Brandserie in Kriens geklärt

«Feuerteufel» bleibt im Gefängnis

Die brennende Tiefgarage an der Kosthausstrasse in Kriens: 60 Feuerwehrleute aus Kriens und Luzern standen am 30. November 2012 im Einsatz. (Bild: Luzerner Polizei)

Er leugnet alles: Dennoch ist ein 39-jähriger Maler vom Kriminalgericht Luzern zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der psychisch angeschlagene Deutsche wird für sieben Brandstiftungen in Kriens verantwortlich gemacht. Mangels genügender Beweisbarkeit wurde er nur in drei Fällen schuldig gesprochen.

Von Oktober 2011 bis Dezember 2012 ging in Kriens ein «Feuerteufel» um und sorgte für Angst und Schrecken. Im Oktober 2011 wurde am Wichlernweg Feuer im Keller eines Hauses gelegt, zwölf Kellerabteile brannten völlig aus. In den folgenden Monaten brannte es nachts an der Gallusstrasse, zwei Mal an der Kosthausstrasse und einmal an der St. Niklausengasse. Der Schaden war jeweils gering, dank der raschen Alarmierung der Feuerwehr. Einmal hatte der unbekannte Täter Abfallcontainer, das andere Mal Papier- und Kartonbündel, beim dritten Brand einen Brennholzstapel vor einem Haus angezündet und sich aus dem Staub gemacht. Zurück blieben teilweise geschwärzte Hausfassaden, einmal wurde das Leben einer betagten Bewohnerin gefährdet. Doch es blieb bei Sachschaden.

Garage brannte aus

Der nächste Brand hat eine ganz andere Dimension: Am 30. November 2012 betrat ein Unbekannter die nicht verschlossene Sammelgarage des Mehrfamilienhauses an der Kosthausstrasse 8. Er legte einen Brand, in dem er einen Reifenstapel in Brand steckte. Mit einem zur Lunte gedrehten Papierhandtuch. Der Brand griff rasch auf parkierte Fahrzeuge über: 15 Autos, 6 Motorräder, Mofas und Velos wurden zerstört. Die Schadensumme belief sich auf 223’000 Franken.

Der letzte mysteriöse Vorfall geschah am 2. Dezember 2012 gegen zwei Uhr nachts in der Tiefgarage der Migros Hofmatt. Der Brandstifter hatte in einem durch einen Maschendrahtverschlag gesicherten Abfalllager «gezeuselt». Mit einem Feuerzeug oder auf ähnliche Weise zündete er durch den Zaun hindurch leicht brennbare Gegenstände an, die Container brannten lichterloh, ein Auto wurde beschädigt. Dank frühzeitiger Entdeckung blieb es bei 2’600 Franken Sachschaden.

Von vier Bränden freigesprochen

Für alle Brandstiftungen wird derselbe Täter verantwortlich gemacht. Er wurde im Dezember 2012 verhaftet und sitzt seither in Untersuchungshaft im Grosshof. Da der 39-jährige Deutsche alle Taten leugnet, musste man ihm die Schuld nachweisen, was nur teilweise eindeutig gelang. Nach dem Grundsatz «Im Zweifel für den Angeklagten» sprach ihn das Gericht nun von vier Brandstiftungen frei. Die Behörden gehen jedoch laut dem Urteil davon aus, dass er für alle Feuer verantwortlich ist.

Für das Feuer am St. Niklausenweg sowie die Garagenbrände am Kosthausweg und in der Migros konnten die Behörden dem Mann eindeutig nachweisen, dass er es war. Bei der Migros-Tiefgarage sind Videokameras installiert. Da er immer die gleiche auffällige weisse Jacke mit dem Schriftzug «Paintart» am Rücken trug, konnte er leicht identifiziert werden. Zudem war er die einzige Person. Eine weitere Rolle bei der Überführung spielten die WIFI-Verbindungen seines Mobiltelefons.

Motiv «emotionale Erleichterung»

Das Feuer in der Migros-Tiefgarage legte der Brandstifter wahrscheinlich, um sich «emotionale Erleichterung zu verschaffen», schreibt das Gericht. Eine Freundin, die in der Nähe der Migros wohnte, hatte ihn in jener Nacht abblitzen lassen. Daraufhin nahm er die Dienste einer Prostituierten im Ibach in Anspruch. In derselben Nacht stürzte sich der Mann, nachdem er eine Abschieds-SMS geschrieben hatte, von der Ibachbrücke in die Reuss. Die Fallhöhe betrug rund 15 Meter, die Wassertemperatur 2,7 Grad. Passanten hatten zuvor gemeldet, dass ein Mann mit auffälliger weisser Jacke auf dem Geländer sässe und von dort in den Fluss gesprungen sei. Er konnte sich aus eigener Kraft retten und der Rettungsdienst fand ihn auf der Ibachtreppe. Gegenüber den Sanitätern sagte der Mann, er sei ausgerutscht und leugnete seine Suizidabsichten. Ausser Prellungen und einer Unterkühlung verletzte er sich nicht weiter. Er wurde damals dennoch aufgrund seiner schlechten psychischen Verfassung in die Klinik St. Urban eingewiesen.

Nur vermindert schuldfähig

Der Maler und Handwerker, der kurz vor dem letzten Vorfall seinen Job verloren hatte, berief sich bei den Ermittlungen zu den Bränden auf Erinnerungslücken und verstrickte sich in Widersprüche bei Aussagen zu seinen Aufenthaltsorten während der Tatzeiten. Laut dem Urteil litt der Mann zur Tatzeit unter seiner Alkoholabhängigkeit und weiteren psychischen Störungen. Er führe ein Doppelleben und habe «keinen Zugang zu seinen Defiziten».
Er ist laut einem forensisch-psychiatrischen Gutachten nur vermindert schuldfähig. Die Verteidigung hat das Gutachten in Zweifel gezogen, weil der Gutachter davon ausgegangen sei, dass der Klient schuldig sei. Das Kriminalgericht schreibt dazu, der Gutachter habe die Arbeitshypothese der Täterschaft des Beschuldigten offengelegt und «keineswegs versucht den Mann zu überführen».

Urteil noch nicht rechtskräftig

Der Beschuldigte muss nun hinter Gitter. Das Kriminalgericht Luzern verurteilt ihn bei Annahme einer verminderten Schuldfähigkeit zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Hinzu kommen Zivilforderungen in der Höhe von rund 56’100 Franken Schadenersatz sowie Verfahrenskosten von 18’000 Franken. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung hat Berufung eingelegt. Eine Massnahme wurde ausgeschlossen, da die Motivation beim Beschuldigten nicht vorhanden sei.

Kriens war nicht der erste mutmassliche Tatort des Brandstifters. In Lenk (BE), wo er früher wohnte, ebenso in Deutschland, liefen bereits Strafuntersuchungen. Sie wurden jedoch später eingestellt. Das Luzerner Gericht kann sich deshalb nicht darauf berufen, er gilt als unschuldig.

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