Ist die Kritik an Remo Meyer begründet?

Heilandfrisur im Haifischbecken: Bilanz der FCL-Sportchefs

Hat Remo Meyer beim FC Luzern eine Zukunft? Der 3. November wird es zeigen. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

An der ausserordentlichen Generalversammlung des FCL vom 3. November will Bernhard Alpstaeg die komplette sportliche Führung auswechseln. Sportchef Remo Meyer steht in der Kritik. zentralplus hat in den Geschäftszahlen des FCL nach Gründen dafür gesucht – und keine gefunden.

Seit Bernhard Alpstaegs berüchtigtem Interview mit dem «Sonntagsblick» vom 2. Oktober brennt beim FC Luzern der Baum. Der Mehrheitsaktionär und damit Mit-Besitzer des Innerschweizer Fussballclubs sägt bei seinem Rundumschlag an den Stühlen des Sportchefs Remo Meyer und des Präsidenten Stefan Wolf. Alpstaeg will die beiden an der kommenden Generalversammlung vom 3. November rauswerfen und den Verwaltungsrat neu besetzen (zentralplus berichtete).

Die Motive für Alpstaegs Handeln sind bisher nebulös, öffentlich äussert sich der Mehrheitsaktionär des Luzerner Fussballstadions nicht mehr. Klar scheint nur, dass der «Patron», wie sich Alpstaeg gerne selbst bezeichnet, nicht zufrieden ist – vor allem mit der Arbeit des Sportchefs. Angesichts der Zahlen des FCL stellt sich aber die Frage, wieso?

FCL: Grosser Erfolg mit kleinem Budget

Bei der Beurteilung der Arbeit eines Sportchefs ist es wichtig, die Möglichkeiten dessen Fussballclubs ins Verhältnis zum Erfolg zu setzen. Wenn ein Verein wie Union Berlin derzeit mit dem Schweizer Trainer Urs Fischer die Deutsche Bundesliga vor Bayern München anführt, ist diese Leistung ungleich höher einzuschätzen, als wenn Borussia Dortmund vor den Bayern stünde. In der Schweiz zahlen der FC Basel und die Young Boys Bern als Branchenleader für ihr Personal jährlich rund 35 Millionen Franken. Im Vergleich dazu haben Clubs wie St. Gallen oder Luzern einen Personalaufwand von 12 bis 13 Millionen Franken jährlich.

Je kleiner das Budget, desto schwieriger ist es, erfolgreich zu sein. Entsprechend ist es der sportlichen Führung des FCL hoch anzurechnen, wenn sie es Jahr für Jahr schafft, sich mit einem der vergleichsweise tiefsten Budgets von rund 20 Millionen Franken in der höchsten Schweizer Liga zu halten.

Hinzu kommt, dass gemäss Geschäftsberichten des FCL das Budget jedes Mal grossmehrheitlich eingehalten wird – oder sogar Gewinne erzielt werden. Verluste kamen in dieser Zeit einzig deshalb zustande, weil die Pandemie zu Mindereinnahmen führte. Transfers liessen dagegen reichlich Geld in die FCL-Kassen fliessen.

FCL-Sportchefs: mit Heilandsfrisur im Haifischbecken

Einen Sportchef gab es beim FC Luzern lange nicht. Die sportlichen Entscheidungen wurden in Kommissionen gefällt. Heinz Hermann war ab der Saison 2012/13, als Walter Stierli von seinem Präsidentenamt zurücktrat, der erste offizielle Sportchef im neuen Fussballstadion auf der Allmend.

Den Rekordnationalspieler «mit der Heilandsfrisur», wie Alpstaeg einst abschätzig meinte, hielt es nicht lange im Amt. Auf Hermann folgte die nächste Nati-Legende: Alexander Frei – sozusagen direkt vom Fussballfeld – trat er an Krücken seine neue Stelle als «Sportdirektor» an und gab seinen Posten nach knapp eineinhalb Jahren wieder frei. Der FC Luzern sei «ein Haifischbecken», meinte Frei damals mit Blick auf die Vereinsführung – und damit auch auf Alpstaeg.

Von Alexander Freis Arbeit als Sportchef kann der FCL bis heute zehren, vor allem wegen der Verpflichtung von Christian Schmidt (zentralplus berichtete). Der Fitness-Coach des FC Luzern war massgeblich dafür verantwortlich, dass der FCL in der vergangenen Rückrunde «das fitteste Team der Liga» wurde, wie es Trainer Mario Frick nannte. Viele Last-Minute-Treffer halfen dem FCL, den Ligaerhalt zu schaffen.

Durchzogene Bilanz der Einkaufspolitik

Nach Frei waren Rolf Fringer und Remo Gaugler für die sportlichen Geschicke des FCL verantwortlich. Auch sie hielten sich keine zwei volle Saisons lang. Erst mit Remo Meyer entstand ab 2017 eine bisher nie dagewesene Kontinuität in der sportlichen Führung des FC Luzern. Doch ist nicht alles Gold, was glänzt.

Wenn man sich die teuersten Zugänge Meyers anschaut, ist seine Bilanz durchzogen. Blessing Eleke hat seine Tore gemacht und konnte ohne grosse Verluste weiterverkauft werden. Ibrahima Ndiaye ist mit seinem Beitrag am Cupsieg 2021 eine kleine FCL-Legende. Samuel Alabi hingegen war ein teures Missverständnis – genauso wie Tsiy Ndenge. Asumah Abubakar dagegen ist ein aktueller Publikumsliebling, während Joaquin Ardaiz bisher enttäuschte. Dafür sieht es auf der Einnahmen-Seite umso besser aus.

Die Toptransfers widerspiegeln in erster Linie den Erfolg der eigenen Jugendarbeit. In den vergangenen Saisons gelangen regelmässig Multimillionen-Verkäufe. Bei Remo Freuler kam es diesen Sommer gar zu einer Beteiligung am Weiterverkauf.

Es ist der Lohn für jahrelange Investitionen in den eigenen Nachwuchs, die sich jährlich im Schnitt auf fast 2 Millionen Franken belaufen. Derzeit führt die U21 des FC Luzern die dritthöchste Fussballliga des Landes an. Das bestätigt die Qualität der Luzerner Jugendarbeit. Und sie zeigt sich auch in anderen Bereichen. So bringt der FCL derzeit mit am meisten Jugend-Nationalspieler heraus.

Tendenz zeigt nach oben

Besonders die Jahrgänge 2003 und 2004 des FCL zählen zum Besten, was der Schweizer Fussball zu bieten hat. Entsprechend sind die Junioren-Nationalmannschaften mit diversen FCL-Spielern bestückt wie beispielsweise Pascal Loretz, Luca Jaquez oder Nando Toggenburger. Der heutige Nationalspieler Ardon Jashari war Anfang des Jahres noch Captain der Luzerner U21, am Ende dieser Saison könnte er der nächste Rekordtransfer des FCL werden. Zwar brachte der Club auch schon vor zehn Jahren Nationalspieler hervor, doch konnte man die Jung-Profis so gut wie nie lukrativ verkaufen, weil Verträge ausliefen.

Es ist darum wohl das grösste Verdienst von Remo Meyer als FCL-Sportchef, dass er es immer wieder geschafft hat, Verträge mit talentierten Eigengewächsen zu verlängern und so gewinnbringende Transfereinnahmen für den Club zu generieren. Der Verkauf von eigenen Jugendspielern ist nebst den Einnahmen aus dem Ticket-Verkauf eine überlebenswichtige Einkommensquelle für den FC Luzern.

Seitens des FC Luzern wollte man keine Stellung zur Arbeit des Sportchefs nehmen. In einem Interview mit der «Luzerner Zeitung» bestätigt aber Josef Bieri, der mit 48 Prozent die restlichen Anteile des FCL hält, die positive Tendenz im Verein: «Der Klub steht solide da, die Geschäftsleitung macht einen tollen Job, die Juniorenförderung läuft so gut wie selten und unser Sportchef hat eine ambitionierte Mannschaft mit einem starken Trainer-Team zusammengestellt.»

FCL-Jugend wird zur Goldgrube

Doch wegen der vielen Talente wird der Jugendbereich des FC Luzern zunehmend zur Goldgrube. Und die zieht unweigerlich auch dubiose Gestalten an, die in erster Linie den eigenen Profit verfolgen. Die jetzige Unruhe beim FCL hängt offenbar ausgerechnet mit der Vertragsverlängerung von Jashari zusammen. Bernhard Alpstaeg scheint gemäss Medienberichten zu missfallen, dass Remo Meyer nicht mit Leuten aus dem Dunstkreis des Mehrheitsaktionärs Transfergeschäfte macht.

Agron Krasniqi, der Jashari bei der Vertragsverlängerung mit dem FCL beriet, erhielt von Alpstaeg ein unbegründetes Stadionverbot. Im «Sonntagsblick»-Interview unterstellt Alpstaeg Meyer, dass dieser Krasniqi bei Transfers bevorzugt. Beweise dafür konnte Alpstaeg nicht liefern.

Schaut man sich auf der Plattform Transfermarkt.ch die Berater der Spieler an, mit welchen der FCL vergangenen Sommer in Verbindung stand, zeigt sich, dass bei zehn Spielern, die den Club verliessen oder neu zum Verein stiessen, neun verschiedene Berater-Agenturen beteiligt waren. Beim Neuzugang Sofyan Chader fehlen die Angaben. Allein diese Aufschlüsselung legt nahe, dass Alpstaegs Vorwurf an Meyer unbegründet ist.

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7 Kommentare
  • Profilfoto von Goeggeler
    Goeggeler, 01.11.2022, 22:54 Uhr

    Zieht man die 2 Millionen die der FCL zusätzlich an Remo Freuler verdient hat und die Transfergewinne der langjährigen Nachwuchsspieler ab bleibt für Remo Meyer nicht mehr viel übrig. Am Besten ist ein gut schweizerischer Kompromiss: Remo Meyer nimmt den Hut und es wird ein neuer Sportchef mit mehr Fussballverständnis (nicht Fredy Bickel) angestellt, der den Job übernimmt. Alpstäg ist damit zufrieden und lässt den FCL so weiterarbeiten!

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    • Profilfoto von Röne fun Egg
      Röne fun Egg, 02.11.2022, 09:08 Uhr

      Genau wegen Leuten wie Ihnen ist die Kacke am dampfen! Unsachgemässe Kritik am Sportchef, obwohl die Faken klar für ihn sprechen! Und mal ehrlich, trifft man Sie überhaupt mal im Stadion an?

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      • Profilfoto von Goeggeler
        Goeggeler, 02.11.2022, 21:07 Uhr

        Oh, da gibt es so einiges: Mit René Weiler den Vertrag langfristig verlängert und einige Monate später gekündigt, das Gleiche mit Fabio Celestini der immer noch kostet, jedes Jahr einen neuen Trainer, viele Spieler-Flops: Gentner, Badstuber, Domhjoni, Izmirlioglu, Alounga, Ardaiz, usw, usw.

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  • Profilfoto von Dolfino
    Dolfino, 30.10.2022, 16:05 Uhr

    Ist ja alles schön und recht was Herr Saeed hier über den Sportchef Meyer schreibt. Diese Transfer Periode hat Meyer gute Transfer getätigt. Aber die Jahre vorher waren halt schon eine Katastrophe mit wenigen Ausnahmen. Und leider sind auch noch Leute auf der Lohn Liste die entlassen wurden. Die Kommunikation von alpsteg ist natürlich sicher nicht das gelbe vom Ei. Aber letzt endlich befiehlt halt wer Kohle hat. Könnte es nicht auch sein , dass Wolf letztes Jahr einen Auftrag von alpsteg verweigert hat, nämlich die Entlassung von meyer, notabene als CEO und Untergebener von alpsteg. Daher dürfte alpsteg wohl der Kragen geplatzt sein und will beide rauswerfen. Es ist zu hoffe, dass Alpsteg sich noch anders besinnt, aber zumindest die Tage von Meyer dürften gezählt sein. Hopp lozärn

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  • Profilfoto von Alpsteg mach die Augen auf
    Alpsteg mach die Augen auf, 30.10.2022, 11:16 Uhr

    Der FCL steht heute auch dank Remo Meyer mit seiner doch guten Transferpolitik bestens da. Wenn er dann durch Fredy Bickel ersetzt werden soll, was sich leider abzeichnet, wird Hr. Alpsteg in zwei Jahren sich die Haare raufen. Bickel ist vorbei und hat in den letzten Jahren kein Erfolg mehr vorweisen können, ausser , dass er sich bei Hr. Alpsteg auf eine unrühmliche Art und Weise eingeschlichen hat.

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  • Profilfoto von Mac Tanner (das Original)
    Mac Tanner (das Original), 30.10.2022, 08:49 Uhr

    Toll recherchiert Herr Saaed! Der Artikel unterstreicht, was ich seit Jahren sage: Remo Meyer ist ein toller Sportchef und darf unter keinen Umständen Bauernopfer in dieser selbstinszenierten Seifenoper von B.A. sein! Möchtegernnachfolger Freddy Bickel kann ihm nicht das Wasser reichen und ist ein Auslaufmodell ohne Erfolge in seinen letzten Stationen.

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    • Profilfoto von Libero
      Libero, 30.10.2022, 12:35 Uhr

      ……… , ja das ist so!
      Als Sachverständiger bei Bluewin-Sport-Fussball wirkt Herr Bickel auf dem Soffa
      – gut übersättigt und teilweise kurz vor dem Einschlafen
      – und natürlich als angenehmer und wichtiger Plauderi.

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