Luzerner brauchen mehr Effizienz vor beiden Toren

FCL-Trainer Celestini: «Wir sehen nun, wie Carbonell mit dem Druck umgeht»

FCL-Trainer Fabio Celestini will mit seinem Team in den vier Spielen bis zur Winterpause jene Punkte gutmachen, die zuvor hergeschenkt worden sind. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Der FC Luzern spielte gut, aber nicht gut genug für einen weiteren Punktezuwachs gegen YB. Nicht zuletzt wegen Alex Carbonells Fehlern. Cheftrainer Fabio Celestini redet über seinen Wunschspieler, einen neuen Vertrag und das derzeit grösste Manko im Spiel seines Teams.

Drei Gegentore in verheerenden neun Spielminuten machten den guten Eindruck zunichte, den der FCL im letzten Ernstkampf gegen Meister und Tabellenführer YB hinterliess (zentralplus berichtete). Mit minimalem Aufwand holte sich der Gegner drei Punkte.

Was macht das mit der Psyche eines Teams, das nach wie vor in einem Findungs- und Stabilisierungsprozess steckt? Und wie plant Fabio Celestini, eine der treibenden Kräfte hinter der Transformation des FC Luzern, seine berufliche Zukunft? Wir haben mit dem 45-jährigen Romand darüber geredet.

zentralplus: Fabio Celestini, Sie taten sich unmittelbar nach dem 2:3 gegen Meister und Leader YB schwer, die Leistung der eigenen Mannschaft in ihrer Gefühlswelt passend einzuordnen. Wie sieht Ihr Fazit mit ein paar Tagen Distanz aus?

Fabio Celestini: In diesem Match widerspiegelten sich unsere neun vorangegangenen Meisterschaftsspiele. Was die Mannschaft auf den Platz gebracht hat, war eine deutliche Steigerung zu unserer Leistung im ersten Saisonduell gegen YB. Aber einfach zu glauben, wir hätten alles gut gemacht, wäre eine sehr gefährliche Einstellung. Dabei braucht man bloss an die Art und Weise zu denken, wie wir die Gegentore bekommen haben. Wir dürfen nicht zu positiv, aber auch nicht zu negativ sein.

zentralplus: Wie sieht Ihrer Ansicht nach also der richtige Fokus aus?

Celestini: Wir brauchen mehr Effizienz vor dem eigenen und dem gegnerischen Tor. In allen anderen Bereichen macht die Mannschaft einen guten Eindruck. Dieses Gefühl mit dem FCL, gegen einen Ligadominator wie früher Basel oder nun YB gewinnen zu können, hatte ich mit meinen früheren Arbeitgebern Lausanne und Lugano nie in diesem ausgeprägten Mass. Das ist einerseits grossartig, andererseits aber auch umso enttäuschender, wenn es nicht zu einem Punktgewinn reicht. Für mich ist die Effizienz derzeit das entscheidende Stichwort in unserem Spiel.

«Ich habe den Spielern am Sonntagabend gesagt, sie sollen nicht einfach mit einem positiven Gefühl nach Hause gehen.»

zentralplus: Mit mehr Effizienz vor beiden Toren hätte es dem FCL auch ohne Beistand des Fussballgottes zu einem oder gar drei Punkten reichen müssen.

Celestini: Aus diesem Grund habe ich am Sonntagabend den Spielern gesagt, sie sollen nicht einfach mit einem positiven Gefühl nach Hause gehen. Unsere Vorstellung war nicht gut genug, weil wir uns nicht mit mindestens einem Punkt belohnt haben. Aber unsere Entwicklung geht in die richtige Richtung. Wir haben die Instrumente, die Mentalität und die Ambition, um selbst YB zu schlagen. Wir müssen aber für eine bessere Balance in unserem Spiel sorgen: Wir haben 16 Tore in zehn Spielen geschossen, aber auch deren 18 bekommen.

zentralplus: Das nächste Spiel am Samstagabend in Sion wird für ihre Mannschaft wieder zu einem wegweisenden.

Celestini: Wir sind uns der Bedeutung dieses Spiels bewusst, aber wissen Sie: Wenn wir gewinnen, haben wir uns nicht schon für die Europa League qualifiziert. Und wenn wir verlieren, sind wir auch nicht gleich abgestiegen. Weil noch 25 weitere Meisterschaftsspiele ausstehen werden. Aber wir wollen uns in den nächsten vier Spielen innerhalb von zehn Tagen jene Punkte zurückholen, die wir bis anhin der Konkurrenz gegeben haben. Darum will ich die gleiche Mentalität, eine hohe Effizienz und eine noch etwas bessere Leistung von meinem Team sehen.

zentralplus: Haben Sie eine Erklärung dafür, wieso ein so feiner Fussballer wie Alex Carbonell derzeit so schlecht spielt?

Celestini: Alex Carbonell spielte in Spanien und den Niederlanden, aber dort ist die Spielphilosophie eine andere als bei uns. In seiner Rolle beim FC Luzern muss er unentwegt Verantwortung übernehmen – in der Vorwärts- als auch in der Rückwärtsbewegung. Er ist eine Schaltzentrale in unserem Spiel, und ich glaube, dass er sich derzeit zu viel Druck aufsetzt, weil er es gut machen will.

«Alex Carbonell muss künftig mit mehr Persönlichkeit agieren.»

zentralplus: Aber so, wie Alex Carbonell jetzt spielt, ist er ein Risiko für die Balance in Ihrem Team?

Celestini: Gegen YB hat er viele Fehler gemacht. Das weiss er, weil ich mit ihm in letzter Zeit viel geredet habe. Er muss künftig mit mehr Persönlichkeit agieren. Aber Alex Carbonell ist erst 23 und hat eine hervorragende Ausbildung als Fussballer. Er geniesst unser Vertrauen und braucht nun etwas Zeit, um sich in seine neue Rolle zu finden.

zentralplus: Interpretiert Alex Carbonell seine Rolle im defensiven Mittelfeld nicht zu vorsichtig? Manchmal agiert er fast wie ein dritter Innenverteidiger.

Celestini: Man muss dazu sagen, dass er für die defensive Balance zuständig ist, wenn einer der Innenverteidiger sich ins Offensivspiel einschaltet. Diese Rolle habe ich in den 15 Jahren meiner Karriere ausgefüllt. Aber Sie haben schon recht: Momentan legt Alex Carbonell seine Rolle zu defensiv aus, weil er eine einfache und ruhige Lösung sucht. Das ist ein Zeichen dafür, dass bei ihm das Vertrauen nicht bei 100 Prozent ist. Sein Job ist es, eine etwas offensivere Rolle einzunehmen, um mit seinem Passspiel die gegnerischen Linien durchbrechen zu können.

zentralplus: Seine mentale Standfestigkeit und nicht sein Können wird also darüber entscheiden, ob er die erhoffte Verstärkung für den FCL sein kann?

Celestini: Er muss jetzt seine Persönlichkeit zeigen und mit dem Druck umgehen können. Und ich werde ihn mit all meiner Energie auf diesem Weg unterstützen.

zentralplus: Jetzt gibt es als Cheftrainer im Umgang mit einem Spieler, der seine Form sucht, zwei Möglichkeiten: Entweder man schenkt ihm Vertrauen und belässt ihn in der Startformation. Oder man gibt ihm eine Denkpause.

Celestini: Stimmt. Beides kann funktionieren.

zentralplus: Und für welche Option haben Sie sich entschieden?

Celestini: Ich habe meine Entscheidung getroffen, und wie sie aussieht, werden Sie am Samstagabend in Sion sehen.

«Wir haben noch immer den einen oder anderen Spieler im Team, der mehr Verantwortung übernehmen und das Spiel besser lesen könnte.»

zentralplus: Vermissen Sie bisweilen auch noch etwas mehr Leadership in den Reihen der Luzerner?

Celestini: Im Bereich von Persönlichkeit und Führungsqualität muss bei uns mehr kommen als bisher schon. Wir haben noch immer den einen oder anderen Spieler im Team, der mehr Verantwortung übernehmen und das Spiel besser lesen könnte. Ich rede hier von kleinen Entscheidungen auf dem Platz, die in wenigen Augenblicken gefällt werden müssen.

zentralplus: Zum Glück sind die eher defensiv ausgerichteten Marvin Schulz und Martin Frydek dazu in der Lage, das Team mit ihren Leistungen tragen zu können.

Celestini: Was Marvin Schulz leistet, ist unglaublich. Er kann so viele verschiedene Positionen spielen und sucht nie nach einer Entschuldigung. Er ist unser Mann für alle möglichen Probleme, weil er es nicht nur defensiv, sondern auch offensiv drauf hat. Mit noch höherer Konzentration wird es Marvin Schulz gelingen, kaum mehr Bälle zu verlieren. Martin Frydek ist mit seiner Beidfüssigkeit ein belebendes Element für uns. Er sollte sich zutrauen, noch mehr mit seinen Teamkollegen zu kommunizieren.

zentralplus: Ihr Vertrag läuft im nächsten Juni aus. Wie sieht es aktuell aus mit einer Verlängerung der Zusammenarbeit?

Celestini: Sie wissen, dass ich meine ganze Energie in den Aufbau dieser neuen Mannschaft stecke. Darum ist jetzt nicht die Zeit, um Verhandlungen zwischen dem Klub und mir zu führen. Und deswegen will ich jetzt auch keine Sitzungen abhalten müssen. Wir haben vier Spiele in den nächsten zehn Tagen, darauf liegt mein Fokus.

zentralplus: Aber irgendwann wollen Sie sicher Klarheit schaffen betreffend beruflicher Zukunft. Die Winterpause bietet Zeit für Vertragsverhandlungen.

Celestini: Ja, das könnte eine gute Zeit sein.

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