Mentalcoach Saul Miller soll Zuger zum Sieg führen

EVZ im Formtief: Alles nur eine Frage der Einstellung?

Der Kanadische Sportpsychologe Saul Miller will Zug zum Erfolg führen.

(Bild: EVZ/zVg)

Am Samstag beginnt für den EV Zug mit den Playoffs der entscheidende Teil der Hockey-Saison. Es gilt, die Dämonen der letzten beiden Saisons zu vertreiben und ab dem ersten Spiel voll bereit zu sein. Womöglich ist deshalb Zugs wichtigster Trumpf kein Spieler oder Trainer, sondern ein selten gesehener Gast in Zug: der Sportpsychologe Saul Miller.

Der Kanadier Saul Miller arbeitet seit dieser Saison für den EV Zug und seit Kurzem auch für die Schweizer Nationalmannschaft. Rechtzeitig auf die Playoffs ist er in Zug eingetroffen – zum erst zweiten Mal in dieser Saison. Einen Monat nach Saisonbeginn und kurz vor dem Start der Playoffs steht Miller für je zwei Wochen beim EVZ auf der Matte – oder eben auf dem Eis. Das entspricht dem üblichem Prozedere des Sportpsychologen, der während der Saison 2005–2006 beim HC Lugano gewirkt hat. Aber was macht dieser weit Hergereiste eigentlich genau?

«Bei den Besuchen treffe ich mich mit den Coaches und spreche mit dem Team über Fokus, emotionale Kontrolle, mentale Vorbereitung, Teambildung. Ich treffe die Führungsgruppe des Teams und führe individuelle Gespräche mit jedem Spieler», erklärt er. Während der Saison tausche er sich zudem per Skype und E-Mail mit den Coaches und einzelnen Spielern aus, die dies wünschten. Einmal monatlich werde er zudem per Skype auf Grossbildschirm in die Kabine zugeschaltet und richte eine Ansprache an das ganze Team.

«Saul gibt uns Tools zum Arbeiten. Jeder muss selber wissen, wie er sie nutzen will.»

EVZ-Stürmer Fabian Schnyder

Wie kommt diese ungewohnte Art der Zusammenarbeit bei den Spielern an? EVZ-Stürmer Fabian Schnyder beurteilt sie positiv: «Saul gibt uns Tools zum Arbeiten. Jeder muss selber wissen, wie er sie nutzen will.» Die Entscheidung, mit Miller zusammenzuarbeiten, sei nach dem letztjährigen sang- und klanglosen Ausscheiden gegen Lugano im Playoff-Viertelfinal getroffen worden. Es sei eine Massnahme gewesen, mit der das Team versucht habe, die Voraussetzungen für Steigerungen der einzelnen Spieler und somit erfolgreiche Playoffs zu verbessern. «Letztendlich soll jeder individuell und folglich die Mannschaft als Ganzes besser werden», so der Flügelstürmer.

Mehrfacher Meistermacher

Im Kampf, sich in allen Bereichen zu verbessern, wurde dem mentalen Aspekt im Spitzensport in den letzten Jahren immer mehr Bedeutung zugemessen. Und wenn es im Schweizer Eishockey einen Sportpsychologen gibt, der den Erfolg zu garantieren scheint, dann ist es Saul Miller. Seit über 25 Jahren berät er diverse Teams und Spieler in den unterschiedlichsten nordamerikanischen Profiligen.

2006 verhalf er in seiner ersten Saison in der Schweiz Lugano zum bisher letzten Meistertitel. Mit dem SC Bern holte er zwei Meistertitel und stand 2012 im Playoff-Final. Besonders eindrücklich war seine Leistung letzten Frühling. Die in der Krise sitzenden Berner konnte er derart aufbauen, dass sie nicht nur die Playoffs erreichten, sondern diese regelrecht durchmarschierten. Diese mentale und spielerische Auferstehung wurde mit dem Meistertitel gekrönt.

Richtiges Mindset

Doch was macht Millers Erfolgsgeheimnis aus? Schnyder nennt seine Herkunft aus dem Hockey. «Bei ihm geht es weniger um 08/15-Mentaltipps, sondern ums Hockey. Er hat in den Spielen Pässe, Schüsse und Spielzüge gesehen und kann dir sagen ‹Hey, ich habe gesehen, dass du es kannst. Versuch es doch.›» In der Tat war Miller früher als Hockey-Goalie tätig, auch wenn er sich bereits im College vermehrt auf American Football konzentrierte. Prägender war wohl seine Zusammenarbeit mit verschiedenen NHL-Organisationen und Spielern.

So äussern sich NHL-Legenden wie Mark Messier, Steve Yzerman und Pavel Bure, die alle zu den hundert besten Spielern der NHL-Geschichte gewählt wurden, in Millers Buch «Hockey Tough» über die Zusammenarbeit mit dem mehrfachen Buchautor, der auch schon zahlreiche Grosskonzerne und deren Manager beraten hat.

«Miller beabsichtigt mit seinen Techniken, dass man Gedanken, die man vor oder während eines Matches produziert, steuern kann, sodass man mit dem richtigen Mindset in ein Spiel geht.»

Tobias Stephan, EVZ-Torhüter

Funktioniert Millers Erfolgsformel?

Miller versucht, mit jedem Spieler individuell Techniken zu besprechen, die ihn weiterbringen könnten. Seine Techniken beinhalten unter anderem Selbstgespräche, Affirmationen, die Auseinandersetzung mit mentalen Bildern, Kinästhetik sowie die Arbeit an Atmung und Energie. Torhüter Tobias Stephan, der schon länger mit Mental-Coaches zusammenarbeitet, nutzt einige Inputs von Miller: «Miller beabsichtigt mit seinen Techniken, dass man Gedanken, die man vor oder während eines Matches produziert, steuern kann, sodass man mit dem richtigen Mindset in ein Spiel geht. Zudem helfen seine Tools bei der Erholung und dabei, die eigene Nervosität herunterzufahren.»

«Um konstant gut zu spielen, muss man mental vorbereitet sein. Dies schafft Selbstvertrauen und hilft, den Fokus zu behalten oder sich gegebenenfalls neu zu fokussieren.»

Mentaltrainer Saul Miller

Nun sind die Zuger ausgerechnet vor den Playoffs in ein Formtief geraten. Wie hilft Miller ihnen, aus diesem herauszufinden und mit dem richtigen Mindset in die Playoffs zu starten? «Die Liga ist sehr ausgeglichen und an einem bestimmten Abend kann jedes Team jeden Gegner schlagen. Um konstant gut zu spielen, muss man mental vorbereitet sein. Dies schafft Selbstvertrauen und hilft, den Fokus zu behalten oder sich gegebenenfalls neu zu fokussieren», so der Zuger Hoffnungsträger. Gelingt es den Zugern also, sich wieder voll auf die eigene Leistung im nächsten Einsatz zu konzentrieren, könnte Millers Erfolgsformel einmal mehr zum Tragen kommen. Falls nicht, drohen dem EVZ abermals kurze Playoffs.

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