Zur homophoben Entgleisung seines Goalies

Der FCL zieht die richtigen Lehren – und Marius Müller?

FCL-Goalie Marius Müller verübte eine verbale Tätlichkeit in seiner Vorbildfunktion. (Bild: Marc Schumacher/freshfocus)

Die Klubleitung des FC Luzern zeigt Haltung: Sie büsst Marius Müller nach dessen homophober Äusserung bei der 1:4-Ohrfeige in St. Gallen. Zudem will sie alle Mannschaften für die Werte des Klubs sensibilisieren. Eine Analyse.

Das Unfassbare zum Schluss: Als ob der FCL auf und neben dem Platz nicht schon ein ausreichend desaströses Bild abgegeben hätte, zeigte sich sein Goalie in der Aufarbeitung der Nicht-Leistung von allen guten Geistern verlassen. Vor laufender Kamera sagte Marius Müller in St. Gallen: «Immer das schwule Weggedrehe geht mir tierisch auf den Sack.» Und wiederholte den Satz beim nächsten Medium (zentralplus berichtete).

Die geäusserte Denkweise des 29-Jährigen widerspricht einer modernen Gesellschaft, in der Diversität eine Selbstverständlichkeit sein muss, die es jedem Menschen erlaubt, seine sexuelle Ausrichtung so zu leben, wie er das will. 

Eine offensichtliche Problematik liegt aber auch darin, dass es nach wie vor Männerkreise gibt, die eine solche Diskriminierung einfach hinnehmen und in deren sprachliches Standardrepertoire homophobe Phrasen gehören.

Ohne Widerrede des Fragestellers

Auch Medienschaffende sind nicht bereit einzuschreiten. Die Rede ist von jenen, die Marius Müller die Plattform eines TV-Interviews geboten haben. Es war keiner da, der sogleich interveniert und dem FCL-Goalie die rote Linie, die er mit seiner Aussage überschritt, aufgezeigt hätte. Stattdessen machte sich die mediale Empörung erst am Tag 2 nach dem Spiel breit. Das hat etwas Scheinheiliges.

Marius Müller und der Klub haben am Montag das getan, was man in solch ausweglosen Situationen zu tun pflegt: Sie haben sich für ihr Fehlverhalten entschuldigt. Das ist das Mindeste, was erwartet werden durfte.

Zum Glück für die eigene Reputation geht die Klubleitung aber nicht einfach so zur Tagesordnung über. Sie scheint die Tragweite dieses inakzeptablen Vorfalls erfasst zu haben.

FCL mit wichtigem und richtigem Signal

Über die eigenen Medienkanäle richtet sich FCL-Präsident Stefan Wolf am Dienstag an die Fans und Partner und entschuldigt sich abermals für das, was sich zugetragen hat. Seine zentralen Aussagen lauten: «Der FC Luzern hat entschieden, dass Marius Müller unabhängig vom Ausgang des Verfahrens der Swiss Football League eine interne Busse bezahlen muss.»

Und darüber hinaus: «Als weitere Massnahme zur Sensibilisierung für dieses Thema wird der FC Luzern einen Experten hinzuziehen, der bei den FCL-Teams auf die Konsequenzen von solchen Aussagen und möglichen Haltungen hinweist und aufzeigt, was diese bei Betroffenen auslösen können. Wir wollen damit verhindern, dass in Zukunft beim FC Luzern und in seinem Umfeld weitere solche Vorfälle passieren, die verbal verletzen können.»

Es ist ein wichtiges und richtiges Signal, dass die Luzerner Klubleitung Vorkehrungen trifft, damit sich eine solch grobe Verfehlung möglichst nicht wiederholt. Mehr noch: dass sich keine Denkstruktur verfestigt, die Diskriminierungen jeglicher Art legitimiert. Denn das würde den Verein in seinen Grundfesten erschüttern.

Zeit zum Umdenken für Marius Müller

Stefan Wolf unterlässt es in seiner Stellungnahme dennoch nicht, sich auch vor seinen fehlbaren Angestellten zu stellen: «Marius ist nicht nur ein offener und ehrlicher Zeitgenosse, er hat auch persönlich enge Kontakte zu homosexuellen Menschen. Ihm nun öffentlich eine grundsätzliche Homophobie zu unterstellen und ihn in dieser Art an den Pranger zu stellen ist unangebracht und aus meiner Sicht falsch.»

Allerdings wird der FCL-Goalie so schnell nicht mehr aus der Ecke rauskommen, in die er sich selber hineinmanövriert hat. Zeit, die es ihm erlaubt, sich einer vorurteilsfreien Denk- und Ausdrucksweise zu verpflichten.

Verwendete Quellen
  • Stellungnahme des FCL-Präsidenten Stefan Wolf auf der klubeigenen Website.

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8 Kommentare
  • Profilfoto von Franz Schmidiger
    Franz Schmidiger, 18.08.2022, 07:24 Uhr

    Das ewige Gutmenschentum vorallem der Presse gibt mir auf den Sack. Ich nehme hier nun nicht das gleiche Wort wie Marius Müller in den Mund. Aber diese Gutmenschen, vorallem die Presseschreiberling müssen aufpassen, dass die Verwendung dieser Ausdrücke durch übertriebene Hochstylisierung nicht noch geschürt werden. Marius Müller hat kein Fehler gemacht, solche Aussagen sollten in unserer freien Schweiz absolut möglich sein. Die Presse soll mit Ihrer Saubermacherei vielleicht am anderen Ende oder vor der eigenen Tür beginnen.

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  • Profilfoto von Goeggeler
    Goeggeler, 17.08.2022, 23:59 Uhr

    Es ist wirklich bedenklich, dass der Satz von Marius Müller in jedem Artikel immer wieder wiederholt wird. Die Medien finden das auch noch wiederholungswert. Solche Aussagen sind heutzutage tabu. Es ist mir aber schleierhaft wie eine solche Aussage in der niemand persönlich angesprochen wird, jemanden bedrücken kann.

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    • Profilfoto von Michel von der Schwand
      Michel von der Schwand, 20.08.2022, 21:15 Uhr

      Bedenklich ist ihr Kommentar! Sind Sie intellektuel nicht in der Lage den Sachverhalt zu verstehen oder einfach eine menschenverachtende Person?

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      • Profilfoto von Michel von der Schwand
        Michel von der Schwand, 22.08.2022, 11:39 Uhr

        Dieser Kommentar bezieht sich auf den Kommentar von Franz Schmidiger!

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  • Profilfoto von Röne fun Egg
    Röne fun Egg, 16.08.2022, 21:32 Uhr

    Es ist mir ein Rätsel wie der Leiter der Kommunikationsabteilung M.K., notabene ein ausgewiesener Fachmann auf diesem Gebiet, bei diesen Interviews daneben stehen kann ohne einzugreifen, zumindest zwischen dem ersten und zweiten Interview….kein Wunder braucht der FCL nun Unterstützung bzw. Schulung von ausserhalb, das ist eigentlich das noch grössere Armutszeugnis als diese Aussage direkt nach dem Spiel. PS: lasst die Akteure mal zuerst duschen und runterfahren, die Interviews werden ja eh erst später gesendet, aber das ist halt auch nicht im Sinn der sensationsgeilen Presse…

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    • Profilfoto von Michel von der Schwand
      Michel von der Schwand, 22.08.2022, 09:16 Uhr

      Der Standort der so genannten Mixed-Zone beantwortet ihren Kommentar. Dass sich diese zwischen Spielfeld und Kabine befindet, ist wohl nicht zufällig gewählt. Chef der Mixed-Zone ist der Leiter Kommunikation, welcher sämtliche Interviews moderiert und überwacht. Er schützt die Spieler vor sich selbst und achtet darauf, dass eben solche Aussagen nicht gemacht werden.
      Es trifft eben immer wieder zu, dass gewisse Fussballer nicht die hellsten Kerzen auf der Torte sind. Es ist der Job des Leiter Kommunikation diese Spieler zu erkennen und dafür zu sorgen, dass diese in der Mixed-Zone nicht stehen bleiben oder etwas sagen.

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  • Profilfoto von Dolfino
    Dolfino, 16.08.2022, 17:28 Uhr

    Marius Müller wird die Antwort auf dem Platz geben. Die übrigen Spieler sollen sich eine Scheibe abschneiden was Einsatz für den Club heisst. Die Aussage war nicht gut , aber dass das ganze genüsslich so medial ausgeschlachtet wird , und sogar versucht wird einen ansonsten seriösen Sportler schlecht zu reden ist auch fragwürdig.

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    • Profilfoto von Michel von der Schwand
      Michel von der Schwand, 23.08.2022, 07:28 Uhr

      Niemand schlachtet diese Aussage «genüsslich» aus. Menschen, welche über Empathie und Sozialkompetenz verfügen, sind irritiert über diese doch auch menschenverachtende Aussage. Es geht nicht an, dass suggeriert wird, dass ein homosexueller Mensch eine Sportart oder sonst eine Tätigkeit schlechter ausübt als ein hetrosexueller Mensch. Fragwürdig ist höchstens, dass es Menschen gibt, die es nicht verstehen, noch verstehen wollen.

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