Hier hat Emil nichts zu lachen

Fachklasse Grafik wehrt sich mit Promis

Emil Steinberger kämpft für die Fachklasse Grafik, die er selber besuchte. Links: Peter Dietschi von der verwandten Institution «LU Couture AG». (Bild: les)

Die Schliessung der Fachklasse Grafik ist Teil des Sparpakets der Luzerner Regierung. Doch der Widerstand ist gewaltig. Am Dienstagabend haben bekannte Persönlichkeiten an einer Pressekonferenz gegen die geplante Schliessung geweibelt. Und bereits haben 13’500 Personen eine Petition unterschrieben.

Der Förderverein Fachklasse Grafik geizte an der Pressekonferenz am Dienstagabend nicht mit prominenten Fürsprechern der Fachklasse Grafik. So war unter anderen Emil Steinberger zu Gast. An vorderster Front kämpft der Kabarettist und Absolvent der «Kunsti» für den Erhalt seiner ehemaligen Schule. Natürlich drehte sich vieles um den hohen Besuch. Viele Schülerinnen und Schüler nutzten die Gelegenheit, dem prominenten Vorgänger zu lauschen. Ganz still war es denn auch in der Kapelle an der Rössligasse 12 zu Beginn der Medienkonferenz.

13’500 Unterschriften – darunter viele grosse Namen

Als Erstes ergriff Melk Imboden, Präsident des «förderverein fachklasse grafik luzern» das Wort. Er zeigte sich sichtlich erfreut über die grosse Solidarität für die Schule. Die Petition für den Erhalt der Fachklasse hätten bisher 13’500 Personen unterzeichnet. «Das wäre ohne das grosse Engagement der Studierenden nicht möglich gewesen», so Imboden.

Die Unterschriftensammlung laufe noch bis zum 14. November weiter, hielt Imboden fest und verkündete stolz, welche grosse Persönlichkeiten ebenfalls zu den Unterstützern gehören: «Adolf Muschg, Fredi Murer, Pedro Lenz oder Isolde Schaad.» Auch aus dem Ausland habe er etliche Reaktionen erhalten, sagte Imboden weiter.

Als nächster Redner folgte Emil Steinberger. Er, der die Menschen gerne zum Lachen bringt, war in dieser Angelegenheit ganz ernst. Der 82-Jährige habe so viele Erinnerung an seine Zeit an dieser Schule, dass er seine Rede niedergeschrieben habe. Er entschuldigt sich, dass er nicht in Mundart spricht.

Der erste Teil von Emils Rede im Video

Emil sprach davon, was geschehe, wenn Privatschulen die Aufgaben einer solchen Institution übernehmen. Er habe gemeinsam mit seiner Frau erlebt, dass da gar nichts Gutes herauskommt. «Wir haben etwa einen Kurs nach dem ersten Tag sofort abgebrochen.» Emil richtete sich an die Politiker: «Eine so stolze Stadt wie Luzern – landschaftlich, kulturell auf hohem Niveau, mit einem einmaligen Hinterland, das darf man nicht zerstören.» Nur kreative Menschen hätten diese Stadt so weit gebracht.

«Streichen kann Kunst sein – mit dem Pinsel ja, aber nicht mit dem Rotstift.»

Emil Steinberger, Kabarettist und ehemaliger Schüler der Fachklasse Grafik

Zum Schluss kritiserte Emil auch die Steuerpolitik des Kantons: «Es ist nicht so, dass der Steuerfuss allein massgebend ist, um seinen Wohnort zu bestimmen. Das Image des Kantons kann auch massgebend werden.» Und in seiner gewohnt pointierten Art: «Streichen kann Kunst sein – mit dem Pinsel ja, aber nicht mit dem Rotstift.»

Rückendeckung vom Gewerbeverband

Der Direktor des Luzerner Gewerbeverbandes und FDP-Kantonsrat, Gaudenz Zemp, unterstrich die Bedeutung der Fachklasse Grafik für die Wirtschaft. Die Branche sei auf die Abgänger der hochklassigen Schule angewiesen. «Gerade unter den aktuellen harten Rahmenbedingungen mit dem starken Franken sind innovative Produkte und Dienstleistungen gefordert.» Es sei deshalb nicht einleuchtend, weshalb gerade in diesem Bereich ein Wettbewerbsvorteil preisgegeben werden soll. «Die Schweiz hat hier einen ausgezeichneten Ruf.»

Zemp, der im Kantonsrat die Budgetdebatte direkt beeinflussen kann, hielt fest, dass der Gewerbeverband jegliche Sparmassnahmen bei der Berufsbildung ablehnen würde. Die 48 Kantonsräte umfassende Gewerbegruppe sei mit einem Argumentarium bedient worden. Auch rühmte er die bisherigen Optimierungen der Fachklasse Grafik. «Der Prozess der Kostenoptimierung soll natürlich weiter gehen. Der Umzug nach Emmenbrücke wird vom Gewerbeverband begrüsst.» In Zukunft fordert er zudem Absolventenbefragungen.

Gaudenz Zemp, Direktor Gewerbeverband des Kantons Luzerns links und Urban Sager, Vizepräsident Verband Luzerner Mittelschullehrer ergriffen ebenfalls Partei für die Fachklasse Grafik.

Gaudenz Zemp, Direktor Gewerbeverband des Kantons Luzerns links und Urban Sager, Vizepräsident Verband Luzerner Mittelschullehrer ergriffen ebenfalls Partei für die Fachklasse Grafik.

(Bild: les)

«Es wäre eine Katastrophe»

Im Anschluss war Peter Dietschi, Verwaltungsrat von «LU Couture AG», an der Reihe. Diese Lehrwerkstatt in Willisau kann als Schwesternschule der Fachklasse Grafik bezeichnet werden und ist ein voller Erfolg. Entstanden ist die Institution aus dem Mangel an Lehrstellen beispielsweise für Schneider. «Damit diese nicht in angrenzende Kantone gehen, hat der Kanton in einer Vorwärtsstrategie dieses Lehratelier gegründet», so Dietschi. Dabei könnten die derzeit 31 Schüler ideal den Spagat zwischen Ausbildung und den Anforderungen des Marktes kennen lernen.

«Wird man ständig von Grund auf infrage gestellt, so verliert man das Vertrauen in seinen Arbeitgeber.»

Urban Sager, Präsident des Lehrervereins FMZ

Diesen Oktober hat Dietschi in Zusammenarbeit mit der Fachklasse Grafik eine Modeschau im KKL organisiert. Diese war für den visuellen Auftritt verantwortlich. «Ich hab wirklich unglaubliches Engagement, Enthusiasmus der Studierenden und viel Herzblut gespürt.» Etwas Besseres könne dem Markt gar nicht passieren, sagt ein faszinierter Dietschi. «Die Schliessung der Fachklasse Grafik wäre eine Schwächung des Wirtschaftsstandortes Luzern. Es wäre eine Katastrophe.»

Lehrer fühlen sich übergangen

FG! NOW!

Eine Sonderausstellung zeigt ausgewählte Arbeiten der Fachklasse Grafik. Zu sehen sind unter anderem aktuelle Plakate der Fachklasse, Portfolios von Schülern oder auch Projektarbeiten. Der Flyer und ein Kurzfilm zur Bewerbung des Events «Tag der Typografie 2015» werden gezeigt. Ebenso eine umfangreiche Dokumentation über den «Grundlagenkurs Grafik». Die Ausstellung zeigt den Bezug der Schule zur Zentralschweiz und verschiedene gestalterische Projekte.

Die Ausstellung in der «Kapelle» der Rössligasse 12 ist bis am 24. November von Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr für jedermann geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Als Letzter sprach Urban Sager, Präsident des Lehrervereins FMZ und Vizepräsident des Luzerner Mittelschullehrerverbandes, zu den Anwesenden. «Die Lehrerschaft ist vom Vorgehen der Regierung enttäuscht», sagte er gleich zu Beginn. Insbesondere die intransparente Kommunikation seitens der Regierung und somit des Arbeitgebers sei rücksichtslos. «Es wurde über unsere Köpfe hinweg entschieden.»

Die in der Bevölkerung spürbare breite Akzeptanz für die Ausbildung und die Bildung generell gebe allerdings Kraft. «Das Zerstören von Strukturen und Modellen darf kein Thema sein», so Sager. Jedes Jahr werde eine Schule auf den Prüfstand gestellt. «Wer folgt als Nächstes?», fragt er rhetorisch. Der Leistungsabbau wirke sich auch negativ auf die Motivation der Lehrkräfte aus. «Wird man ständig von Grund auf infrage gestellt, so verliert man das Vertrauen in seinen Arbeitgeber», so Sager. 

Emil kommt nicht aus dem Schwärmen

Im Anschluss gehörte die Bühne wieder dem Star der Veranstaltung: Emil. «Ich würde morgen wieder anfangen», gab er im Rückblick auf seine Zeit an der Schule zu Protokoll. Die Haltung an hier sei einfach einmalig. «Man konnte nie genug an der eigenen Kunst arbeiten.» Beim Erzählen seiner guten Erinnerung geriet Steinberger richtig ins Schwärmen. Diese Welt behagt ihm sichtlich besser als der Politik. Denn er fragte gleich selbst, was denn nun zur Rettung geschehen müsse und liess sich erklären, dass die Sparvorschläge der Regierung im Kantonsrat behandelt werden.

Die Fachklasse Grafik macht also weiter auf sich aufmerksam. Ob das Parlament an ihr festhält oder dem Sparvorschlag der Regierung folgt, entscheidet sich Anfang Dezember. 

Emil kommt bei den Erinnerungen an seine Zeit an der Rössligasse 12 ins Schwärmen.

Emil kommt bei den Erinnerungen an seine Zeit an der Rössligasse 12 ins Schwärmen.

(Bild: les)

Das sagt die Luzerner Regierung zur geplanten Schliessung der Fachklasse Grafik:

Sämtliche Kommentare zu den Luzerner Sparmassnahmen laufen über Finanzminister Marcel Schwerzmann. Dies äussert sich wie folgt: «Die Möglichkeit, eine grafische Ausbildung zu absolvieren, gibt es an verschiedenen Orten in der Schweiz; auch die übrigen Ausbildungsstätten haben einen sehr guten Ruf. In Luzern steht vom Gymnasium bis zur Hochschule ein breites und qualifiziertes Bildungs- und Ausbildungsangebot im grafischen und gestalterischen Bereich zur Verfügung»

Schwerzmann stellt die Frage: «Was müssen wir anbieten – und was können wir uns nicht auch noch leisten?» Deshalb hätte die Regierung berücksichtigt, dass sich die grafische Branche weniger stark an der Ausbildung des Berufsnachwuchses beteiligt als die übrigen Berufsverbände und dass der Zentralschweizer Arbeitsmarkt für die Abgänger der Fachklasse Grafik sehr überschaubar sei.

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