Wie Kunden und Experten in Luzern reagieren

«Ex Libris»-Filialen schliessen – und kaum einer ist überrascht

Die Ex-Libris-Filiale in der Hertensteinstrasse 29. (Bild: ida)

Ex Libris schliesst schweizweit einen Grossteil seiner Filialen – in Luzern und Zug bleibt nur gerade ein Standort übrig. Detailhandelsexperten haben das vorhergesehen. Und Kunden vor Ort finden die Schliessung zwar schade, reagieren aber mit wenig Verwunderung.

«Der Entscheid ist uns sehr schwer gefallen. Er schafft jedoch Klarheit und ist leider für die gesunde Zukunft von Ex Libris notwendig.» So begründet Daniel Röthlin, Unternehmensleiter von Ex Libris, die Schliessungen.

In einer Medienmitteilung vom Mittwoch erklärte die Migros-Tochter, dass sie schweizweit 43 Filialen schliessen wird – dies entspricht 75 Prozent aller Filialen. Man wolle sich auf die Digitalisierung und den Onlinehandel konzentrieren. 114 Mitarbeiter werden entlassen, für die ein Sozialplan erstellt wird. Auch die Filialen in Zug und Luzern sind betroffen. Einzig der Standort in Sursee wird in der Zentralschweiz erhalten (zentralplus berichtete).

Diese Entwicklung kommt für Detailhandelsspezialisten alles andere als unerwartet. Auch Kundschaft vor Ort in der Filiale in der Hertensteinstrasse, die auch von der Schliessung betroffen ist, zeigen sich kaum beeindruckt.

Filialschliessungen waren absehbar

Detailhandelsexperte Thomas Hochreutener von GfK Switzerland zeigt sich gefasst über die Reduktion der stationären Verkaufsstellen von Ex Libris. «Dies kommt überhaupt nicht überraschend und war absolut absehbar», so Hochreutener. Eine stationäre Verkaufsstelle in einer digitalisierten Gesellschaft am Überleben zu halten, sei schwierig. Insbesondere Buchhandlungen haben schwer mit der Digitalisierung zu kämpfen, so Hochreutener. «Der ganze Handel verlagert sich nun mal ins Internet», erklärt er. «In Zeiten, wo es eine Vielzahl an Möglichkeiten für digitale Abonnements für Filme und Musik gibt, kaufen nur noch wenige einen Film in einem Laden.»

Ex Libris spürt diesen Wandel. Im Geschäftsergebnis von 2017 zeigte sich, dass Onlineumsätze um acht Prozent stiegen. In stationären Filialen kam es zu grossen Einbussen. Seit 2010 wurden rund 60 Filialen geschlossen, so auch in Luzern bei der Kantonalbank.

«Durch Netflix, Spotify und Co. brechen ganze Geschäftsfelder weg.»

Darius Zumstein, Experte für E-Commerce

Darius Zumstein, Dozent an der Hochschule Luzern und Experte für E-Commerce, ist über die Schliessungen ebenfalls nicht überrascht. Ex Libris bietet Standardprodukte an: Für Bücher, DVD und CDs werden wenige Beratungen beansprucht. Auch Zumstein spricht den Wandel des Geschäftsmodells an und die zunehmende Digitalisierung: «Durch Netflix, Spotify und Co. brechen ganze Geschäftsfelder weg.» So benötige der Konsument auch keine physischen Produkte mehr.

Ex Libris sei innovativ und fortschrittlich, so Zumstein. Man habe viele Ressourcen in neue Technologien investiert und eine Optimierung des gesamthaften Systems angestrebt. «Ex Libris hat diesen Wandel ernst genommen. Andere haben das komplett verschlafen», sagt Zumstein. Laufend habe man den Online-Shop erweitert. Dass man sich künftig auf den Onlinehandel fokussiere, sei nicht verwunderlich.

«Dass 75 Prozent aller Filialen auf einen Schnitt radikal geschlossen werden, deutet auf grosse Probleme und Druck in der Branche hin.»

Darius Zumstein

Dennoch zeigt sich Zumstein über den Kahlschlag der Schliessungen bestürzt: «Dass es Schliessungen gibt, ist nicht verwunderlich. Dass aber 75 Prozent aller Filialen auf einen Schnitt radikal geschlossen werden, deutet auf grosse Probleme und Druck in der Branche hin.» Bei Ex Libris bestehe ein Effizienzgedanke, um mit weniger Filialen mehr Profit erzielen zu können. Zuvor habe man mit zusätzlicher Investion in neue Ressourcen auch den Offlinehandel stärken wollen.

Hochreutener ergänzt, dass der Onlinehandel mehrere Vorteile für den Konsumenten bringe. Während in Filialen vor Ort nur eine begrenzte Auswahl des Angebots zur Verfügung stehe, könne man online auf die ganze Palette zugreifen, so Hochreutener. Doch auch für den Betreiber resultieren daraus Vorteile: Die Onlinebewirtschaftung von Produkten wie das Informationssystem seien einfacher. Auch der Kostenpunkt sei entscheidend.

Passanten kaum ergriffen

Und was meinen Passanten vor Ort, die bei der Ex-Libris-Filiale in der Hertensteinstrasse die Regale abklappern?

«Für mich ist das nicht matchentscheidend.»

Hans Lehni, Kunde

«Mir ist das egal. Viel Spezielles haben die eh nicht mehr angeboten», meint ein Passant, der lieber anonym bleiben möchte und vor der Ex-Libris-Filiale gerade CDs durchstöbert. «Sie sind selbst schuld, dass die Filialen geschlossen werden. Ich habe das Gefühl, sie möchten das auch selbst. Man gibt sich als Filiale keine Chance, wenn sich alles in Richtung Onlinehandel verschiebt und man einzig und alleine darauf setzt.» Er durchforstet weiter die CDs: «Ich kaufe selten bis nie etwas hier, da man CDs hier nicht hören darf. Bei Musik Hug war das besser, da konnte man reinhören und wurde zusätzlich noch gut beraten. Das war noch echter Kundenservice.»

«Für die betroffenen Mitarbeiter ist das tragisch.»

Silvia Frei, Kundin

Hans Lehni, wohnhaft in Luzern, meint auf Nachfrage, dass er hier nur ab und zu ein Rätselheftli kaufen würde. «Für mich ist das nicht matchentscheidend», gibt sich der 78-Jährige gefasst. Dass die Filiale zuginge, würde ihn nicht weiter stören. Würde er seine Heftli auch weiter online einkaufen? «Nein», meint er bestimmt. «Der Computer ist mir fremd.»

Eine andere Passantin bedauert den Entscheid und denkt an die Mitarbeiter, die ihren Job verlieren werden: «Es ist schade um die vielen Arbeitsplätze, die dadurch verloren gehen», meint Silvia Frei aus Buchrain. «Das ist wirklich tragisch für die Betroffenen.» Doch auch sie sei keine treue Ex-Libris-Kundin.

 

In der Facebook-Gruppe «Du besch vo Lozärn, wenn...» tauschen sich Nutzer über die Filialschliessungen von Ex Libris aus.

In der Facebook-Gruppe «Du besch vo Lozärn, wenn…» tauschen sich Nutzer über die Filialschliessungen von Ex Libris aus.

(Bild: Screenshot Facebook)

Auch virtuell ist die Diskussion voll im Gange. In der Facebook-Gruppe «Du besch vo Lozärn, wenn …» tauschen derzeit einige ihre persönliche Meinung aus. Einige bedauern den Entscheid der Filialschliessungen. Eine Facebook-Nutzerin meint dazu: «Sie haben dies ja auch selbst so forciert. An vielen Orten hat man die Antwort erhalten: ‹Bestellen Sie dies doch bitte online›.» Die Meinungen der Konsumenten könnten facettenreicher nicht sein. Die Frage stellt sich, ob Ex Libris die Filialschliessungen selbst zu verschulden hat.

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