Die Schweizer Bevölkerung trinkt entschieden weniger Wein. Das geht aus dem Bericht «Das Weinjahr 2024» des Bundesamts für Landwirtschaft hervor, den der Bund jüngst veröffentlicht hat. Insgesamt haben die Schweizerinnen im vergangenen Jahr 218,4 Millionen Liter Rot-, Weiss- und Roséwein getrunken.
Das sind rund 8 Prozent weniger als noch 2023. Besonders stark betroffen war der Schweizer Wein mit einem Rückgang von 16 Prozent. Das klingt alarmierend. Dennoch bleiben die Weinbauern in der Zentralschweiz gelassen.
«Obwohl der Weinkonsum in den letzten Jahren stetig sinkt, hat sich der Konsum von regionalen Weinen in der Zentralschweiz sehr erfreulich entwickelt», sagt Nicole Theiler, Fachperson Weinbau beim Kanton Luzern. Wenn man denn berücksichtigt, dass die Weinbauregion Zentralschweiz den Bedarf bei Weitem nicht decken kann. Wie Theiler erklärt, produzieren hiesige Winzerinnen etwa eine Flasche pro Einwohner. Der durchschnittliche Konsum beträgt allerdings mehr als 30 Flaschen Wein pro Person im Jahr.
Nicole Theiler übernahm im Februar das Amt von Beat Felder, der in Pension ging. Als Fachperson Weinbau ist sie für die Regionen Luzern, Zug, Uri, Nidwalden und Obwalden verantwortlich.
Insgesamt beläuft sich die Fläche für Rebbau in der Zentralschweiz auf rund 110 Hektaren. Im Vergleich mit den Anbaugebieten der restlichen Schweiz gehört die Zentralschweiz also eher in die Kategorie «Klein, aber oho». Die ganz grossen Weingebiete bilden die Kantone Waadt, Wallis und Tessin.
So trinkt die Schweiz – oder eben nicht
Warum aber sinkt der Weinkonsum? Gemäss Bund sind es vor allem junge Menschen, die sich vom Alkohol und insbesondere vom Wein abwenden. «Die Gründe für dieses veränderte Konsumverhalten sind vielfältig», so der Bund. Etwa gesundheitsbewusstere Lebensstile, neue Konsumgewohnheiten und ein insgesamt sinkender Alkoholkonsum. Auch das Ausgehverhalten der Jugendlichen hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Eine Tatsache, die auch beispielsweise Luzerner Clubs stark spüren (zentralplus berichtete).
Vor allem gesunken ist der tägliche Konsum. Tranken 2012 in der Schweiz noch 17,4 Prozent aller Männer ab 15 Jahren jeden Tag Alkohol, waren es 2022 noch 12,4 Prozent. Bei den Frauen liegen die Zahlen tiefer. 2012 waren es 8,8 Prozent der Frauen über 15 Jahre, die täglich zu Wein, Bier oder Prosecco griffen. 2022 sank die Zahl auf 4,8 Prozent. Wenig geändert hat sich gemäss SRF beim wöchentlichen Konsum.
Der sinkende «Gluscht» auf Wein fokussiert sich jedoch nicht bloss auf die Schweiz. Weniger Wein fliesst auch in unseren Nachbarländern. Praktisch alle Länder, in denen traditionell Wein konsumiert wird, stellen gemäss Bericht einen stark sinkenden Konsum fest.
Luzern: Klein, aber gefragt
Den Rückgang spüren Zentralschweizer Weingüter, die ihre Produkte selbst vermarkten, bislang nicht. «Absatzprobleme sind bisher nicht spürbar», schreibt Theiler.Im Gegenteil – die sehr guten Jahrgänge 2022 und 2023 hätten die Lager gut gefüllt und die Nachfrage sei nach wie vor gross.
Mit der kleinen Ernte 2024 dürfte es mancherorts gar eng werden. «Wir gehen davon aus, dass einige Weinbaubetriebe bald zu wenig Wein haben werden», so Theiler.
Regionalität und Nachhaltigkeit im Trend
Ein Hauptgrund für die stabile Nachfrage nach Luzerner Weinen ist laut Theiler der starke Fokus auf Regionalität und Nachhaltigkeit. So verfügt der Kanton Luzern über den höchsten Anteil an pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (Piwi) in der Schweiz – über 40 Prozent. Das mache Luzern zum nachhaltigsten Weinbaukanton der Schweiz, erklärt Theiler. Zudem verlagere sich der Weinbau aufgrund des Klimawandels zunehmend in den Alpenraum – ein Vorteil für die Region.
Ein staatliches Eingreifen oder besondere Förderkampagnen seien deshalb derzeit nicht notwendig. «Regionale und nachhaltige Produkte sind ‹in› und der Trend zeigt, dass die Nachfrage nach lokalen Weinen weiterhin steigen wird», erklärt Theiler.
Arbeitet seit 2020 bei zentralplus und betreut den Bereich Gastronomie.
In Luzern und Zug aufgewachsen und schon seit bald 20 Jahren als Texter und Autor unterwegs. Steht privat gerne am Herd und war während mehreren Jahren als Assistenz einer Luzerner Störköchin tätig.