So funktioniert der neue FCL-Trainer

«Fabio Celestini war Lausannes Antwort auf Arno Del Curto»

FCL-Trainer Fabio Celestini verlangt von seinen Spielern auf dem Platz, dass sie den Ball unbedingt besitzen wollen. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

An diesem Freitag ist der FC Luzern ins Trainingslager nach Marbella abgereist. Dem neuverpflichteten Trainer Fabio Celestini (44) bleibt bis zum Rückrundenstart in gut zwei Wochen in Zürich nur wenig Zeit, um die abstiegsbedrohte Mannschaft auf Kurs zu bringen. Doch wie arbeitet Celestini? Und wofür steht er?

zentralplus hat bei einem nachgefragt, der es wissen muss: André Boschetti, Redaktor im Sportcenter in der Romandie, verfolgt den FC Lausanne-Sport seit Jahren. Er hat Fabio Celestini bei dessem ersten Engagement als Cheftrainer begleitet und beobachtet.

zentralplus: André Boschetti, was ist Ihnen über Fabio Celestini und seine Zeit in Lausanne in der Hauptsache geblieben?

André Boschetti: Als er im März 2015 Lausanne übernahm, befand sich der Klub in einer Situation, die man ohne Übertreibung als katastrophal bezeichnen kann. Er lief Gefahr, von der zweithöchsten Spielklasse in die Promotion League abzusteigen. Celestini hat das zu verhindern gewusst. 15 Monate später stieg er mit den fast gleichen Spielern von der Challenge in die Super League auf. Man muss dazu wissen: Zu dieser Zeit hatte Lausanne praktisch kein Geld zur Verfügung. Der Aufstieg in die höchste Spielklasse war das Verdienst des Trainers.

zentralplus: Wie hatte Celestini das geschafft?

Boschetti: Er hat die Mannschaft zu einer echten Einheit zusammengeschweisst und sie zu dazu gebracht, auf dem Platz ein Spiel auf einem qualitativ guten Niveau abzuliefern. Celestini ist eine gute Organisation von hinten heraus wichtig. Die Defensive ist die Basis für sein Offensivspiel. Man muss sich dabei unbedingt vor Augen halten, dass das Niveau der damaligen Einzelspieler von Lausanne überschaubar war.

zentralplus: Celestini investiert also viel Zeit und Arbeit in die taktische Lehre?

«Celestini erwartet viel von den Spielern. Damit meine ich vor allem Disziplin und Organisation.»

Fussballjournalist André Boschetti

Boschetti: Genau. Auf der taktischen und damit einhergehend auf der technischen Schulung liegt das Hauptaugenmerk seiner Arbeit als Trainer. Celestini erwartet viel von den Spielern. Damit meine ich vor allem Disziplin und Organisation. Er will Spieler auf dem Platz, die es lieben, den Ball zu besitzen und damit gleichzeitig auch Verantwortung für das sportliche Wohl der Mannschaft zu übernehmen.

zentralplus: Die Geschichte mit Celestini und Lausanne schrieb weitere positive Kapitel.

Boschetti: In der ersten Super-League-Saison 2016/17 ging es im gleichen Ton weiter. Ohne grosse Verstärkungen klappte es mit dem Ligaerhalt. Die Spieler haben sich weiterentwickelt und Celestini half ihnen dabei, ihr Leistungsniveau auf Super League-Level zu heben.

zentralplus: Dennoch endete die anfängliche Erfolgsgeschichte im Abstieg 2017/18, den Celestini nur deshalb nicht mehr über sich ergehen lassen musste, weil er zuvor entlassen wurde. Was führte zum Bruch?

«Ich glaube, er hat im Frühjahr 2018 ein kleines Burnout erlitten.»

Boschetti: Lausanne lag an Weihnachten 2017 auf Platz 5 der Super League, als das finanziell potente Unternehmen Ineos bei Lausanne einstieg. Celestini durfte im Januar 2018 auf Einkaufstour gehen und verpflichtete sechs neue Spieler. Aber die vermeintlichen Verstärkungen erwiesen sich als Katastrophe.

zentralplus: Inwiefern?

Boschetti: Celestini trifft dabei eine Teilschuld, weil er die neuen Spieler, die zum Beispiel Simone Rapp oder Enzo Zidane hiessen, auswählte. Diese haben die solidarische Einheit, die Lausanne bis dahin auszeichnete, zerstört. Die Identität von Lausanne von Lausanne und die Hierarchie im Team ging kaputt.

zentralplus: Wie ging Celestini mit dem Niedergang seines Werkes um?

Boschetti: Ich glaube, er hat im Frühjahr 2018 ein kleines Burnout erlitten.

zentralplus: Ah ja: Woran machen Sie das fest?

Boschetti: Bevor Ineos bei Lausanne einstieg, erledigte Celestini alles mit dem damaligen Präsident Alain Joseph. Es gab ja keinen Sportchef, nur ihn und den Präsidenten als handelnde Personen. Nichts geschah ohne Celestinis Wesen und Wirken.

zentralplus: Celestini war also so etwas wie Lausannes Antwort auf Arno Del Curto beim Eishockeyklub Davos.

«Celestini führte die Mannschaft zwar nicht wie ein Diktator, aber doch im Stile eines Kommandanten.»

Boschetti: Ja, das trifft es genau. Und als das Ganze vor seiner Entlassung im April 2018 aus den Fugen geraten war, fehlte Celestini die Energie und das Werkzeug, um den Niedergang abzuwenden.

zentralplus: Was meinen Sie mit Werkzeug?

Boschetti: Celestini führte die Mannschaft zwar nicht wie ein Diktator, aber doch im Stile eines Kommandanten. Er bestimmte und konnte hart zu den Spielern sein, nicht wenige würden seinen Führungsstil als gnadenlos bezeichnen. Zudem gehörte es zu Celestinis Art, dass er mit dem Spiel und der Leistung seiner Mannschaft selten zufrieden war. Aber wissen Sie was?

zentralplus: Nein, aber Sie werden es mir hoffentlich gleich verraten.

Boschetti: Celestini hat seinen Führungsstil geändert. Er redet mehr mit den Spielern und geht besser auf sie ein.

zentralplus: Wie wollen Sie das wissen?

Boschetti: Verschiedene Medienschaffende, die Celestini während seinem letzten Engagement in Lugano intensiv verfolgt haben, als er die Mannschaft zunächst in die Gruppenphase der Europa League geführt hat, vermittelten mir diesen Eindruck.

zentralplus: Was fiel eigentlich zwischen dem aktuellen FCL-Stürmer Francesco Margiotta und Fabio Celestini in deren gemeinsamen Zeit bei Lausanne vor?

«Margiotta musste auf die Seite ausweichen. Das raubte ihm Torgefahr und Selbstvertrauen.»

Boschetti: Meines Wissens hat sich da kein Eklat zugetragen. Aber es ging in den letzten drei Monaten in Lausanne auch zwischen den beiden nur noch abwärts. Als Margiotta auf die Saison 2016/17 von Celestini verpflichtet wurde, schwang er sich zügig zum besten Spieler der Mannschaft auf. Als aber Rapp zu Beginn des Jahres 2018 kam, musste Margiotta von der zentralen Position im Angriff auf die Seite ausweichen. Das raubte ihm Torgefahr und Selbstvertrauen.

zentralplus: Was hatten Sie für ein Gefühl, als das Engagement Celestinis beim FC Luzern bekannt wurde?

Boschetti: Ich bin der Überzeugung, dass Celestini alles in sich vereinigt, um ein sehr guter Trainer zu werden.

«Das ist der springende Punkt. Celestini ist nicht mehr der gleiche wie zu seiner Zeit in Lausanne.»

zentralplus: Warum?

Boschetti: Als Trainer lebt er das vor, was er schon als Schweizer Nationalspieler verkörperte: Celestini war nie mit sich zufrieden, darum arbeitete er mehr als die anderen. Und darum war es ihm vergönnt, in Spaniens erster Liga eine hohe Wertschätzung zu erlangen. Das war nicht bloss seinem Talent geschuldet. Er wollte immer dazulernen.

zentralplus: Offenbar auch als Trainer, wie Sie sagen.

Boschetti: Das ist der springende Punkt. Celestini ist nicht mehr der gleiche wie zu seiner Zeit in Lausanne. Er vertraut zwar nach wie vor darauf, seine Mannschaft über die taktische und technische Schulung besser zu machen. Aber er kann sie mittlerweile besser führen, weil er besser kommuniziert und die Spieler mehr in seine Arbeit einbindet.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon