Titelgewinne im gleichen Jahr sind kein Zufall

EVZ und FCL: Noch nie wurden sie sportlich so kompetent geführt

EVZ-Trainer Dan Tangnes (links) und FCL-Trainer Fabio Celestini haben ihre Schützlinge im 2021 zu Spitzenleistungen getrieben. (Bild: Pascal Mueller/freshfocus und Martin Meienberger)

2021 ist das triumphalste Jahr in der Geschichte des Zentralschweizer Mannschaftssportes: Der EV Zug wird Schweizer Meister, der FC Luzern gewinnt den nationalen Cup. Die Gemeinsamkeiten dieser beiden Erfolge sind augenfällig und an den vergleichbaren Besetzungen von Sportchef und Trainer festzumachen.

Der EV Zug ist am 7. Mai nach 23 Jahren an die Spitze des nationalen Eishockeys zurückgekehrt. Mit Dan Tangnes als charismatischem Trainer und Reto Kläy als umsichtigem Sportchef.

Der FC Luzern hat am 24. Mai seine titellose Zeit nach 29 Jahren mit dem dritten Cupsieg in der Klubgeschichte beendet. Mit Fabio Celestini als charismatischem Trainer und Remo Meyer als umsichtigem Sportchef.

Auf dem Weg zu den besten Ligen ihrer Sportwelt

Was lernen wir aus den Erfolgen des EV Zug und des FC Luzern? Es braucht im bezahlten Sport eine klare und moderne Vorstellung von dem, was man auf den eigenen Spielplatz bringen will. Dazu ein Leistungsprimat, das für alle gilt. Und erst recht einen glaubwürdigen Trainer, der seine Spieler in der Garderobe für seine Philosophie begeistern und Spass an der Arbeit vermitteln kann.

Auch wenn Dan Tangnes aus dem kühlen Norden stammt und Fabio Celestini seine Wurzeln im südlichen Europa hat, so weisen sie in ihrem Wesen und Wirken viele Parallelen auf. Zum einen wegen ihres Alters: Der EVZ-Trainer aus Oslo ist 42, sein FCL-Pendant aus Lausanne 45. Sie sind beide ambitioniert und daran, ihre Karriere zu lancieren.

Sowohl im Eishockey als auch im Fussball gibt es als Cheftrainer in der Schweiz keine spannenderen Persönlichkeiten als Dan Tangnes (Vertrag bis 2024) und Fabio Celestini (Vertrag bis 2023). Wahrscheinlich, dass sie dereinst in die besten Ligen ihrer Sportwelt berufen werden.

Mitspracherecht statt Diktatur

In ihrem Wirken funktionieren sie nahezu deckungsgleich: Beide haben sie ein Optimum aus ihrem zur Verfügung stehenden Spielerkader herausgeholt.

Dan Tangnes coachte ein Team, das qualitativ zu den besten der National League gehört. Mit seinen Mannen dominierte er die Qualifikation und erwies sich trotz riesiger Erwartungshaltung in den Playoffs als unüberwindbar. Eine erstklassige Vorstellung, die nicht hoch genug einzuschätzen ist.

Fabio Celestinis Mannschaft gehört nicht zur First Class der Super League. Aber er hat es verstanden, die Chance zu nutzen, die sich im Schweizer Cup bot. Er hat seine Spieler im Final dazu gebracht, die beste Leistung einer FCL-Equipe in diesem Jahrtausend abzurufen. Eine erstklassige Vorstellung, die nicht hoch genug einzuschätzen ist.

Es ist ihnen beiden wohl deshalb so gut gelungen, weil sie in der Teamführung nicht wie Generäle auftreten. Sie haben die Ansichten ihrer Leistungsträger in die taktischen Überlegungen einbezogen. Mitspracherecht statt Diktatur.

Das Spielsystem bringt sie weiter

Aber damit sind die Gemeinsamkeiten der beiden aufstrebenden Cheftrainer nicht erschöpft: Beide haben ihren Akteuren ein Spielsystem eingeimpft, das für Attraktivität und Moderne steht. Die Zuger wie auch die Luzerner Profis spielen es gerne, weil es für Offensive, kreativen Freiraum und Aktivität steht. Es bringt sie weiter.

Aber die Umsetzung klappt letzten Endes nur mit einer starken Mentalität und einer hohen Solidarität. Dan Tangnes und Fabio Celestini werden in ihrer Kommunikation niemals müde zu betonen, dass diese Komponenten vor allen technischen Fähigkeiten der Schlüssel zum Erfolg sind.

Es sind Werte, die zusammenschweissen, wenn Leistungsprimat und Psychohygiene in einem Profi-Team stimmen. Dadurch entwickelt sich nicht nur die Mannschaft, sondern mit ihr auch die einzelnen Spieler.

Viel Selbstironie statt bloss einer Dümmlichkeit

Der vielleicht wichtigste Aspekt ihrer erfolgreichen Arbeit ist wohl der Persönlichkeitsstruktur von Dan Tangnes und Fabio Celestini geschuldet: Sie fühlen sich weder Spieleragenten, verdienten Spielern und schon gar nicht Medienschaffenden verpflichtet.

Dafür stellen sie sich jederzeit professionell den Fragen der Medienschaffenden. Beiden Cheftrainern ist es eigen, dass sie in ihren Einschätzungen nicht nur Selbstironie besitzen. Sondern auch, dass ihnen vor oder erst recht in den Minuten nach einem emotionalen Wettkampf noch nie ein dummes Wort über die Lippen gekommen ist.

Die ihre Trainer unterstützenden und in deren Vision ergänzenden Sportchefs: Reto Kläy vom EV Zug (links) und Remo Meyer vom FC Luzern. (Bild: zvg und Martin Meienberger/freshfocus)

Die Trainerwahl der Sportchefs spricht Bände

Aber sowohl Dan Tangnes als auch Fabio Celestini hätten keine Chance, ihre Fähigkeiten zu entfalten, wenn sie keine Chefs hätten, die ähnlich ticken. Chefs, die ebenfalls angetreten sind, um zu gestalten statt zu verwalten. Und eine Vorstellung vom richtigen Weg zum Erfolg haben.

Sportchefs, die genauso unabhängig, unaufgeregt und visionär handeln wie ihre wichtigsten Angestellten. Die Trainerwahl von EVZ-Sportchef Reto Kläy und seines FCL-Berufskollegen Remo Meyer spricht Bände.

Kläy hat den zweifachen Schweizer Meistertrainer Harold Kreis (2006 mit Lugano und 2008 mit den ZSC Lions) trotz eines weiterlaufenden Vertrages im Sommer 2018 durch den ausserhalb Schwedens völlig unbekannten Dan Tangnes ersetzt. Der Norweger hatte zu diesem Zeitpunkt in seiner Trainerkarriere noch keine einzige Playoff-Serie gewonnen. Aber keiner passte zu seinem Anforderungsprofil so gut wie Tangnes.

Meyer hat im Januar 2020 den völlig überforderten Thomas Häberli gefeuert und durch Fabio Celestini ersetzt. In höchster Abstiegsnot korrigierte er seinen Fehlentscheid auf dem Trainerposten und engagierte einen Fachmann, der für Offensivfussball und eine sportliche sowie wirtschaftliche Perspektive steht. Der FCL ist auf Transfererlöse angewiesen, um sein Unternehmen am Laufen zu halten.

Der Wunsch nach Unendlichkeit

Reto Kläy und Remo Meyer haben mit diesen Personalrochaden nicht nur ihren eigenen Job aufs Spiel gesetzt – sondern damit auch demonstriert, dass sie sehr viel davon verstehen, wofür sie tagtäglich engagiert sind.

Übrigens: Reto Kläy ist 42 Jahre alt, Remo Meyer gut zwei Jahre jünger. Im Gegensatz zu ihren Trainern, die beide früher auf die Welt gekommen und wegen ihres Jobprofils dem Hier und Jetzt verpflichtet sind, wird von ihnen mehr Verbundenheit zu ihrem Arbeitgeber erwartet. Diese wird wegen ihrer Erfolge im 2021 kaum geringer geworden sein.

Wie für die Trainer gilt auch für deren Sportchefs: Sie sind derzeit die spannendsten Persönlichkeiten, die es in ihren Sportarten auf höchster Stufe gibt.

Als Anhänger des EV Zug und des FC Luzern wünscht man sich in diesen Mai-Tagen wohl Unendlichkeit. Noch nie wurde die Sportabteilung der beiden Klubs seit deren Bestehen so kompetent geführt.

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