Der Prototyp der modernen Trainer-Generation

Dan Tangnes impfte den EV Zug mit dem Sieger-Gen

Qualifikationssieger und Meister 2021, Qualifikationssieger 2022: Führt Dan Tangnes den EV Zug in diesen Playoffs zur zweiten perfekten Saison? (Bild: Marusca Rezzonico/freshfocus)

Als moderne Version des früheren SCB-Bandengenerals Kari Jalonen ist Dan Tangnes der erfolgreichste Trainer in der National League geworden. Der 43-jährige Norweger hat den EVZ zur aktuellen Nummer 1 der Schweiz gemacht. Errichtet er eine neue Dynastie?

Sie scheinen beste Freunde zu sein, Dan Tangnes und der Playoff-Final. Das ist umso bemerkenswerter, weil der skandinavische Übungsleiter vor seinem Wechsel in die Schweiz nicht eine einzige Playoff-Serie in seiner Trainer-Karriere gewonnen hatte (zentralplus berichtete).

2019, in seiner ersten Saison mit den Zugern, erreichte Dan Tangnes den Playoff-Final. Und verlor ihn gegen den SCB und dessen finnischen Bandengeneral Kari Jalonen. 2021, bei seinem zweiten Anlauf nach den im Jahr zuvor wegen Corona ausgefallenen Playoffs, führte Dan Tangnes die Zuger zum zweiten Titelgewinn in der Klubgeschichte nach 1998.

Seine erfolgreiche Arbeit mit dem EVZ schmückte er noch mit dem Cupsieg 2019, der Rekord-Quali 2021 und dem abermaligen Gewinn der Qualifikation 2022 aus. Die Zuger haben sich wieder die beste Ausgangslage vor den Playoffs erarbeitet.

Die perfekte Kombination von EVZ-Trainer Dan Tangnes

Aber warum fiel die Arbeit von Dan Tangnes in Zug auf fruchtbaren Boden? Es ist wohl eine Kombination aus seiner Persönlichkeit, seinem Fachwissen und seiner Sozialkompetenz. Diese traf auf eine Generation von Schweizer Spielern, die nicht mehr einfach bloss gehorcht und ausführt.

Dan Tangnes besitzt das, was für einen Cheftrainer unabdingbar ist: Charisma. Mit seiner Ausstrahlung füllt er einen Raum. Die Spieler hängen ihm an den Lippen und lassen sich von seinen Vorstellungen von Eishockey überzeugen. Aber auch vor der Garderobentür fällt es ihm nicht schwer, die Medienschaffenden in seinen Bann zu ziehen.

«Ich verbringe mit meinen Assistenztrainern Josh Holden und Niklas Gällstedt über 60 Stunden pro Woche. Das ist mehr als mit meiner Frau.»

Das gelingt ihm nicht nur mit seinen kommunikativen Fähigkeiten und der ihm eigenen Selbstironie. Dan Tangnes ist auch in den Emotionen nach einem aufwühlenden Ernstkampf noch nie ein dummes Wort über die Lippen gekommen. Er hält sich selber und die Garderobe unter Kontrolle.

EVZ: Tangnes bindet das Wissen seiner Spieler ein

Vor allem aber ist er ein Prototyp der neuen Trainer-Generation, die sich als Gegenentwurf eines klassischen Bandengenerals versteht. Der Bandengeneral bestimmt im sportlichen Bereich alles und sagt jedem Spieler in der Garderobe, was er zu tun und zu lassen hat. Nach diesem Prinzip funktionierte das Eishockey seit dessen Erfindung.

Die neue Trainer-Generation hingegen bindet die Spieler, deren Wissen und Lösungsvorschläge in die taktische Ausrichtung auf dem Eis ein. Dan Tangnes verteilt die Verantwortung auf viele Schultern und gibt damit jedem Einzelnen Bedeutung und Respekt. Die Hierarchie ist flach.

«Um sich Erfolg erarbeiten zu können, braucht es Konstanz in der ganzen Organisation.»

Der Norweger sagte einmal: «Ich verbringe mit meinen Assistenztrainern Josh Holden und Niklas Gällstedt über 60 Stunden pro Woche. Das ist mehr als mit meiner Frau.» Um den EV Zug in der Erfolgsspur zu halten, ist Detailversessenheit unumgänglich.

Tangnes macht den EVZ und die Einzelspieler besser

Sein grösstes Verdienst? Er hat die besten Einzelspieler im EV Zug nicht ausgepresst wie ein Zitrone, um das Optimum herauszuholen. Stattdessen hat er die Arrivierten gefordert und die jungen Talente gefördert. So ist es Dan Tangnes gelungen, das Beste aus jedem Einzelspieler und letztlich der Mannschaft herauszuholen. Mit seinen Methoden hat er die Zuger mit dem Sieger-Gen geimpft.

Dem EVZ-Meisterschützen Grégory Hofmann hat er vor Beginn dieser Saison zu einem Vertrag in der NHL verholfen (zentralplus berichtete). Und die Punkte-Produktion von Dario Simion erreichte Höhen, die den Tessiner zu einem WM-Fahrer 2021 und einem Olympia-Teilnehmer 2022 machten.

«Die grösste Herausforderung nach dem Gewinn des Meistertitels war, kompetitiv zu bleiben», spricht Dan Tangnes den Umbruch des Teams im letzten Sommer an. Besser hätte er die Aufgabe kaum meistern können. Der EVZ wiederholte den Qualifikationssieg aus dem Vorjahr trotz fünf Niederlagen in den letzten fünf Spielen.

EVZ-Coach: Die Spieler sollen spielen und nicht überlegen

Doch die Anerkennung für die erfolgreichste Zeit der Zuger in diesem Jahrtausend will sich Dan Tangnes nicht bloss an sein Revers heften lassen. «Um sich Erfolg erarbeiten zu können, braucht es Konstanz in der ganzen Organisation. Ein Präsident, ein CEO, ein sportliches Management und der Coaching Staff, die mit ihrer Arbeit und Leidenschaft eine klare Strategie befolgen», hält er fest.

«Ich fokussiere mich stets auf meine aktuelle Aufgabe. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, um Erfolg haben zu können.»

Dennoch liegt die Umsetzung der Strategie auf dem Eis in seiner Verantwortung. «Die Routiniers in unserer Garderobe wissen, dass die reelle Chance, einen Meistertitel gewinnen zu können, nicht in jeder Saison besteht. Aber wir haben sie», sagt Dan Tangnes und folgert: «Deshalb wollen wir in nächster Zeit alles dafür tun, um das Bestmögliche aus unserem Potenzial herauszuholen.»

Dazu gehört, den inneren Kompass nicht zu verlieren. «Die Spieler sollen ausblenden, was sie nicht kontrollieren können. Sie sollen nicht überlegen, sie sollen spielen und ihrem Instinkt vertrauen.»

Entsteht in Zug eine neue Hockey-Dynastie?

Wird es Dan Tangnes gelingen, eine neue Hockey-Dynastie in Zug zu errichten? Erst zweimal in diesem Jahrtausend ist es einer Mannschaft gelungen, den Titel erfolgreich zu verteidigen. Den ZSC Lions 2000 und 2001 sowie dem SC Bern 2016 und 2017.

Je erfolgreicher Dan Tangnes, der mit einem gültigen Vertrag bis 2024 ausgestattet ist, arbeitet, umso grösser die Chance, dass selbst die NHL auf ihn aufmerksam werden könnte. «Bis jetzt», beteuert er, «hatte ich noch nie ein offizielles Gespräch mit einer NHL-Organisation.» Im Wissen darum, dass es europäische Eishockey-Lehrer grundsätzlich nicht einfach haben, im nordamerikanisch geprägten Trainer-Business der NHL Fuss zu fassen.

Darum sagt Dan Tangnes entspannt: «Ich fokussiere mich stets auf meine aktuelle Aufgabe. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, um Erfolg haben zu können.»

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Dan Tangnes
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