Vorfreude auf Lozärner Fasnacht

«Fasnachtsbeginn 11. November? Ein völliger Irrtum»

Ein Prachtsexemplar einer Fasnachtsmaske. (Bild: Emanuel Ammon)

Am 11. November ist der offizielle Fasnachtsbeginn. Total falsch. Der 11. November hat mit der Luzerner Fasnacht genau gar nichts zu tun. Trotzdem steigt langsam das Kribbeln. zentral+ sprach mit zwei ehemaligen Zunftmeistern über den Nicht-Fasnachtsbeginn, Traditionen und «katzhagelvolle» Fasnächtler.

Der Wey-Zunftmeister von 1995, Kari Nussbaumer, und der Zunftmeister der Zunft zu Safran aus dem Jahr 2000, Hans Brunner, sind sehr gerne bereit, spannende Anekdoten rund um die «Lozärner Fasnacht» zu liefern. Nussbaumer ist ein wahrer Urfasnächtler, der vom Fasnachtsvirus völlig infiziert ist. Brunner geniesst das wilde Treiben ebenfalls, auch wenn er selbst sagst: «So ein rüüdiger Fasnächtler wie der Kari bin ich bei Weitem nicht.»

«Luzerner Fasnacht beginnt am SchmuDo»

Eins machen sie aber beide unmissverständlich klar. Der 11. November sei überhaupt nicht der Tag des Fasnachtsbeginns. Diese Meinung habe sich völlig irrtümlicherweise breitgemacht. «Wir wollen keine alemannische Fasnacht sein», so Kari Nussbaumer. Man habe das mal besprochen, aber alle Zünfte, LFK oder die vereinigten Guggenmusigen, waren dagegen, den 11. November, 11.11 Uhr, als offiziellen Startschuss festzulegen. Und auch Brunner kann über diese Unsitte nur den Kopf schütteln. «Der Fasnachtsbeginn ist der Urknall am Schmutzigen Donnerstag um 05.00 Uhr.» Bis dahin geht es noch etwas weniger als 85 Tage.

Unzählige Stunden Freiwilligenarbeit stecken in den aufwändigen Sujets. Hier eine Nummer aus dem Jahr 1995

Unzählige Stunden Freiwilligenarbeit stecken in den aufwändigen Sujets. Hier eine Nummer aus dem Jahr 1995

Das wäre geklärt. Aber dennoch, das Kribbeln beginnt langsam, aber sicher. Die Guggenmusigen sind am Proben und die Vorbereitungen, etwa das Kreieren der Masken, sind im vollen Gange. Letzten Samstag wurde die neue Plakette des Luzerner Fasnachtskomitees auf dem Rathausplatz präsentiert und zahlreiche Besucher wohnten dem Spektakel bei. «Fasnacht zieht halt immer», sagt Nussbaumer. Doch woher kommt diese Faszination Lozärner Fasnacht? Brunner meint ganz einfach: «Luzern ist infiziert vom bazillus carnevalis.» Das bedeutet: zusammen auf die Strasse gehen, allesamt verkleidet, und die friedliche Stimmung. Für Nussbaumer lebt die Fasnacht vor allem von den Guggenmusigen. «Die Farbenpracht und diese Musik motiviert alle bis in die Haarspitzen.»

Anekdoten hüben wie drüben

Kari Nussbaumer ist auch heute noch ein aktiver Fasnächtler.

Kari Nussbaumer ist auch heute noch ein aktiver Fasnächtler.

(Bild: les)

Kari Nussbaumer gilt als richtig Angefressener. Der ehemalige Wirt der Schmitte am Pilatusplatz, damals einer «richtigen» Fasnachtsbeiz, ist bis heute aktiver Guggenmusiker in der «Tschäderi Bumm Alti Garde». Vor seiner Zeit bei der Weyzunft war er bereits in der Tschäderi Bumm, einer Guggenmusik, die es heute nicht mehr gibt. Mit 31 Jahren kam er 1978 in die Wey-Zunft. Nach einem Jahr wurde er bereits Vergnügungspräsident. Ab 1982 war er im Luzerner Fasnachtskomitee. Erst zwei Jahre im Umzugskomitee, anschliessend der erste Wey-Zünftler im Finanzkomitee. Seit 1992 gehört er zu den Altherren. Sein grosses Jahr war 1995, als er als Wey-Zunftmeister amten durfte. «Schmitten-Kari» ist der Fasnacht bis heute treu und «voll dabei», wie der heute 68-Jährige sagt.

Und er hat so richtig viele Geschichten zu erzählen. «Sie wollen ein Beispiel? Als ich Zunftmeister wurde – der Name wird jeweils am 2. Januar um etwa halb acht bekanntgegeben – waren bei meiner Rückkehr in die Schmitte etwa um 11 Uhr drei Guggenmusigen voll kostümiert vor Ort.» Und Nussbaumer erzählt gleich eine weitere Anekdote zu diesem Abend. «Ich hatte eine Wette verloren. Die Vergnügungskommission der Wey Zunft war am Silvester in der Schmitte und prophezeite, ich würde Zunftmeister. Ich wettete dagegen und musste zur Strafe rückwärts in Handschellen zur Schmitte laufen.»

Wette verloren. Rückwärts in Handschellen musste Kari Nussbaumer nach seiner Ernennung zum Zunftmeister zurück in die Schmitte laufen.

Wette verloren. Rückwärts in Handschellen musste Kari Nussbaumer nach seiner Ernennung zum Zunftmeister zurück in die Schmitte laufen.

(Bild: zvg)

Die Fasnacht entwickelt sich – nicht nur positiv

Und wie sehen die beiden die Entwicklungen und Veränderungen, welche die Fasnacht immer wieder erfährt? Traditionen werden immer weniger, Maskenbälle verschwinden und Fasnachtsbeizen gehen zu. «Dass es kaum mehr Fasnachtsbeizen gibt, ist natürlich sehr schade», so Nussbaumer. Bereits sein Vater führte die Schmitte, die etwa nebst dem Galliker am Kasernenplatz als Hochburg galt. «Heute wollen einige Beizer gar keine Fasnächtler mehr», sagt auch Brunner, «das Intrigieren geht je länger je mehr verloren.» Dies sei aber auch eine Kunst, die nicht jeder einfach so beherrschen könne. Damit ist gemeint, fremde Menschen mit seinem Rollenspiel zu unterhalten.

Der Umzug am Güdismäntig ist das wohl schönste Ereignis für einen Wey-Zunftmeister. Wegen der Tabakpfeife erhielt Nussbaumer den Übernahmen «Pfiffe-Kari».

Der Umzug am Güdismäntig ist das wohl schönste Ereignis für einen Wey-Zunftmeister. Wegen der Tabakpfeife erhielt Nussbaumer den Übernahmen «Pfiffe-Kari».

(Bild: zvg)

Dass die Beizen-Fasnacht etwas aus dem Trend geraten ist, hängt für Brunner auch damit zusammen, dass immer mehr Menschen die Fasnacht auf der Strasse erleben. «Dort gibt es wunderbare Gruppen und Einzelmasken zu sehen.» Das Luzerner Fasnachtskomitee sorge etwa mit dem Anbieten von Maskenkursen dafür, dass diese Tradition erhalten bleibe. Unter Fasnächtler immer wieder zu reden gibt die in den letzten Jahren entstandene Festmeile auf dem Theaterplatz. «Dies widerspiegelt einfach auch die Wünsche der Gesellschaft», so Brunner. Eher kritisch beurteilt Nussbaumer diese Entwicklungen. «Vor allem was unter der Egg abgeht, passt mir eigentlich gar nicht.» Das habe nicht mehr viel mit der ursprünglichen Tradition zu tun.

«Es ist schon schade, wenn Leute schon morgens um 5 Uhr katzhagelvoll den Guggenmusigen hinterhertrotten.»

Kari Nussbaumer, Wey-Zunftmeister 1995

Kari Nussbaumer als frisch gekürter Zunftmeister im Jahr 1995.

Kari Nussbaumer als frisch gekürter Zunftmeister im Jahr 1995.

Zwischen Alkoholleichen und politischer Satire

Was aber immer etwa gleich bliebe, sei das Feiern, der Alkoholkonsum und das Flirten. Beide meinen, das gehöre einfach zur Fasnacht dazu. «Es ist schon schade, wenn Leute schon morgens um 5 Uhr katzhagelvoll den Guggenmusigen hinterhertrotten», so Nussbaumer. Und Brunner fügt dem Thema an: «Das sieht man leider immer wieder, auch wenn es mich schon schlimmer dünkte, als letztes Jahr.»

Ein braves oder gar prüdes Fest war die Fasnacht aber noch nie. Doch wie sieht es politisch aus? Werden die Oberen noch immer mit gleich scharfer Zunge attackiert? «Nicht ganz», meint Nussbaumer, «aber der Knallfrosch, unser Fasnachtsmagazin glänzt noch immer mit kecken Sprüchen.» Auch das Miteinander der Zünfte habe sich stark verbessert. Heute ist es eine grosse Freundschaft und Familie, wie er etwa bei den Altherren erkennen kann.

«Es ist unglaublich, was da abgeht»

Das offizielle Zunftmeisterfoto von Hans Brunner.

Das offizielle Zunftmeisterfoto von Hans Brunner.

Brunner fügt an: «Die Zünfte sind auch im sozialen Bereich sehr aktiv.» So besuchten sie in der Fasnachtszeit verschiedene Alterssiedlungen und die Zunft zu Safran auch das Jugendheim Utenberg. «Es ist immer wieder überwältigend, wie die alten Menschen sich auf die Fasnacht und den Besuch der Zunftmeister und des Fritschivaters freuen.» Die Kinder im Utenberg würden jeweils ein speziell auf den Fritschivater zugeschnittenes Theaterstück vorbereiten. «Es ist immer wieder ein Fest mit den Kindern, die maskiert und kostümiert den Fritschivater erwarten.»

«Hunderte Leute leisten unzählige Stunden für die Lozärner Fasnacht. Es ist unglaublich, was da abgeht», sagt Nussbaumer zusammengefasst über das grosse Ereignis vor der Fastenzeit. Und dies werde in Luzern immer so bleiben, ist auch Brunner überzeugt. «Das Luzerner Fasnachtskomitee rund um die Wey Zunft, die Zunft zu Safran, den Maskenliebhabern und den Fidelitas Lucernensis wird dafür sorgen. Genauso wie alle anderen, die irgendetwas zur Lozärner Fasnacht beitragen.»


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