Traditioneller Fleischersatz für Vegi-Küche

Wo in Luzern Seitan in Handarbeit hergestellt wird

Corinne Wittinger arbeitet neben dem «Bayts» auch im Restaurant «Karls Kraut». (Bild: cbu)

Im Restaurant Bayts in Luzern wird der Fleischersatz Seitan in Handarbeit hergestellt. zentralplus hat sich die kleine Manufaktur an einem Produktionstag angeschaut.

«Seitan? Das ist doch ein Pilz?», sagt einer meiner Kollegen. «Nein, das ist eine Pampe aus Soja», entgegnet ein anderer. Ich sitze stumm dazwischen und google mit dem Handy unter dem Tisch nach der korrekten Antwort. Die lautet: weder noch. Seitan wird aus Weizeneiweiss hergestellt. Danke, Wikipedia, aber ich will mehr wissen.

Also besuche ich das Restaurant Bayts an der Birregstrasse. Hier haben die drei Junggastronominnen Corinne Wittinger, Nadine Heini und Corinne Husmann im März dieses Jahres ein veganes Bistro eröffnet (zentralplus berichtete). Was viele nicht wissen: Die «Bayts»-Crew stellt besagten Seitan selbst her.

Hausgemachter Seitan «dank» Corona

Entstanden ist die Idee zur Eigenproduktion während des Lockdowns aus einer Gedankenspielerei heraus, wie uns Corinne Wittinger erzählt. «Mein Freund sagte mir, dass er als Veganer Kebabs vermissen würde. Das nahm ich als Herausforderung an, selbst etwas herzustellen, das Kebabfleisch nahekam.»

Wittinger, die im «Bayts» für die Rezepte zuständig und gelegentlich auch in der Küche anzutreffen ist, hat sich daraufhin mit der Materie auseinandergesetzt. Bis zum perfekten Seitan brauchte es einige Versuche. «Wir mussten einige Kilos mässig guten Seitan essen, bevor ich die passende Mischung fand», erzählt sie uns gut gelaunt.

Seitan ist keine «Hexerei»

Letztlich sei die Herstellung keine Hexerei, zumal relativ wenige Zutaten nötig sind. «Der Hauptbestandteil ist Weizenstärke», so Wittinger. «Mehl wird so oft ausgewaschen, bis nur noch die Stärke übrig bleibt. Sogenannter Weizenkleber.»

Diesen kaufen sie im «Bayts» mittlerweile ein, weil die Herstellung ein langwieriger Prozess ist. «Dann geben wir Flüssigkeit hinzu, Öl, etwas Soja und eine geheime Würzmischung.» Die teigartige Masse wird dann ordentlich durchgemixt und in den Dampfgarer gelegt, wo sie eine feste Konsistenz bekommt. «Ähnlich wie Brot», so die Gastronomin. Produziert wird in der Küche des «Bayts» einmal die Woche, bis zu 20 Kilogramm aufs Mal.

Wie die Herstellung in Aktion aussieht, siehst du unten im Video:

Ursprünglich stammt Seitan aus Japan. Da ist er fester Bestandteil der Tempura-Küche, einer Zubereitungsart, bei der die Speisen in einem Teigmantel aus Wasser, Mehl und Ei frittiert werden. In Europa – und somit auch der Schweiz – ist er erst seit einigen Jahren in der Gastronomie etabliert – erfreut sich aber wachsender Beliebtheit. «Das liegt vermutlich daran, dass er eine sehr fleischnahe Konsistenz besitzt», sagt Corinne Wittinger.

Interesse von Döner-Buden blieb aus

Im «Bayts» findet der Seitan unter anderem Anwendung beim veganen Döner. Das Gericht wurde früher im Restaurant «Karls Kraut» verkauft, das Corinne Wittinger 2018 zusammen mit dem Gastronomen Jonas Käppeli gegründet hat. «Die Nachfrage nach den Dönern wurde aber zu gross», so Wittinger. Darum habe man den Kebab im «Karls Kraut» durch einen Wickel ersetzt, bei dem sich das Team mit dem Produkt kreativ austoben kann. Den klassischen Döner gibt's nun jeden Mittag im «Bayts».

Geplant war auch, den hausgemachten Seitan bei klassischen Döner-Lokalen in Luzern unterzubringen. Die Betriebe wollten vom hausgemachten Fleischersatz aber nichts wissen.

Mehr Platz im Sommer

Der vegane Döner ist der einzige Fixpunkt in der Speisekarte des Restaurants. Im Gegensatz zur restlichen Speisekarte. Ähnlich wie die Michelin-Lokale «Maihöfli» in Luzern (zentralplus berichtete) oder der «Löwen» in Menzingen (zentralplus berichtete) werden im «Bayts» Überraschungsmenüs angeboten. «Das Konzept kam von Anfang an sehr gut an», so die Gastronomin. Die Gäste seien manchmal sehr erstaunt, wie gut ihnen Zutaten schmecken, die sie sonst nicht essen würden.

Die drei Geschäftsführerinnen vom Bayts in Luzern freuen sich auf die Eröffnung
Die drei Geschäftsführerinnen des «Bayts»: (v.l.n.r.) Corinne Husmann, Nadine Heini, Corinne Wittinger. (Bild: PLu)

Im nächsten Sommer können sich noch mehr Gäste im «Bayts» verpflegen. Wie Wittinger sagt, hat die Stadt die Bewirtschaftung einer Aussenfläche bewilligt. «Wir werden draussen Plätze für drei zusätzliche Tische haben.»

Wer sich lieber in Eigenregie mit Seitan beschäftigen will, findet ihn abgepackt im «Bayts» selbst, in der Luna Drogerie und beim «Unfahrpackt» in der Bruchstrasse. Kochtipp vom Corinne Wittinger: «Den Seitan mit wenig Öl scharf anbraten, damit er knusprig wird.»

Verwendete Quellen
  • Besuch im Restaurant Bayts
  • Persönliches Gespräch mit Corinne Wittinger
  • Schriftlicher Austausch mit Corinne Husmann
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