Was das Co-Präsidium erreichen will

Fertig Arbeitsgruppe: Nun wird die JGLP in Zug als Partei gegründet

Klemens Iten und Tabea Estermann werden ab 11. Mai die Zuger JGLP anführen.

(Bild: sib)

Bislang existierte im Kanton Zug die JGLP erst als Arbeitsgruppe. Am 11. Mai wird die Jungpartei offiziell gegründet. Klemens Iten und Tabea Estermann werden als Co-Präsidenten amten. Im Interview spricht das Duo über innere Konflikte, Fliegen zu Dumpingpreisen und Autostopp von China in die Schweiz.

Längst gehört es zum guten Ton einer Partei, eine Jungpartei unter seinen Fittichen zu haben – auch auf kantonaler Ebene. In Zug haben sich Juso, Junge Alternative oder Jungfreisinnige durch pointierte Aussagen und teils gewagte Forderungen einen Namen gemacht.

Eine Jungpartei suchte man bislang vergebens auf der Zuger Politlandkarte: diejenige der GLP. Denn bislang existierten die jungen Grünliberalen gar noch nicht als Verein, sondern erst als Arbeitsgruppe, als eine Art Netzwerk ohne Vorstand.

Am 11. Mai erfolgt nun die offizielle Gründung der JGLP Kanton Zug mit 15 bis 16 Leuten. Als Co-Präsidenten werden Klemens Iten (20) und Tabea Zimmermann (26) amten. Im Interview verraten sie, weshalb es die Partei in Zug braucht und was sie erreichen wollen.

zentralplus: Klemens Iten und Tabea Estermann, wie habt Ihr zur GLP gefunden?

Klemens Iten: Ich war schon immer an Politik interessiert. In der Kanti haben wir einen Smartspider erstellt. Da sah ich das erste Mal, dass ich der GLP nahe bin. Bis dahin kannte ich die Partei nicht wirklich. Ich behielt das im Hinterkopf, bis ich vor eineinhalb Jahren Bekannte antraf, die in Unterägeri eine GLP-Ortspartei und in Zug eine JGLP-Kantonalsektion auf die Beine stellen wollten, und ich zusagte.

Tabea Estermann: Ich war ebenfalls immer politisch interessiert. Als die Masseneinwanderungsinitiative angenommen wurde, weilte ich gerade im Ausland. Ich konnte es kaum glauben. Die Schweiz muss doch fortschrittlich sein! Ich zog dann aus beruflichen Gründen nach Zug und dachte, es wäre cool, politisch etwas zu machen. Ich habe mir dann überlegt, welche Partei progressiv ist, denn ich glaube, die Schweiz darf nicht zu konservativ werden. Die einzige Partei, welche ich sowohl in Bezug auf Wirtschaftsthemen als auch aus ökologischer, gesellschaftlicher und EU-Sicht als zukunftsorientiert wahrgenommen habe, war die GLP.

zentralplus: Seit wann seid Ihr GLP-Mitglied?

Iten: Ich bin seit eineinhalb Jahren dabei.

Estermann: Ich bin erst im Januar beigetreten.

«Wieso kann nicht eine Partei sagen, sie nimmt sich diesem Konflikt an?»

Tabea Estermann, Co-Präsidentin JGLP Zug

zentralplus: Warum braucht es die GLP in Zug?

Iten: Der Kanton Zug ist insofern speziell, als dass es hier im Vergleich zu anderen Kantonen sehr wenige Parteien gibt. In Zürich beispielsweise ist es im Kantonsrat deutlich fragmentierter. Hier in Zug sind die grossen Parteien viel gesetzter. Die CVP politisiert mit ihrem jetzigen Personal deutlich auf einer konservativen Linie. Die FDP politisiert sehr klar bürgerlich, mit der SVP rechts davon. Auf der anderen Seite sind auch die ALG und SP gesetzt. Für die Mitte-Politik gibt es zwar die FDP und CVP. Und trotzdem …

Estermann: … gibt es eine Lücke. Zug ist ein absoluter Wirtschaftskanton. Die FDP beispielsweise würde sich wohl gegen zukunftsorientierte Massnahmen stellen, sollten diese Nachteile für Firmen im Kanton mit sich bringen.

zentralplus: Aber ist die GLP denn keine Wirtschaftspartei?

Estermann: Doch, schon. Es gilt jedoch nicht das Credo Wirtschaft um jeden Preis. Beispielsweise was den Steuerwettbewerb anbelangt. Für Zug lohnt sich dies bestimmt, denn er ist ein sehr reicher Kanton. Doch ist das auch gut für die Gesellschaft? Denn dadurch geht an anderen Orten Steuersubstrat verloren. Zudem ist es nicht so, dass immer gilt, je weniger Steuern, desto besser. Die Mehrwertabgabe beispielsweise ist für mich die beste Steuer, die es gibt, da sie fair ist. (Red.: Gewinnt ein Grundstück wegen einer Ein- oder Umzonung an Wert, muss der Eigentümer eine Abgabe an die öffentliche Hand leisten.)

«Wir können den Menschen nicht verbieten, an einen bestimmten Ort zu reisen.»

Tabea Estermann

zentralplus: Funktioniert die Tiefsteuer-Strategie im Kanton Zug? Vor einigen Wochen hatten wir den Fall des Pharmaunternehmens Takeda, welches von Zug nach Zürich zieht. 500 Jobs gehen im Kanton verloren (zentralplus berichtete). Wie ist so etwas trotz angeblich erfolgreicher Steuerstrategie zu erklären?

Estermann: Das hängt von der Firma ab. Ich arbeite als Wirtschaftsprüferin und viele meiner Kunden sind auch wegen den Steuern hier in Zug. Und ja, einige werden irgendwann auch wieder wegziehen. Doch Steuerwettbewerb muss sein. Für eine Balance soll der Finanzausgleich sorgen. Ich finde es deswegen auch absolut fair, dass der Kanton Zug etwas abgeben muss. Denn er nimmt ja anderen Kanton Firmen und damit Steuersubstrat weg.

zentralplus: Bei der GLP hat man ja immer noch dieses diffuse Fragezeichen, wie Wirtschaftsliberalität und Umweltschutz Hand in Hand einhergehen können. Für Euch unverständlich?

Estermann: Das sagen immer alle. Ich verstehe jedoch nicht, weshalb. Uns geht es gut. Wir sind gut ausgebildet, sind wirtschafts- und gesellschaftsliberal. Und wir haben aber auch ein ökologisches Bewusstsein. Ich glaube, wir alle kämpfen mit diesem inneren Konflikt: Wir mögen den Wohlstand – doch gleichzeitig wollen wir auch den Planeten schonen. Wieso kann denn nicht eine Partei sagen, sie nimmt sich diesem Konflikt an? Denn es ist zu einfach zu sagen, wir positionieren uns nur auf der einen oder anderen Seite. Wir wollen als Partei eine gute Balance finden und differenziert politisieren.

«Für mich ist es nicht realistisch, eine Listenverbindung mit der FDP einzugehen.»

Klemens Iten, Co-Präsident JGLP Zug

Iten: Wenn uns jemand dieses diffuse Bild vorwirft – fair enough. Ich glaube, dies ist jedoch auch eine Eigenschaft der Mitteparteien. Dort sind die Meinungen breiter gefächert. Bei Polparteien wird meist geschlossener politisiert. Der GLP wird vorgeworfen, sie sei eine Widerspruchspartei. Doch den Leuten muss bewusst werden, dass Wirtschaft und Umweltschutz Hand in Hand gehen müssen. Man darf nicht wirtschaften, ohne auf die Umwelt zu schauen. Denn alles andere ist nicht nachhaltig. Auf der anderen Seite muss den Umweltschützern auch klar sein, dass man nicht die Umwelt schützen kann, ohne die Wirtschaft an Bord zu haben.

zentralplus: Frau Estermann, Sie reisen sehr regelmässig, besuchten bereits rund 20 Länder. Unter anderem haben Sie auch ein Austauschjahr als Studentin in China gemacht. Wie gehen diese Reisen mit dem Programm Ihrer Partei, wo umweltpolitisches Engagement grossgeschrieben wird, einher?

Estermann: Von China bin ich per Autostopp zurück in die Schweiz gereist – jedoch nicht nur aus ökologischen Gründen. Es war auch aus Interesse. Was die Ökologie anbelangt: Ich bin mir bewusst, dass mein ökologischer Fussabdruck relativ gross ist. Das ist jedoch der liberale Aspekt daran: Es ist meine Wahl, dorthin zu reisen. Wir können den Menschen nicht verbieten, an einen bestimmten Ort zu reisen. Ich glaube, wir sollten den Menschen die Wahl lassen. Allerdings muss man sie dazu zwingen, den fairen Preis dafür zu zahlen. Fliegen finde ich nicht per se schlimm. Jedoch ist es bedenklich, wenn man dies zu Dumpingpreisen tun kann.

Iten: Wir setzen uns für eine Flugticket-Abgabe und eine vernünftige Mineralölsteuer ein – eben weil man die Leute nicht zwingen kann, nicht zu fliegen.

Tabea Estermann im russischen Omsk mit der Statue eines lokalen Künstlers.

Tabea Estermann im russischen Omsk mit der Statue eines lokalen Künstlers.

(Bild: Tabea Estermann)

zentralplus: Man hat zuletzt bei den Wahlen in Zürich und Luzern gesehen, dass man mit grüner Politik aktuell punkten kann. Glauben Sie, dass dies im Hinblick auf die Nationalratswahlen im Oktober auch auf Zug überschwappen kann?

Estermann: Mit nur drei Sitzen ist es sowieso sehr schwierig, einen zu ergattern …

Iten: … und für die GLP umso mehr. Die Frage ist, ob von grüner oder linker Seite einer der drei Sitze erobert werden kann. Es ist durchaus möglich, dass einer der drei Sitze wackelt – vor allem derjenige der FDP. Umso mehr, wenn sie keinen Partner für eine Listenverbindung finden sollten. Auch der Sitz der SVP ist nicht im Trockenen.

«Würde das Planungs- und Baugesetz abgelehnt und zurück in den Kantonsrat gehen – bei der Neuverhandlung würde nichts Besseres herauskommen.»

Klemens Iten

zentralplus: Mit wem sollte Eurer Meinung nach die GLP in Zug eine Listenverbindung für die Nationalratswahlen eingehen?

Iten: Es ist tatsächlich so, dass im Kanton Zug alle auf die Grünliberalen schauen. Wir müssen uns da noch etwas bedeckt halten. Für mich ist es jedoch nicht realistisch, eine Listenverbindung mit der FDP einzugehen.

Estermann: Die GLP ist natürlich auch etwas ein gebranntes Kind, wenn man bedenkt, wie es vor vier Jahren lief, als wir uns mit der FDP zusammengetan haben, jedoch von ihrer Politik in Bern enttäuscht wurden (zentralplus berichtete).

zentralplus: Wie steht Ihr zur Abstimmung am 19. Mai bezüglich Planungs- und Baugesetz?

Iten: Es war auch innerhalb der GLP eine zähe Diskussion. Ich tendiere zu einem Ja. Es ist ein guter Kompromiss. Hauptstreitpunkt ist ja die Mehrwertabgabe – und mehr als 20 Prozent sind da bei diesen politischen Zusammensetzungen im Zuger Kantonsrat nicht realistisch. Würde es abgelehnt und zurück in den Kantonsrat gehen – bei der Neuverhandlung würde nichts Besseres herauskommen.

Estermann: Ich wäre für eine höhere Abgabe. Aber einen besseren Kompromiss werden wir wohl nicht hinbekommen. Deswegen werde ich auch Ja stimmen. Stichwort Verdichtung: Von mir aus könnten hier überall Hochhäuser stehen. Dann könnte man auch mehr Grünflächen lassen. Doch bei jedem höheren Bau hagelt es gleich Einsprachen. Es ist merkwürdig: Diese Angst vor dem Verdichten, obwohl gleichzeitig alle sagen, wie sehr sie es begrüssen.

Klemens Iten wurde schon früh politisch sensibilisiert.

Klemens Iten wurde schon früh politisch sensibilisiert.

(Bild: sib)

zentralplus: Wie sieht es bezüglich Euren persönlichen politischen Ambitionen aus? Herr Iten, Sie haben im vergangenen Herbst ja bereits für den Kantonsrat kandidiert.

Iten: Ich bin sicherlich offen, was eine politische Karriere anbelangt. Mich interessieren der politische Prozess und die politische Arbeit sehr – der Weg von der Idee zu einem Gesetz. In den Kantonsrat würde ich sofort gehen. Aber das muss man Schritt für Schritt nehmen – und schauen, wie es in drei Jahren aussieht.

Estermann: Für die Nationalratswahlen werden wir eine junge Liste mit drei Kandidaten aufstellen. Auf dieser Liste wird auch Klemens [Iten] sein. Ich bin noch nicht sicher, wie gut ich geeignet bin für die Politik, denn ich bin manchmal vielleicht etwas zu ungeduldig und zu wenig diplomatisch (lacht). Bei mir muss es vorwärtsgehen. Ich habe keine spezifischen Ambitionen und Ziele. Wenn ich den Weg weiterverfolge, würde ich es aber schon gerne bis in den Nationalrat schaffen.

Iten: Wobei es als Grünliberaler im Kanton Zug natürlich sehr schwierig ist. Wenn man politisch Karriere machen will …

Estermann: … hätte ich in die FDP gehen müssen …

Iten: … und ich als Unterägerer in die CVP.

Zu den Personen

Klemens Iten ist in Cham geboren und wuchs in Unterägeri auf, wo er heute noch wohnt. Der 20-Jährige stammt aus einer politischen Familie. Unter anderem ist sein Vater CVP-Mitglied und war in Unterägeri in der Finanzkommission sowie Präsident der Rechnungsprüfungskommission. Iten besuchte die Kantonsschule Zug und studiert seit 2018 an der ETH Zürich Maschinenbau.

Tabea Estermann wuchs im luzernischen Ruswil auf. Sie absolvierte in Luzern die Berufslehre als Kauffrau mit Berufsmatura. Während des BWL-Studiums an der Fachhochschule Genf reiste die 26-Jährige 2015 nach China. Dort studierte sie für ein Jahr an einer Pekinger Universität und war Assistentin eines Rohstoffhandel-Professors. Weiter arbeitete Estermann unter anderem im tschechischen Brünn und Genf. Heute arbeitet sie als Wirtschaftsprüferin in Zug, wo sie auch wohnt.

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1 Kommentar
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    Frapedi, 04.05.2019, 17:49 Uhr

    «Wieso kann denn nicht eine Partei sagen, sie nimmt sich diesem Konflikt an?» Ja, der Dativ ist dem Genitiv sein Tod – wenn schon, dann nimmt man sich eines Konfliktes an, jedenfalls als «Sprachnazi»……

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