Wassersommelier: So teuer ist die seltene Ausbildung
Die Luzernerin Linda Schwenk ist ein Wasserprofi. (Bild: Unsplash: Greg Rosente / Knutwiler)
Wein hat Aromen, Bier hat Tiefe – und Wasser? Das weiss Linda Schwenk. Die Luzernerin ist eine von wenigen Wassersommelièren, die jährlich in der Schweiz ausgebildet werden.
«Fruchtige Noten, leicht erdig im Abgang.» Sätze wie diese sind am heimischen Esstisch oder im Restaurant üblich, sobald eine Weinkennerin dabei ist. Profis können zahlreiche Geschmacksnoten von Wein herauslesen und schmecken Aromen, wo der gemeine Weintrinker nur mit den Schultern zucken kann. Sommeliers nennt man jene Profis, die geschult darin sind, beispielsweise in einem Restaurant die passenden Weine zum jeweiligen Gang zu reichen. In der Luzerner Gastroszene sind Sommeliers fest verankert (zentralplus berichtete).
Ähnlich ist es mittlerweile beim Bier. Seit 2011 werden unter der Schirmherrschaft des SBV in der Schweiz Biersommeliers ausgebildet, und mittlerweile gibt es über 500 Abgänger des Lehrgangs. Und dieser sei sogar noch anspruchsvoller als jener für Wein, erklärte die Biersommelière Linda Betzing 2022 gegenüber zentralplus.
Tatsächlich ist eine weitere Form des Sommeliers auf dem Vormarsch. Für Wasser.
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was ein Wassersommelier macht
warum sie für die Gastronomie wichtig sind
was die Ausbildung kostet
Die Facetten des Wassers
Das mag auf den ersten Eindruck irritieren. Was soll es bei Wasser schon gross zu schmecken und riechen geben, mag sich nun der eine oder andere denken. Dabei gibt es auch beim Mineralwasser geschmackliche und mineralische Unterschiede. Und die fangen schon beim Begriff an.
Natürliches Mineralwasser fliesst jahrelang durch Gesteinsschichten. In der Tiefe wird es gefiltert, nimmt Mineralien und Spurenelemente auf. Sie bestimmen den Geschmack eines Mineralwassers. Kalzium erzeugt bittere, mineralische Noten.
Magnesium wird bitter oder süsslich wahrgenommen. Sulfat kann säuerlich schmecken, Natrium gibt einen salzigen Geschmack, Hydrogencarbonat bindet hingegen Säure. Ausgebildete Wassersommeliers nutzen diese Vielfalt, um Aromen anderer Getränke und Speisen zu unterstützen oder zu dämpfen.
Wassersommelière aus Luzern
Die Luzernerin Linda Schwenk gehört zu den ersten offiziellen Wassersommelièren der Schweiz. 2020 hat sie die Schulung dafür abgeschlossen. Für sie gehört Wasser zum täglichen Geschäft, denn Schwenk ist Co-Geschäftsführerin des Mineralwassers Knutwiler im Kanton Luzern.
Die Mineralquelle in Bad Knutwil ist seit ihrer ersten Erwähnung 1461 beliebt für ihr Wasser. «Menschen reisten aus ganz Europa nach Bad Knutwil oder zu anderen Quellorten der Schweiz für Trink- und Badekuren», weiss Schwenk.
Laut Schwenk zeichnet sich das Mineralwasser aus Bad Knutwil durch eine ausgewogene Mineralisierung und einen niedrigen Salzgehalt aus. Es wird deshalb auch für natriumarme Ernährung oder die Zubereitung von Babynahrung empfohlen.
Auf allfällige Kritik an der Notwendigkeit von Wassersommeliers entgegnet Schwenk, dass Wasser, als Grundlage allen Lebens, zu wenig Wertschätzung erfahre. «Die Frage ist also nicht, ob Wasser ein simples Produkt ist, sondern ob wir ihm die Aufmerksamkeit schenken, die es verdient.»
Nach Einschätzung von Schwenk können Wassersommelièren in der Gastronomie dazu beitragen, den Fokus stärker auf einheimisches Mineralwasser zu lenken. Rund die Hälfte des in der Schweiz konsumierten Mineralwassers wird derzeit importiert. «Dabei gilt die Schweiz als Wasserschloss Europas», argumentiert sie.
Weiterbildung geht in die nächste Runde
In der Schweiz beginnt in wenigen Wochen wieder die Weiterbildung zum Wassersommelier. Diese führt Gastro Suisse mit dem Verband Schweizerischer Mineralquellen und Soft-Drink-Produzenten (SMS) ab dem 6. Mai durch. Anders als beispielsweise beim Weinsommelier handle es sich beim Wassersommelier nicht um einen Beruf, sondern eine Weiterbildung, wie Zita Langenstein, Leiterin Weiterbildung bei Gastro Suisse, auf Anfrage erklärt.
Darum braucht es keine besonderen beruflichen Voraussetzungen, um sich zur Wassersommelière weiterbilden zu lassen. «Personen, die sich für die Themen interessieren, sind mit Sicherheit am richtigen Ort bei uns», schreibt Langenstein.
Das lernt ein Wassersommelier
In der sechstägigen Weiterbildung lernen Teilnehmer beispielsweise, ihre Sensorik zu schulen, um Geschmacksunterschiede bei verschiedenen Mineralwassern herausschmecken zu können und wichtige Mineralien zu beschreiben. Der Kurs geht jedoch über Mineralwasser hinaus.
«Die Inhalte sind auf alle alkoholfreien Getränke ausgeweitet», schreibt Zita Langenstein. «Also einem grossen Angebot, das sich laufend erweitert und somit Know-how braucht.» Das zeigt sich auch daran, dass in den vergangenen Jahren ebenfalls im Ausgang alkoholfreie Getränke in Clubs und Bars eine immer grössere Rolle spielen (zentralplus berichtete).
An oberster Stelle der Weiterbildung steht das Bedürfnis der Gäste nach einer «attraktiven, alkoholfreien Essensbegleitung». Teilnehmerinnen schliessen die Schulung mit einer mündlichen und schriftlichen Prüfung ab. Zur Prüfung erhalten die Teilnehmer etwa die Aufgabe, zu einem vorgegebenen Restaurantkonzept ein Angebot alkoholfreier Getränke zu kreieren. Insgesamt kostet die Weiterbildung zur Sommelière 2300 Franken und für Verbandsmitglieder 1900 Franken.
Eine Frage des Rechts
Nebst geschmacklichen Punkten lernen Teilnehmer auch Rechtliches. Denn Mineralwasser ist nicht gleich Mineralwasser. Im Restaurant können Gäste oft zwischen natürlichem Mineralwasser und Leitungswasser wählen. Wichtig sei dabei die korrekte Deklaration, schreibt der Verband Schweizerischer Mineralquellen und Soft-Drink-Produzenten (SMS).
Wenn Gäste «Mineral» bestellen, dürfen sie erwarten, dass sie natürliches Mineralwasser erhalten. Kohlensäure verwandelt Leitungswasser nicht automatisch in Mineralwasser. Leitungswasser in der Getränkekarte als Mineralwasser oder Quellwasser zu bezeichnen, wäre also Täuschung. Das bestätigt auch Linda Schwenk von Knutwiler: Der Begriff «Mineralwasser» sei in der Schweiz gesetzlich geschützt.
Im Gegensatz zu Leitungswasser muss natürliches Mineralwasser gemäss Gesetz unbehandelt am Ort der Quelle in Behältnisse abgefüllt werden. So bleiben seine ursprünglichen Eigenschaften erhalten. Konsumenten wissen immer, was sie trinken: ein authentisches Naturprodukt. Auf Leitungswasser trifft dies nicht zu. Es muss oft trinkbar gemacht werden und gelangt über Rohrleitungen zu den Konsumentinnen.
Interesse an Weiterbildung schwankt
Auch wenn die Relevanz von Wassersommeliers in der Branche stetig an Zulauf gewinnt, hält sich das Interesse der Weiterbildung – noch – in Grenzen. In den sechs Jahren, in denen der SMS die Ausbildung zur Sommelière anbietet, schwankte die Anzahl Teilnehmer von Jahr zu Jahr. 2024 haben 7 Personen die Prüfungen bestanden. Im Vorjahr waren es 23 Absolventinnen.
Dennoch ist Zita Langenstein von Gastro Suisse überzeugt: «Wir werden uns mit Trinkwasser und Mineralwasser in Zukunft stark beschäftigen.»
Arbeitet seit 2020 bei zentralplus und betreut den Bereich Gastronomie.
In Luzern und Zug aufgewachsen und schon seit bald 20 Jahren als Texter und Autor unterwegs. Steht privat gerne am Herd und war während mehreren Jahren als Assistenz einer Luzerner Störköchin tätig.