Urteil gegen Zuger Ex-Stadtrat im Februar

Fall Romer: Richter benötigen ein halbes Jahr

Ivo Romer während seiner Stadtratszeit 2010.

(Bild: Keystone / Sigi Tischler)

Am 7. Februar wird das Zuger Strafgericht seine Entscheidung im Fall Romer bekanntgeben. Der Prozess gegen den ehemaligen FDP-Stadtrat fand diesen Sommer statt. Ivo Romer soll das Vertrauen einer Seniorin missbraucht und ihr komplettes Vermögen abgezweigt haben. Dafür will ihn die Staatsanwaltschaft fast sieben Jahre hinter Gittern sehen.

In der online publizierten «Liste der Verhandlungstermine» des Gerichts fällt ein Fall besonders auf: «Urteilseröffnung: Die Hauptverhandlung fand am 27./28. Juni und 4./5. Juli statt». Namen werden niemals genannt. Doch die Nummer SG 2015 23 gehört zum Verfahren gegen Ivo Romer.

Aufgelistet werden alle Delikte, welche die Staatsanwaltschaft Zug dem ehemaligen FDP-Politiker vorwirft: Veruntreuung, ungetreue Geschäftsbesorgung, Betrug, Urkundenfälschung und Geldwäscherei.

Verfahren läuft noch

Am Prozess kündigten die Richter an, dass mit dem Urteil nicht vor Ende Jahr zu rechnen sei. Das wäre jetzt. Nun wird es also Februar 2017, bis ein erster juristischer Schlussstrich in dieser Affäre gezogen werden kann; später kommt allerdings die Berufungsphase hinzu, wenn das Urteil angefochten wird. Die lange Dauer führte zu unüblicher Kritik aus der Politik an der Zuger Justiz (zentralplus berichtete); diese wehrte sich und wies auf die Komplexität des Falls hin.

Das Verfahren dauert nun schon Jahre und zieht sich in die Länge. Sind gewisse Delikte nicht bereits verjährt? Die Gerichtsvorsitzende Svea Anlauf teilte zentralplus schriftlich mit, dass man Verständnis haben müsse, dass das Strafgericht in einem laufenden Verfahren keine Auskünfte zur Sache erteile. «Die prozessrelevanten Fragen werden erst anlässlich der Urteilseröffnung erörtert», so die Richterin.

Zuerst beruflicher, dann privater Vermögensverwalter

Der 52-jährige diplomierte Wirtschaftsinformatiker Ivo Romer muss sich für eine Sache verantworten, die lange vor seiner Wahl in den Stadtrat begann. Ihm wird vorgeworfen, eine reiche Witwe, die ihm vertraute, um ihr gesamtes Vermögen gebracht zu haben. Als die Frau 2011 mit 96 Jahren starb, waren noch 15’000 Franken auf ihrem Konto.

Romer lernte die hochbetagte Baslerin Alice de Beaufort-Bubeck, die ihren Lebensabend in Zug verbrachte, während seiner Tätigkeit bei der UBS kennen. Er begann, das Vermögen der damals bereits 90-jährigen Dame zu verwalten. Die Bank schöpfte Verdacht, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging, und führte eine interne Untersuchung durch. Romer verlor daraufhin seine Stelle, wie am Prozess erwähnt wurde.

Er gründete eine eigene Firma. 2009 wurde er in den Stadtrat gewählt. Neben seiner politischen Tätigkeit verwaltete Romer das Vermögen von Alice de Beaufort bis zu deren Tod 2011.

Grosszügiger Sponsor des EVZ

Vorgeworfen werden ihm Bargeldbezüge von über drei Millionen Franken zwischen 2006 und 2011. Meist am UBS-Bancomaten im Metalli Zug. Das Geld soll in dieser Zeit über verworrene Tarngeschäfte und fiktive Personen an Romers Firma Fidustra geflossen sein, also in seine eigene Tasche. Einziges Mandat der Fidustra war nämlich die Vermögensverwaltung der reichen Witwe. Laut der Anklageschrift habe er mit dem Geld seinen aufwändigen Lebensstil finanziert. Romer habe sich aber auch als grosszügiger Sponsor feiern lassen, so die Anklage weiter, etwa für Skisport-Anlässe oder den EV Zug.

Zudem soll Ivo Romer eine von der Witwe ins Leben gerufene Familien-Stiftung deliktisch geführt und sich an einer weiteren Stiftung bedient haben. Angeklagt ist auch das älteste Kind der Witwe, ein Basler Künstler, der von den Delikten massgeblich profitiert haben soll. Romer bewilligte den Bau eines Kellertheaters in einer Wohnliegenschaft der Familie in Basel. Dies widersprach dem Stiftungszweck. Das Haus gehört inzwischen nicht mehr der Familie, sondern der Zuger Kantonalbank.

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft ist ein richtiges Buch und umfasst über 300 Seiten. Da Romer nicht kooperierte, waren aufwändige Recherchen und Rechtshilfegesuche im Ausland nötig. Romer kaufte bekanntlich Grundbesitz in Südafrika.

Romer spricht von «böswilligen Unterstellungen»

Romer bestreitet bis heute, das Vermögen der Millionärin veruntreut und für sich abgezweigt zu haben. Sein Zuger Verteidiger Matthys Hausheer argumentierte, dass er immer ihr Einverständnis gehabt habe und es Belege dafür gebe. Der vor Gericht sehr wortkarge Ex-Politiker sprach in seinem Schlusswort von «böswilligen Unterstellungen». Er sei überzeugt, immer den Willen von Alice de Beaufort erfüllt zu haben und hoffe, dass das Gericht den ihn entlastenden Dokumenten mehr Glauben schenke als den Unterstellungen.

Staatsanwaltschaft fordert Strafe von knapp sieben Jahren

Die Anklage fordert eine unbedingte Gefängnisstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten. Auf eine Strafmilderung dürfe Romer nicht hoffen, führten die beiden Staatsanwältinnen vor Gericht aus. Denn der frühere Finanzvorstand der Stadt Zug zeigte während des viertägigen Prozesses weder Einsicht noch Reue.

Speziell an diesem Gerichtsfall ist, dass die Familie der verstorbenen Millionärin ihre Forderungen im Strafprozess des Staates ebenfalls geltend machen kann. Deren Anwalt fordert, dass Romer den Privatklägern 3,9 Millionen Franken zurückzahlt. Das dürfte schwierig werden: Denn Romer lebt nach eigenen Angaben von Gelegenheitsjobs. Er gab an, monatlich zwischen 500 und 1000 Franken zu verdienen.

Romers Verteidiger verlangt einen vollen Freispruch. Für den Beschuldigten gilt bis zu einer Verurteilung die Unschuldsvermutung.

Politische Aufarbeitung mit PUK abgeschlossen

Ivo Romer war bis zu seinem Rücktritt Ende 2012 Vorsteher des städtischen Finanzdepartements und sass drei Jahre für die FDP im Stadtrat. Er war 2009 in einer Ergänzungswahl für Ueli Straub in den Stadtrat gewählt worden. Politisch wurde der Fall Romer durch eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) aufgearbeitet.

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