Luzerner Dirigent feiert Jubiläum in Hofkirche

Filmmusik-Legenden Morricone und Shore ehren Bauernbub Wicki

Der Meister und sein Dirigent: Howard Shore (links) und Ludwig Wicki in New York.

(Bild: zvg)

Ennio Morricone und Howard Shore sind Meister im Kompositionsfach, der Luzerner Ludwig Wicki ein Meister im Dirigieren. Die Freundschaften führen zu zwei exklusiven Konzerten dieses Wochenende in der Hofkirche. Aber wieso nur hat Wicki sich gerade lateinische Messen für sein Jubiläum ausgesucht?

Der Luzerner Dirigent Ludwig Wicki (58) ist seit 20 Jahren Stiftskapellmeister an der Luzerner Hofkirche. Wicki ist aber auch in den grossen Philharmonien der Welt zu Hause, wo er rund 100 Konzerte pro Jahr dirigiert.

In den letzten Monaten war er vor allem wegen Querelen mit seinem früheren Geschäftspartner Pirmin Zängerle in den Schlagzeilen (zentralplus berichtete). Jetzt lassen wir ihn zu seinem Jubiläum einmal nur über Musik zu Wort kommen. Und über seinen Freundschaften zu ganz grossen international bekannten Komponisten.

Wickis Oscar-prämierte Freunde

Es sind dies vor allem der Italiener Ennio Morricone (90), bekannt für seine Western-Soundtracks wie «Spiel mir das Lied vom Tod» oder «Cinema Paradiso». Morricone erhielt zwei Oscars. Oder auch der Kanadier Howard Shore (72), bekannt für «Herr der Ringe» oder «Schweigen der Lämmer». Howard Shore erhielt drei Oscars.

Vom Bauernsohn zum Meisterdirigenten: Ludwig Wicki.

Vom Bauernsohn zum Meisterdirigenten: Ludwig Wicki.

(Bild: zvg / Nick Nager)

zentralplus: Ludwig Wicki, was für einen persönlichen Bezug haben Sie zur Musik von Ennio Morricone?

Ludwig Wicki: Es war ein Zufall in jungen Jahren. Meine Eltern hatten kaum Bezug zur klassischen Musik. Ich bin ein Bauernkind und mein Vater hat vor allem gerne gejasst, Pfeife geraucht und Kaninchen gezüchtet. Der Italiener liebte Blasmusik und kannte bis zu seinem Tod meine klassische Tätigkeit kaum. Mit 14 Jahren entdeckte ich auf dem Weg zur Kanti Willisau in einem Musikgeschäft die Schallplatte «Spiel mir das Lied vom Tod» von Morricone.

«Kaum jemand kennt Morricones klassische Orchesterwerke.»

zentralplus: Das war für Ihre Karriere einschneidend?

Wicki: Und wie, es war der Moment, als ich Filmmusik entdeckt habe. Seitdem wollte ich Soundtracks aufführen und war fasziniert von Morricone. Er ist ein Komponist, der alle seine Kompositionsstile in der Filmmusik verwendet. Leider ist er ein bisschen frustriert, weil er meist nur mit seiner melodiösen Westernmusik in Verbindung gebracht wird. Kaum jemand kennt Morricones klassische Orchesterwerke.

zentralplus: Haben Sie viel Kontakt mit Ennio Morricone, der mehr als 500 Soundtracks geschrieben hat?

Wicki: Ich durfte Ennio Morricone mehrmals in Rom treffen und bekam beim letzten Mal von ihm persönlich die Partitur zum samstäglichen Konzert. Es waren besondere und schöne Begegnungen: Weil er ein bescheidener und zurückgezogener Mensch ist. Ich durfte ihn zu Hause besuchen, wo er ernst und fokussiert arbeitet. Heute noch.

Ennio Morricone zwischen Ludwig Wicki und dessen Frau Beatrice.

Ennio Morricone zwischen Ludwig Wicki und dessen Frau Beatrice.

(Bild: zvg)

zentralplus: Und auch selber noch dirigiert. Er war ja mehrfach im Zürcher Hallenstadion: im Februar 2014, als er gegen Schluss des Konzertes stürzte, dann im März 2017, und bald wieder, nämlich am 9. Januar 2019. Weshalb ist der 90-jährige Herr so unermüdlich?

Wicki: Das ist in der Tat bewundernswert und geht vielen Musikern so: Auch Herbert von Karajan musste man bis kurz vor seinem Tod mit 81 Jahren auf die Bühne tragen. Diese Künstler sind gerne vor Publikum, es ist das Gefühl, mit Musikern etwas zu kreieren, das sie antreibt – und nicht primär der Applaus. Das geht mir genau so. Aber bei aller Ehre: Ich möchte nicht bis im hohen Alter von 90 von Konzertsaal zu Konzertsaal um die Welt gehetzt werden.

zentralplus: Wie sind Sie gerade auf diese Messe von Morricone für den seit 2013 tätigen argentinischen Papst Franziskus gestossen?

Wicki: Morricones Werk hat mich immer interessiert. Eigentlich wollte ich ein Konzert mit ihm und seinem Oratorium im KKL Luzern durchführen. Dadurch entdeckte ich diese Messe und fand sofort, dass diese im sakralen Rahmen der Hofkirche ideal aufgeführt werden könnte.

zentralplus: Was veranlasste Morricone, diese Messe zu schreiben?

Wicki: Er hat sie zum 200-jährigen Jubiläum der Compagnia di Gesu in Rom geschrieben und die Uraufführung fand 2015 in Rom unter seiner Leitung statt. Seither wurde sie nur noch einmal dort mit Morricone aufgeführt. Wir sind nun die ersten, die dies ausserhalb von Rom tun.

zentralplus: Ist der lateinische Messetext für ein zeitgenössisches Werk denn noch angemessen?

Wicki: Texte und ihre Verständlichkeit sind immer wieder ein Thema. Ich glaube, dass solche Musik nicht durch ihre Textverständlichkeit in unsere Seele gelangt, sondern durch ihre Spannungen, Harmonien, Bewegungen und die Atmosphäre, die der Komponist kreiert. Er studiert ja diesen Text und gibt seine Gefühle preis. Das ist es dann, was die Zuhörer erreicht. Lateinisch ist auch eine sehr klangvolle und gesangliche Sprache, was der Musik zugutekommt. Ich liess in diesem Jahr auch eine Messe mit lateinischem Text von Howard Shore schreiben.

«Als Hofdirigent verwalte ich quasi Howard Shores Partituren zu ‹Lord of the Rings›. Er betreut mich dafür immer hinter der Bühne.»

zentralplus: Auch mit dem 72-jährigen Kanadier Howard Shore verbindet Sie eine langjährige Freundschaft. Wie nahe sind Sie ihm?

Wicki: Seit unserer ersten Begegnung 2008 darf ich ihn mindestens einmal im Jahr besuchen. Meine Frau Beatrice und ich leben dann auf seinem Gut ausserhalb von New York, wo wir im Kutschenhaus wohnen. Es gibt viel Natur und die Adler kreisen manchmal über unseren Köpfen. Wir waren auch schon zu seinem Hochzeitsjubiläum im engsten Familienkreis eingeladen. Als Hofdirigent verwalte ich quasi seine Partituren zu «Lord of the Rings». Und ich durfte auch mehrere CDs für sein Label Howe Records aufnehmen. Ausserdem betreut Howard mich immer hinter der Bühne und unterstützt mich so moralisch. Und: Er ist auch dieses Wochenende mit seiner Familie in Luzern.

Musiker von ganzem Herzen: Ludwig Wicki in der Louis-Bar des Hotel Montana.

Musiker von ganzem Herzen: Ludwig Wicki in der Louis-Bar des Hotel Montana.

(Bild: hae)

zentralplus: Was darf das Publikum in der Hofkirche erwarten?

Wicki: Am Samstag einen Abend mit wunderschönen und mystischen Klängen sowie kraftvollen, freudigen und dramatischen Momenten. Chor und Orchester mit 90 Leuten werden für einen festlichen Anlass sorgen. Am Sonntag sind es dann 40 Sänger des Stiftschores und der Cappella der Hofkirche, die den musikalischen Rahmen zum öffentlichen Gottesdienst geben.

zentralplus: Warum eignet sich die Hofkirche als Konzertsaal?

Wicki: Es ist ja seit 20 Jahren meine Heimat als Stiftskapellmeister der Hofkirche. Zwar etwas überakustisch wegen des Halls, aber der eignet sich gut für sakrale Musik. Es ist ein Raum mit einer besonderen Atmosphäre, in dem ich sehr gerne musiziere. Mein Highlight dieses Jahr war, dass ich mit dem 21st Century Orchestra & Chorus im KKL kürzlich ein Filmkonzert dirigieren durfte. Und die fünf Konzerte letztes Wochenende in der Londoner Royal Albert Hall, wo ich für 25’000 Fans die Aufführung der «Star Wars»-Soundtracks dirigieren durfte.

Zwei Messen am Wochenende

Am Samstag führt Dirigent Ludwig Wicki den Luzernern mit der «Missa Papae Francisci» von Ennio Morricone eine weniger bekannte Seite des Filmkomponisten vor (Hofkirche, 19.30). 

Am Sonntag feiert er die Uraufführung der «Missa» für Chor a cappella des bekannten Filmkomponisten Howard Shore. Ausserdem gibt es Werke von Giovanni Gabrieli, G. P. da Palestrina und Giovanni Croce in der Hofkirche (11 Uhr, Eintritt gratis).

zentralplus: Sie führen weltweit einige der berühmtesten Sinfonieorchester: das London Symphonie Orchestra, die Münchner Philharmoniker und das Chicago Symphonie Orchestra. Was schätzen Sie am Luzerner 21st Century Orchestra besonders?

Wicki: Am 21st Century Orchestra schätze ich die Leidenschaft und Spielfreude. Aber, was noch wichtiger ist: Ich kenne die Musikerinnen und Musiker sehr gut und arbeite generell sehr gerne mit Menschen, die ich auch persönlich näher kenne. Ich fühle mich in Luzern zuhause und bin sehr glücklich, hier tätig zu sein. Das war auch der Grund, wieso ich im Jahr 1999 das 21st Century Orchestra gegründet habe, damit ich meinen Traum, Filmmusik im Konzertsaal aufführen zu können, vorab in meiner Heimat verwirklichen konnte.    

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