitbild die angestrebte Steuerfusserhöhung bereits eingeplant hatte. Dies zeuge von wenig Respekt vor dem dazu nötigen Volksentscheid. Der Gewerbeverband erklärt dazu: «Hier hätte man im Finanzleitbild mit Varianten arbeiten müssen. In der vorliegenden Form ist die Botschaft 79 nun bereits überholt und es ist zu klären, wie weit sie als Grundlage für die Kantonsratssession überhaupt dienen kann.»

Keine optimale Voraussetzung für eine sachliche Behandlung

Auf Grund des von der Regierung gewählten Prozesses, müsse nun das Finanzleitbild vom Kantonsrat in der Juni-Session praktisch aus dem Stand im Rahmen der öffentlichen Parlamentsdebatte diskutiert werden. Dies unmittelbar im Anschluss an eine Phase, in welcher sich die bürgerlichen Parteien im Rahmen der Steuerfuss-Abstimmung als Gegner gegenüberstanden. Das seien nicht optimale Voraussetzungen für eine sachlich-nüchterne und fundierte Behandlung.

Der Auftrag der Stimmbürger an Regierung und Kantonsrat sei für den Gewerbeverband Kanton Luzern klar: mit sinnvollen Massnahmen die Ausgaben nachhaltig unter die Einnahmen bringen. Die vom Volk in der Abstimmung vom September 2016 bestätigten Unternehmenssteuern seien dabei gesetzt.

Das KP 17 umfasste einerseits viele Massnahmen auf der Einnahmenseite, welche künftig die Wirtschaft und die Arbeitnehmer direkt belasten. Andererseits war es als «Rasenmähermethode» konzipiert. Von beidem sei bei den nun zu bestimmenden Massnahmen wegzukommen.

Gewerbeverband will zweigleisig vorgehen

«Die Suche nach den nötigen strukturellen Anpassungen und das anschliessende Schaffen der entsprechenden Mehrheiten sind äusserst anspruchsvoll. Dies lässt sich nur in einem breit angelegten, klar strukturierten Prozess erreichen. Dieser braucht genügend Zeit», schreibt der Gewerbeverband.

Der Gewerbeverband nehme deshalb hiermit einen dritten Anlauf, der Idee LUZERN 2020 zum Durchbruch zu verhelfen. Er schlage vor, zweigleisig vorzugehen. Auf der einen Seite werde kurzfristig nach Lösungen für ein rechtskonformes Budget gesucht. Auf der anderen Seite werde ein mittelfristiges Projekt mit externer Unterstützung und mit Steuergruppe gestartet, welches nachhaltige, strukturelle Massnahmen bringen solle.

Finanzleitbild: Kritik am Alleingang der Regierung
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