Ist der FCL die neue Swissair?

Bernhard Alpstaegs Klagen haben wohl nur minime Chancen

Bernhard Alpstaeg hat den FCL-Verwaltungsrat mit Klagen eingedeckt und im Schweizerhof an einer Medienkonferenz darüber informiert. (Bild: jdi)

Sacha Wigdorovits hat die nationale Presse zur Medienkonferenz eingeladen. Die Anwälte des FCL-Aktionärs Bernhard Alpstaeg sollen den gesamten FCL-Verwaltungsrat mit Verantwortlichkeitsklagen eingedeckt haben. Franca Contratto, Professorin für Wirtschaftsrecht an der Universität Luzern, erklärt, was es mit diesen Klagen auf sich hat.

Bernhard Alpstaeg lädt zur Medienkonferenz und lässt die nationale Presse im Hotel Schweizerhof antanzen. Ein Konferenzzimmer mit Kronleuchter und Stuckaturen soll den Rahmen schaffen für den Rundumschlag, zu dem FCL-Aktionär Alpstaeg und sein Mediensprecher Sacha Wigdorovits ansetzen.

Kurz nach 14 Uhr bittet Wigdorovits, die Türen zu schliessen. Anders als bei der FCL-GV vom 22. Dezember 2022, wo Bernhard Alpstaeg von Bodyguards begleitet wurde (zentralplus berichtete), scheinen Sicherheitsvorkehrungen heuer keine grosse Rolle zu spielen. Kaum sind die Türen geschlossen, setzt Wigdorovits zum 15-minütigen Monolog an.

Es hagelt Klagen gegen den FCL-Verwaltungsrat

Während sein Auftraggeber Berhard Alpstaeg frei von jeglichen juristischen Fehltritten immer gesetzestreu und zum Wohle des FCL agiert habe, habe der aktuelle FCL-Verwaltungsrat rund um Präsident Stefan Wolf und 48-Prozent-Aktionär sowie Vize-Präsident Josef Bieri Alpstaeg widerrechtlich um 25 Prozent seiner Aktien gebracht. So wurde Alpstaeg vom Mehrheitsaktionär zum gewöhnlichen Minderheitsaktionär und verlor die Macht im FCL. Ein hängiges, zivilrechtliches Verfahren soll klären, ob der Coup des FCL-Verwaltungsrats rechtens war – oder Alpstaeg währenddessen Mehrheitsaktionär sein müsste.

Weiter, so Wigdorovits in seinem Monolog, sei der FCL-Verwaltungsrat verantwortlich für millionenschwere Misswirtschaft. Weil er den «Sanierungsfall» FCL mit seinem Handeln in den finanziellen Ruin zu treiben drohe, hätten die sechs Anwälte Alpstaegs die FCL-Verwaltungsräte – nebst Wolf und Bieri gehören dem FCL-Verwaltungsrat auch Laurent Prince und Juristin Ursula Engelberger-Koller an – mit Verantwortlichkeitsklagen eingedeckt (zentralplus berichtete).

Professorin für Wirtschaftsrecht ist erstaunt ob des eingeschlagenen Wegs

zentralplus hat mit Franca Contratto, Professorin für Wirtschaftsrecht an der Universität Luzern, gesprochen. Sie ist gerade auf dem Weg zu einem SRF-Interview und soll dort ihre Expertise zu möglichen Verantwortlichkeitsklagen abgeben, die allenfalls gegen die Verwaltungsräte der Credit Suisse erhoben werden könnten.

In erster Linie zeigt sich Contratto am Telefon erstaunt: «Verantwortlichkeitsklagen werden in den allermeisten Fällen bei Konkurs einer Aktiengesellschaft erhoben» – was beim FCL nicht der Fall ist. Solange das Unternehmen hingegen existiert, sprechen Gerichte den Schadenersatz in aller Regel der Aktiengesellschaft zu. Denn pflichtwidrige Handlungen der Organe schädigen direkt die Gesellschaft. Aktionäre, die einen Wertverlust auf ihren Aktien erlitten haben, gelten hingegen nur als mittelbar geschädigt. Sie haben daher in aller Regel überhaupt keinen Anreiz, eine langwierige und kostspielige Verantwortlichkeitsklage zu lancieren, stellt Contratto klar.

Pflichtwidrigkeit wird nur in seltenen Fällen festgestellt

So weit, so gut: Im Fussballgeschäft sind Defizite im Millionenbereich keine Seltenheit. Die Super League gilt als unrentables Pflaster für Investoren. Da der FCL Defizite schreibt, wollen Bernhard Alpstaegs Anwälte offenbar mit einer Verantwortlichkeitsklage dafür sorgen, dass die Verwaltungsräte Schadenersatz an den FCL leisten.

Doch hier stellt sich für die Anwälte Alpstaegs eine grosse Herausforderung: Damit ein Gericht im Falle einer Verantwortlichkeitsklage die beklagte Partei zu Schadenersatz verpflichtet, sei eine Sorgfaltspflichtverletzung nachzuweisen, so Contratto. Und dieser Nachweis sei schwierig. Denn: «Die Richter sind sehr zurückhaltend bei der Feststellung einer solchen Pflichtwidrigkeit.» Der Grund dafür: Weil man im Nachhinein immer klüger ist, solle nur haftbar gemacht werden, wer Geschäftsentscheide zum Nachteil der Gesellschaft getroffen habe, die aus damaliger Perspektive schlichtweg nicht vertretbar gewesen seien.

Vergleich mit Swissair hinkt

Contratto erinnert sich an einen alten Bundesgerichtsentscheid, wo eine Pflichtwidrigkeit gerichtlich festgestellt wurde: «Der Verwaltungsrat eines kleinen Familienunternehmens hat fast das ganze Kapital der Aktiengesellschaft in ein einziges, hochspekulatives Investmentvehikel investiert, das zu einem gewaltigen Klumpenrisiko und schliesslich zu einem riesigen Verlust führte. In diesem seltenen Fall wurde eine Sorgfaltspflichtverletzung bejaht.» Doch selbst im Fall des Swissair-Groundings, zu dem Wigdorovits an der Medienkonferenz eine Analogie zieht, sei ein Nachweis der Pflichtwidrigkeit nicht erbracht worden. Blosse «glücklose Geschäftsführung» stelle denn auch keine Pflichtwidrigkeit dar.

Sollte ein Gericht wider Erwarten dennoch zum Schluss kommen, dass die FCL-Verwaltungsräte den FCL pflichtwidrig geschädigt haben, würde das wohl auch das Aus für die Verwaltungsräte bedeuten. Der Reputationsschaden wäre immens. Doch bis dahin wird viel Wasser die Reuss hinabfliessen.

Mehrere Gerichtsverfahren hängig

Abzuwarten bleibt indes auch der Ausgang des hängigen Gerichtsverfahrens, das darüber entscheiden soll, ob Bernhard Alpstaeg seine Aktienmehrheit zu Recht verloren hat – oder ob er der rechtmässige Mehrheitsaktionär ist. Würde letzteres zutreffen, wäre der Machtkampf im FCL entschieden. Als Mehrheitsaktionär könnte er den FCL-Verwaltungsrat abwählen und sich selbst als Präsidenten einsetzen. Und damit nachholen, was er bereits im Dezember 2022 vorhatte.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Professorin Franca Contratto
  • Medienkonferenz von Bernhard Alpstaeg
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7 Kommentare
  • Profilfoto von Peter Sommer
    Peter Sommer, 22.03.2023, 16:51 Uhr

    Im Geschäftsbericht 2022 wird die Stadt Luzern mit Bestimmtheit wieder einen Ertragsüberschuss von mehr als 10 Millionen Franken ausweisen. Warum kauft man Herrn Alpstaeg das Namensrecht vom Stadion nicht einfach ab, wenn dieses soooo wichtig für die Region ist?
    Die jahrelangen Rechtsstreitereien könnte man damit «von Heute auf Morgen» regeln.

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    Markus Fuchs, 22.03.2023, 09:18 Uhr

    Jetzt mal ganz ehrlich. Eine solche Klage hat doch keine Chance und ist einfach ein weiterer Versuch, sich irgendwie noch zu retten. Genauso wie der Vorschlag mit dem Schiedsgericht. Damit will man doch einfach verhindern, dass es ein sauberes Gerichtsverfahren gibt, wo die sämtliche Beweislast zugelassen ist und alles komplett durchleuchtet wird. Vor dem hat Alpstäg Angst und das versucht er zu verhindern. Einerseits mit drohen und erpressen im weitesten Sinne und andererseits mit dem frontalen Angriff auf einzelne Personen. Wenn man sich so sicher ist, dass man gewinnt und nichts zu befürchten hat, agiert man doch nicht so verzweifelt auf den Mann, oder? Ich finde Wigdorovits und Alpstäg mit Fortschritt des ganzen Theaters nur noch bedauernswert und irgendwie peinlich. Wie Wigdorovits den Journi’s bei jder kritischen Frage ins Wort fällt und gewisse Journi’s sogar fast noch persönlich abkanzelt, passt hier bestens ins Bild, genauso wie er wie ein Dackel bei jedem Interview neben Alpstäg steht und schaut, dass der nicht komplett austickt.

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    Livio Arfini, 22.03.2023, 08:27 Uhr

    Guter Artikel!
    Um einiges besser als der in der NLZ!
    Bravo!

    Für die Strategie vom B.A. & S.W. kommt mir folgendes in den Sinn:
    Angriff ist die Beste Verteilung!
    Aber ist dieses Vorgehen auch wirklich zielführend und notwendig?

    Falls Herr B.A. so sicher ist, dass ihm 25% seiner Aktien „gestohlen“ wurden, kann er ja gelassen den Gerichtsentscheid abwarten und muss nicht auf operative Hektik machen!
    Liege ich da falsch?

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    • Profilfoto von Paul
      Paul, 22.03.2023, 11:32 Uhr

      Je länger es dauert umso schlimmer für den fcl. Warten kostet geld welches der fcl nicht hat

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    Rudolf Schweizer, 22.03.2023, 07:13 Uhr

    Auch ich als Parteiloser Schweizer habe mir Gedanken gemacht und Bernhard Alpstäg gebeten das ganze Vogelnest also Fussballstadion der Stadt Luzern zu verschenken. Als Dankbarkeit würde man dann ein Benefizkonzert mit DJ Bo Bo auf der Allmend starten
    und tausende roter Herzballone als Zeichen für den Frieden in den Himmel steigen lassen. All die Ballone würden dann Richtung Osten ziehen und der Alpstein in ein schönes Abendrot verwandeln. Die Ballone würden aber noch viel weiter Schweben bis in die Ukrraine und den Donbass. All die Soldaten dort würden dem Schauspiel zu sehen, ihre Waffen würden ruhen, die Herzballone würden weiter schweben bis zum Land der Aufgehender Sonne entgegen. Die Soldaten würden ihre Schützengräben verlassen und nach Hause zu ihrer Familien zurück ziehen. Der Frieden kehrt wieder Heim . Als grosser Dankbarkeit für seine Gute Tat würde Bernhard Alpstäg den Friedensnobelpreise verliehen. Na ja so ist das eben.

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  • Profilfoto von Das Schwert
    Das Schwert, 21.03.2023, 23:17 Uhr

    Diese abartige Entwicklung hat etwa in den 70ern begonnen, als sich der Fussball in Richtung Profisport entwickelte. Sportvereine gerieten in Besitz und Klauen der Geldmaschinerie und Machtbesessenen. Damals war es Sport, heute Sklaverei. Der beste Sklave ist derjenige, der nicht erkennt, dass er einer ist. Diese perverse Entwicklung von Kampfmaschinen ist die moderne Form von Brot und Spiele, um die Fäden zu verdecken, die im Hintergrund gesponnen werden.
    In Davos sagte mal einer, dass die meisten Menschen durch die Digitalisierung „nutzlos“ werden. Durch Drogen und Spiele werden sie ruhig gehalten. Sein Intimus flötete ungeniert, dass wir bis 2030 besitzlos werden und dabei glücklich seien. Alles wird im Besitz einiger weniger globalen Konzerne sein. Wir dürfen dann alles, was wir brauchen von denen mieten. Korporatismus nennt sich das, und der Staat wird mit PPP (Privat Public Partnership) als Ausführungsgehilfe genutzt.
    Beim Fussball ist es schon so weit. Einer will den Boss spielen, die andern müssen tanzen und die Stadt unterstützte das mit einem Baurechtsvertrag. Und was tun wir? Eintritt bezahlen und dürfen dafür den Gladiatoren (=Sklaven) auf dem Kampfplatz schreiend und johlend zujubeln. Daumen hoch, Daumen runter.

    Nun wisst Ihr, warum niemand Interesse hat den Randalierern das Handwerk zu legen. Es wäre sonst langweilig und die Medien müssten sich den Sorgen der Menschen und den Machenschaften widmen. Echter Journalismus eben. Mit täglichen Fussballnews erübrigt sich das. Die Leute müssen gefüttert werden.

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  • Profilfoto von Raul
    Raul, 21.03.2023, 19:42 Uhr

    Wir werden sehen.
    Schnelles einschätzung von frau contarato. Sie wird sicher alles geprüft haben….

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