Der frühere Bayern-Profi im Interview

FCL-Abwehrchef Badstuber: «Fussball ist kein Job – Fussball ist Leidenschaft»

Der designierte neue Abwehrchef des FC Luzern ist der auf höchstem Niveau des europäischen Klubfussballs gestählte Titan Holger Badstuber. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Er ist der Königstransfer des FC Luzern und hat den Cupsieger zu einem spannenden Mitstreiter in der am Samstag beginnenden Super-League-Saison werden lassen: Holger Badstuber (32). Wir haben mit dem früheren Bayern-Profi über seinen neuen Trainer Fabio Celestini und sein hohes Anspruchsdenken geredet.

Sein Name elektrisiert im Schweizer Klubfussball: Holger Badstuber ist einmal Champions-League-Sieger, sechsmal deutscher Meister und viermal Pokalsieger mit dem FC Bayern München geworden. Nachdem er beim VfB Stuttgart nach der Aufstiegssaison 2019/2020 in die zweite Mannschaft degradiert wurde, hat der Deutsche vor rund zwei Wochen beim FC Luzern einen Einjahresvertrag bis im Sommer 2022 unterschrieben.

Mit seiner Klasse und Erfahrung verkörpert Badstuber den Abwehrchef, den FCL-Trainer Fabio Celestini gesucht hat. Im Vergleich zur letzten Saison muss der FCL seine Anzahl an Gegentoren deutlich reduzieren. Im Durchschnitt waren es 1,64 pro Match – kein anderes Team kassierte mehr Verlusttreffer. Beim Meisterschaftsstart am Samstag gegen Titelverteidiger YB wird Badstuber im besten Fall auf der Ersatzbank der Luzerner Platz nehmen.

zentralplus: Holger Badstuber, wenn ein Spieler mit Ihrer grossen Karriere an die Luzerner Garderobentür klopft, dann fühlt es sich aus Schweizer Sicht so an, als sei der Fussball-Gott höchstpersönlich in die Super League hinuntergestiegen. Würden Sie diese Einschätzung teilen?

Holger Badstuber: Nein, und das spielt für mich auch keine Rolle. Ich stand an einem Moment in meiner Karriere, an dem es darum ging, einen neuen Abschnitt einzuleiten. Ich hatte gute Gespräche mit den Luzerner Sportverantwortlichen und war bereit für den Schritt ins Ausland. Hier bin ich Teil eines Prozesses, es geht darum, talentierte Spieler in ihrer Entwicklung weiterzubringen. Der Cupsieg des FC Luzern hat einen Titelhunger ausgelöst, und jetzt wollen wir erst recht angreifen. Ich glaube, einiges einbringen zu können, um die Mannschaft voranzubringen.

zentralplus: Aber Sie hätten sich vor wenigen Jahren kaum vorstellen können, mit 32 Jahren beim kleinen FC Luzern zu landen.

Badstuber: Das ist das Fussball-Geschäft, in dem alles rasant abläuft. Da ist es schwierig, eine berufliche Zukunft zu planen. Ich wollte die Bundesliga hinter mir lassen. Ich hatte in Deutschland tolle Erlebnisse gehabt und viele Emotionen reingesteckt.

zentralplus: Aber warum Luzern? Sie müssen doch noch andere Offerten gehabt haben.

«In Luzern gibt es eine klare Vorstellung von erfolgsorientiertem Fussball.»

FCL-Abwehrchef Holger Badstuber

Badstuber: Ich bin ein Gefühlsmensch, und die Gespräche mit den Luzernern haben am besten gepasst. Hier gibt es eine klare Vorstellung von erfolgsorientiertem Fussball, und ich kann mich mit den Aussagen, wie dieses Ziel erreicht werden soll, identifizieren. Fabio Celestini hat einen klaren Plan, und als ehemaliger Profi weiss er, wie Spieler ticken. Das war wichtig für mich.

zentralplus: Welchen Einfluss hatte Christian Gentner, der andere prominente Luzerner Neuzugang aus der Bundesliga, auf Ihren Wechsel?

Badstuber: Ich hatte kurz Kontakt mit Christian Gentner vor dem Vertragsabschluss, und da sagte er mir, dass er mit der sportlichen Leitung über mich geredet habe. Ich kenne ihn schon seit etlichen Jahren und vor allem auf dem Platz sehr gut. Wir können beide viele Werte und Erfahrung aus unserer Karriere in die Mannschaft einbringen. Und uns zudem gegenseitig helfen auf dem Platz. Es ist wichtig als Innenverteidiger, jemanden vor sich im Mittelfeld zu haben, der ganz genau weiss, was er tut.

zentralplus: Sie hatten mit Jupp Heynckes, Pep Guardiola und Carlo Ancelotti schon grosse Trainer bei den Bayern. Würden Sie Fabio Celestini auch eine grosse Karriere zutrauen?

Badstuber: Auf jeden Fall. Mit dem Cupsieg hat Fabio Celestini seinen ersten Titel als Trainer eingefahren. Das hat auch in ihm den Hunger geweckt. Das spürt man darin, dass er jeden Tag alles versucht, um die Spieler besser zu machen. Und er lebt als Trainer dafür, zu gewinnen. Das passt zu mir.

zentralplus: Ihnen eilt der Ruf voraus, sehr hohe Ansprüche an sich selber, Ihre Mitspieler und den Trainer zu haben. Wie zeigt sich das im täglichen Business?

«Weil Spieler, Trainer und Klubleitung in Luzern den Anspruch haben, erfolgreich zu sein, brauche ich ihn nicht mehr zu wecken.»

Badstuber: Als Fussballer bin ich bei den Bayern aufgewachsen. Da ist der Titelgewinn ein Muss, eine Selbstverständlichkeit. Auch, dass alle Teammitglieder an einem Strang ziehen. Diese Mentalität habe ich verinnerlicht. Aber ich musste später lernen, dass bei «kleineren» Klubs diese Erfahrung nicht vorhanden ist. Dieses Wissen darum, was es braucht, um Titel zu gewinnen. Und wie es geht. Bei Stuttgart bekam ich Probleme damit, weil ich gewisse Leute überfordert habe. Dabei setze ich mich selber am meisten unter Druck. Ich musste lernen, bei kleineren Klubs anders vorzugehen.

zentralplus: In Luzern sind Sie im europäischen Klubfussball bei einem ganz kleinen Klub gelandet.

Badstuber: Aber hier ist die Gier nach Erfolg mit dem Cupsieg geweckt worden. Die Spieler wollen weiterkommen und alles tun für den nächsten Schritt in ihrer Karriere. Und weil sie diesen Anspruch selber haben, brauche ich ihn nicht mehr zu wecken (schmunzelt).

zentralplus: Wie ist es Ihnen gelungen, Ihr hohes Anspruchsdenken zu reduzieren?

Badstuber: Ich habe mich zurückgenommen und hatte zuletzt genügend Zeit dafür, um mich in diese Richtung zu entwickeln. Ich kann gewisse Dinge im Leben mittlerweile anders bewerten. Aber ich möchte festhalten, dass es mir immer nur um die Sache ging, um den Fussball. Nie um eine Person. Sondern einzig und allein darum, uns als Team zu verbessern, indem wir Fortschritte in Detailbereichen anstrebten. Um Erfolg zu haben, muss man alles tun und sehr viel investieren. Fussball ist für mich kein Job, sondern Leidenschaft. Diese Einstellung wünsche ich mir in Luzern auch.

zentralplus: Ihre fussballerischen Fähigkeiten sind unbestritten. Was wollen Sie sonst noch in den FCL einbringen?

«Fussball ist Kommunikation.»

Badstuber: Von meiner Position als Innenverteidiger habe ich einen guten Blick aufs ganze Spielfeld. Darum kann ich meine Mitspieler zum Beispiel anweisen, auf den einen Meter zu viel Laufarbeit zu verzichten. Ich bin da, um allen Teamkollegen das Leben auf dem Platz einfacher zu machen. Fussball ist Kommunikation, das habe ich von meinen Lehrmeistern mit auf meinen Weg bekommen.

zentralplus: Wie steht es um Ihren Fitnessstand?

Badstuber: Ich bin erst rund eine Woche in Luzern. Ich habe noch etwas Rückstand. Aber in geraumer Zeit werde ich es auf ein gutes Niveau schaffen.

zentralplus: Was muss eintreffen, damit Sie in einem Jahr sagen können, dass sich Ihr Engagement in Luzern gelohnt hat?

Badstuber: So weit möchte ich nicht vorausschauen. Ich will Leistung erbringen und einen guten Job in Luzern machen. Alles Weitere wird sich dann ergeben.

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