Missglückte Strafaktion gegen FCL-Fans

FCL-Extrazüge: SBB lenken ein

Friedlicher FCL-Fanmarsch vor dem Cupspiel am 19. September in Neuenburg (Bild: Dominik Stegemann). (Bild: Dominik Stegemann)

Normalerweise reisen die FCL-Fans per Extrazug an Auswärtsspiele. Was aber, wenn dieser wegen unschöner Zwischenfälle wie gegen Neuenburg gestrichen wird? Laut FCL-Anhängern funktionierte das beim letzten Cupspiel hervorragend. Inklusive der Schadenfreude über einen missglückten Einsatz der SBB Transportpolizei. Doch das soll ein Einzelfall bleiben – dazu wollen auch die Fans beitragen.

Rückblick: Am 19. September gelang dem FC Luzern mit einem 4:2-Auswärtssieg gegen Xamax Neuenburg der Einzug in den Cup-Achtelfinal. Mit dabei rund 400 Fans, die den FCL in der Ferne unterstützten. Eigentlich Fussballromantik pur: Ein Cupfight mit positivem Ausgang gegen den zwischenzeitlich in Schieflage geratenen Traditionsklub aus Neuenburg. Wäre da nicht der gestrichene Extrazug und das Tamtam, welches die Transportpolizei an diesem Sonntagnachmittag in Luzern veranstaltete.

Was war geschehen? Die Neuenburger Regierung hatte beschlossen, den Extrazug der FCL-Fans zu streichen. Ein Novum in neuerer Zeit bei einer Anreise in eine grössere Stadt. Die USL als treibende Kraft hinter der FCL-Kurve vermutet dahinter allerdings ein abgekartetes Spiel, wie sie in ihrem Mitteilungsblatt Stelzbock schreibt. Dahinter habe ein Anraten der SBB gesteckt, welche die Fans aufgrund von gewalttätigen Zwischenfällen in FCL-Fanzügen mit einer Kollektivstrafe belegen wollte. Deshalb hätten 25 Bahnpolizisten in Kampfmontur an besagtem Sonntag in Luzern auf die FCL-Fans gewartet, um alle persönlich erfassen zu können. Der Bahnhof Luzern wurde teils gesperrt, was bei Passanten und Touristen für grosse Verwirrung sorgte, denn von Fussballverrückten war kaum etwas zu sehen. Ein grosser Teil der Supporter reiste nämlich viel früher nach Neuenburg und genoss bei Bier und bestem Wetter die Zeit am Neuenburgersee – unbewacht und friedlich. Im Stelzbock feiern die Fans das Schnippchen ausgiebig.

«Äxtrazög verbiete – ned met üs ehr Niete.» Bereits im Stadion in Neuenburg zeigten die FCL-Fans ihre Schadenfreude über den Missglückten Einsatz der Bahnpolizei (Bild: Dominik Stegemann).

«Äxtrazög verbiete – ned met üs ehr Niete.» Bereits im Stadion in Neuenburg zeigten die FCL-Fans ihre Schadenfreude über den Missglückten Einsatz der Bahnpolizei (Bild: Dominik Stegemann).

Grundsätzlich positive Zusammenarbeit

Reto Schärli, SBB Mediensprecher

Reto Schärli, SBB Mediensprecher

Das alles macht den Eindruck eines zerrütteten Verhältnisses zwischen SBB und FCL-Fans. SBB Mediensprecher Reto Schärli widerspricht zunächst: «Die Zusammenarbeit funktioniert grundsätzlich gut, und der gegenseitige Respekt ist vorhanden.» Allerdings weist er auf Zwischenfälle in der Vergangenheit hin: «Getrübt wurde dieses Bild leider durch Vorfälle, bei denen Mitarbeiter der Transportpolizei angegriffen oder sogar verletzt worden waren.» In der Tat gab es etwa einen Flaschenwurf durch einen FCL-Fan auf eine Passantin in Lugano oder den Übergriff auf drei Transportpolizisten auf der Heimfahrt eines Ausswärtsspieles in St. Gallen (zentral+ berichtete). Solche Vorfälle sind unschön, rühmte doch auch die Fanarbeit Schweiz in ihrem Jahresbericht 2015, der sich um die Extrafahrten drehte, den FCL explizit als Verein, wo sich die Situation stark verbessert habe.

Wie geht es nun weiter? Am 17. Oktober spielt der FCL in Zürich gegen die Grasshoppers. Gemäss Stelzbock wird die USL «zu gegebener Zeit über unsere Kanäle informieren», wie es mit der Anreise aussieht. Dass die FCL-Fans das Manöver des Neuenburg-Spiels wiederholen, wird im Schreiben also offen gelassen. Obwohl Schärli die Sicht der SBB klar festhält: «Unser Ziel bleibt es, dass Fussballfans wenn immer möglich in Extrazügen reisen können.» Er spricht denn auch von einem Ausnahmefall in Neuenburg. «In der Regel bietet die SBB den Fans von Super-League-Clubs Extrazüge an, sofern im Vorfeld genügend Fans ihr Interesse bekunden. Die Fanklubs kommen jeweils auf die SBB zu und melden, wie viele Fans an einen Auswärtsmatch reisen wollen.» Dies hat auch für die Fans Vorteile, denn die Reise im Extrazug kostet nur rund die Hälfte und verläuft in rund 80 Prozent der Fälle reibungslos (siehe Grafik).

«Getrübt wurde dieses Bild leider durch Vorfälle, bei denen Mitarbeiter der Transportpolizei angegriffen oder sogar verletzt worden waren.»

Reto Schärli, SBB Mediensprecher

Christian Wandeler von der Fanarbeit Luzern stellt klar, dass mittlerweile die Anreise ans Spiel in Zürich geregelt ist: Es fährt ein Extrazug. «Die Extrazüge sind mittlerweile Teil der Fankultur geworden und wir sind sehr daran interessiert, auch weiterhin in Extrazügen anzureisen.» Weiter sagt Wandeler, dass sich die Fanarbeit in ständigen Gesprächen mit der SBB und den Fans befinde und an stetigen Verbesserungen interessiert sei. «Es ist unser Ziel, die Zahl der Fahrten mit Zwischenfällen zu minimieren.» Dazu würden die Extrazüge einen Beitrag leisten, denn die Arbeit des Sicherheitspersonals im Zug, der gastgebenden Stadt und dem Stadion werde vereinfacht, wenn die Fans gebündelt anreisen, so Wandeler.

Friedlicher FCL-Fanmarsch vor dem Cupspiel am 19. September in Neuenburg (Bild: Dominik Stegemann).

Friedlicher FCL-Fanmarsch vor dem Cupspiel am 19. September in Neuenburg (Bild: Dominik Stegemann).

USL will zur Verbesserung der Situation beitragen

Der SBB Transportpolizei bleibt die Häme der FCL-Fans über ihren wirkungslosen Einsatz am Bahnhof Luzern. Schärli erklärt die normale Vorgehensweise der Transportpolizei: «Die SBB Transportpolizei nimmt eine Einschätzung der Lage vor und begleitet Fanzüge mit dem nötigen Aufgebot. Die SBB Transportpolizei hat die Aufgabe, für die Sicherheit der Reisenden und Mitarbeitenden zu sorgen.» Die Analyse des Einsatzes in Luzern werde intern durchgeführt. Ein Punkt, den die FCL-Fans weiter ins Spiel bringen, sind die Kosten für die Polizeieinsätze. Dies betrifft aus Luzerner Sicht allerdings nur die Kosten für die Unterstützung durch die Luzerner Polizei, denn wie Schärli festhält, gehen die Kosten für die Transportpolizei zulasten der SBB. Gemäss Schätzungen eines watson-Artikels belaufen sich diese mindestens auf 20’000 Franken.

Die FCL-Fans machen derweil mit Plakaten gegen die Repressionen aufmerksam – nicht nur gegen die SBB: «Ihr könnt mit euren Waffen im Wege stehn, trotzdem werden unsere Fahnen im Stadion wehn», war etwa beim vergangenen Heimspiel gegen den FC Zürich auf einem Transparent zu lesen. Und die USL verspricht im Stelzbock auch gleich selbst, zu einer verbesserten Situation in den Fanzügen beizutragen. «Wir werden uns auch in Zukunft – und wieder vermehrt – darum bemühen, dass Wurfgeschosse in Extrazügen der Vergangenheit angehören.» Auf schriftliche Nachfrage wollte diese Ankündigung seitens der USL niemand präzisieren. Derweil der erfolgreiche Streich und missglückte Einsatz der Bahnpolizei mittlerweile auch in deutschen Fanforen gefeiert wird.

Laut einem Bericht der Fanarbeit Schweiz verlaufen die Fanreisen in rund 80 Prozent der Fälle problemlos.

Laut einem Bericht der Fanarbeit Schweiz verlaufen die Fanreisen in rund 80 Prozent der Fälle problemlos.

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