Zwischen Gesundbeten und Realität

Schulz versinnbildlicht den labilen Zustand des FCL

Seine Bedeutung für das sportliche Wohl des FCL war schon grösser als in diesen Tagen und Wochen: Allrounder Marvin Schulz. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Auf einen Allrounder wie Marvin Schulz steht eigentlich jeder Trainer. Weil er fast überall eingesetzt werden kann und darüber hinaus noch torgefährlich ist. Doch der 27-jährige Gladbacher, dessen Vertrag mit dem FC Luzern zum Saisonende ausläuft, ist unter Mario Frick nur noch ein Schatten seiner selbst. Warum?

Im FC Luzern haben sie sich in den letzten Tagen alle Mühe gegeben, die jüngsten beiden 2:2-Unentschieden gegen GC und Lugano als «Charakterleistung» darzustellen. Als Beweis dafür, dass die Moral im Team der abstiegsbedrohten Luzerner stimme.

Das ist zweifellos das gute Recht des Tabellenneunten. Schliesslich geht es darum, die Zuversicht auf den direkten Ligaerhalt am Leben zu erhalten. Sieben Runden vor Schluss und dem Heimspiel am Ostermontag gegen den FC St. Gallen (14.30 Uhr) haben die Luzerner fünf Punkte Rückstand auf Platz 8 und das rettende Ufer.

Eigentlich sind es gar deren 6. Weil die Grasshoppers auf diesem Platz 8 (aktuell minus 4 Tore) das deutlich bessere Torverhältnis aufweisen als die Luzerner (minus 20). Und das Torverhältnis wird als erstes Kriterium zwischen zwei punktgleichen Mannschaften bei der Endabrechnung herbeigezogen.

Die andere, die unangenehme Sicht auf den FCL

Aber es gibt eben auch eine andere, eine unangenehmere Sicht auf die aktuellen sportlichen Leistungen des FCL. Dass das Gerede von Moral bloss eine Floskel sei, weil die Luzerner Startelf bei zwei eminent wichtigen Spielen während des sportlichen Überlebenskampfes nicht parat war und jeweils einen Zweitore-Rückstand aufholen musste.

«Das ist richtig», gibt FCL-Trainer Mario Frick unumwunden zu. «Für uns hätte gegen GC und Lugano mehr drinliegen müssen.»

«Wir waren gegen Lugano und GC spielbestimmend und mussten zunächst zwei Gegentore einstecken.»

FCL-Cheftrainer Mario Frick

Eigenartig mutet allerdings seine Erklärung für den aktuellen Lauf der Dinge beim FCL an. «Wir waren gegen beide Gegner spielbestimmend und mussten zunächst zwei Gegentore einstecken», so Frick.

Mit Verlaub: Gegen Lugano kann man auch zu einer konträren Einschätzung gelangen. Mario Frick selbst zeigte sich damals selbst schwer enttäuscht (zentralplus berichtete). Und gegen GC lag es wegen der Ausgangslage im Kampf gegen den Abstieg am FCL, die Offensive zu suchen. Doch gefährlich wurde er dabei kaum. Stattdessen fing er sich zwei Tore vor der Halbzeit ein (zentralplus berichtete).

Wintertransfers ziehen am FCL-Karren

Sieben Minustore hat der FCL in den letzten drei Spielen kassiert. Die defensive Stabilität im Februar scheint bloss eine löbliche Momentaufnahme gewesen zu sein. Aus aktueller Sicht kein gutes Omen. Im Kampf um den Ligaerhalt hält die besten Karten, wer am wenigsten Tore zulässt.

Was ist los im FCL? Nicht viel, könnte man es überspitzt formulieren. Die Mannschaft bringt zu wenig Mentalität, zu wenig «Grinta», wie es die Italiener formulieren, auf den Platz. Also nicht genug Biss und Durchsetzungsvermögen. Und zwar von Beginn weg. Eine Baustelle, die Mario Frick vor dem GC-Spiel ausgeschildert hat (zentralplus berichtete).

Mit Blick aufs FCL-Kader lässt sich festhalten: Ohne die von Mario Frick mit Sportchef Remo Meyer inszenierten Winterzugänge Asumah Abubakar, Mohamed Dräger und mit Abstrichen Marko Kvasina, die mit Beginn der Rückrunde vorangegangen sind, sähe es aktuell wohl noch unvorteilhafter für den Abstiegskandidaten aus.

Warum ging unter FCL-Trainer Frick kein Ruck durchs Team?

Im Umkehrschluss sei aber auch die Frage erlaubt: Warum ging trotz des Trainerwechsels in der Winterpause nie ein Ruck durch den FCL? Die 13 Punkte in den elf Spielen bei einem Torverhältnis von 14:18 unter Mario Frick taugen nicht dazu, um von einem Entwicklungssprung zu reden.

Nur Ardon Jashari hat sich unter dem neuen FCL-Cheftrainer positiv entwickelt. Dem 19-Jährigen schenkt er konsequent sein Vertrauen. Und das ist trotz dem einem oder andern folgenschweren Fehler richtig so.

«Ja, ich war schon in besserer Verfassung als jetzt.»

FCL-Allrounder Marvin Schulz

Aber von den Spielern, die schon Teil der desaströsen FCL-Vorrunde waren, hat Mario Frick nicht einen weitergebracht. Innenverteidiger Marco Burch ist nach seiner Ernennung zum Captain zwar kurz aufgeblüht. In den letzten drei Spielen fiel er aber mehrheitlich nur noch durch Lamentieren mit dem Schiedsrichter auf. Am Ostermontag ist Marco Burch gesperrt.

FCL: Kann Schulz ein Team prägen und mitreissen?

Auch Filip Ugrinic, der Aufsteiger unter Mario Fricks Vorgänger Fabio Celestini, ist in seiner Entwicklung – um es nett auszudrücken – keinen Schritt vorangekommen. Dabei ist er der wuchtige Mittelfeldspieler mit dem feinen Distanzschuss einer der grössten FCL-Hoffnungsträger auf den Ligaerhalt.

An dieser Stelle kommt spätestens Marvin Schulz ins Spiel. Schnell zu einer festen Grösse geworden, seit der polyvalent einsetzbare Akteur aus Gladbach 2017 zum FCL gestossen ist. Aber mittlerweile ist der wuchtige Deutsche nur noch ein Schatten seiner selbst. Ein Mitläufer in einem Team, das ums sportliche Überleben kämpft. Und so zum Sinnbild des aktuell labilen FCL geworden ist.

Marvin Schulz gibt selber zu: «Ja, ich war schon in besserer Verfassung als jetzt.» Woran das liegt? Er sagt zwar offen, dass das 4-4-2-System seinen Fähigkeiten mehr entgegenkomme als die Raute, die Mario Frick seit seinem Jobantritt präferiert. Aber um sich nicht in Teufels Küche zu bringen, fügt er professionell an: «Der Trainer entscheidet in jedem Fall, wie wir spielen.»

Die entscheidende Frage ist: Kann Marvin Schulz ein Team prägen und mitreissen? Sein Vertrag läuft in diesem Sommer aus. Und Mario Frick hat im Zusammenhang mit der fehlenden Mentalität jüngst angekündigt: «Wir haben unsere Analyse gemacht und werden bei der Zusammenstellung des Teams für nächste Saison ein besonderes Augenmerk auf diesen Aspekt richten.»

Aber zentralplus will nicht grübeln. Und schon gar keine voreiligen Schlüsse ziehen. Noch hat der FC Luzern sieben Meisterschaftsspiele Zeit, um der Geschichte dieser Meisterschaft ein versöhnliches Ende zu verleihen. Im schlechteren Fall halt über die Barrage.

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