Zentralschweizer Wein ist heuer Mangelware

Warum die Hitze ein Segen für den Zuger Wein ist

Der Zentralschweizer Rebbaukommissär und Winzer Beat Felder sieht in der Wärme auch Vorteile für regionalen Wein wie hier in Zug. (Bild: cbu / zvg)

Alles ächzt unter den heissen Temperaturen: Mensch, Tier und Natur. Etwas profitiert allerdings davon: der Weinbau. Trotzdem ist Wein aus der Zentralschweiz derzeit ein rares Gut.

Die Weinregion Zentralschweiz boomt. Die Region lebt von zahlreichen Weingütern und einem wachsenden Markt. Im Herzen der Schweiz betreibt man Weinbau mit viel Fachwissen und Herzblut. Das können alteingesessene Winzerinnen sein oder aber Youngsters, die renommierte Betriebe übernehmen, wie etwas beim Weingut Ottiger in Kastaninenbaum (zentralplus berichtete).

Die Weinanbaufläche in der Zentralschweiz hat sich gemäss dem Verein Wein Zentralschweiz seit der Jahrhundertwende verdreifacht und ist auf über 90 Hektaren angewachsen. Pro Jahr ergibt das einen Ertrag von etwa 500'000 Flaschen.

Wetterpech im Vorjahr wirkt nach

Die Nachfrage nach lokalem Wein steigt also – und das ist ein Problem. Denn die Ernte war im vergangenen Jahr mengenmässig sehr bescheiden. Besonders die schweren Sommerunwetter haben in der Region teils ganze Weingüter buchstäblich in Stücke gerissen. Stark betroffen waren auch Zuger Reben, wie etwa das Weingut des Rischer Winzers Alfred Knüsel (zentralplus berichtete). Als wäre das nicht schon schlimm genug, haben anschliessende Pilzbefälle den angeschlagenen Reben auch noch den Rest gegeben. So mussten Renata und Ulrich Straub vom Weingut Gimenen-Oberwil bei Zug auf rund die Hälfte ihrer Ernte verzichten (zentralplus berichtete).

Der Hagel hat im vergangenen Jahr schwere Schäden an den Weinstöcken hinterlassen. (Bild: cbu)

Damit liegen die Straubs im Schnitt der Zentralschweizer Ausfälle. «Die Ernte entsprach nur 50 Prozent einer Normalernte», schreibt der Zentralschweizer Rebbaukommissär Beat Felder auf Anfrage. Das rächt sich nun. Ein erster weinspezifischer Anlass musste abgesagt werden. Der «Tag der Zentralschweizer Weine», der nach 2019 und 2021 im Oktober zum dritten Mal im KKL hätte stattfinden sollen, setzt heuer aus.

«Bis jetzt überwogen im Rebbau die Vorteile der Klimaveränderung gegenüber den Nachteilen.»

Beat Felder, Rebbaukommissär Zentralschweiz

«Der Markt ist analog der Natur gegenwärtig am Austrocknen», heisst es in einer Mitteilung des Vereins Wein Zentralschweiz. Aufgrund des verheerenden Sommers im Vorjahr seien zu wenige Weine erhältlich. Schade, denn: «Die aktuellen Jahrgänge gehören schliesslich zum Besten, was in der Zentralschweiz je produziert wurde», heisst es weiter.

Sommerhitze ist gut für den Wein

Wie kommt's, dass bei dem miesen Wetter die besten Weine entstehen? Felder erklärt, dass die steigenden Temperaturen der vergangenen Jahre grundsätzlich besser sind für den Weinbau. Während also vieles unter dem heissen Wetter ächzt, freuen sich die Trauben daran. «Die Rebe erträgt Wärme und Hitze sehr gut, momentan haben wir bei uns Wetter wie in der Toskana. Dort gibt es auch guten Wein», so Felder. Der regenreiche Sommer im Vorjahr entsprach eher einer Ausnahme. Dafür waren sowohl der Frühling als auch der Herbst überdurchschnittlich warm und gab den wenigen Reben, die den Sommer überstanden hatten, die nötige Qualität.

Also, auch wenn künftig mit Überschwemmungen, Erdrutschen, Frost und Hagelschäden gerechnet werden muss, überwiegen gemäss dem Rebbaukommissär und Winzer «im Rebbau aber die Vorteile der Klimaveränderung gegenüber den Nachteilen».

Gegen gewisse Wetterphänomene sind die Winzerinnen mittlerweile besser gewappnet als auch schon. Gegen Frost helfen heisse Drähte, Hagelnetze sind heute schon weitflächig in Betrieb und gegen Pilzbefall helfen sogenannte PIWI-Sorten. Also pilzwiderstandsfähige Sorten, die Pflanzenschutzmittel nahezu obsolet machen und damit auch die Umweltbelastung markant minimieren. «Im Anbau sind wir dort schweizweit führend, mit über 35 Prozent der Fläche. Bald werden es 50 Prozent sein», sagt Felder.

Kleinere Weinanlässe finden statt

Auch wenn der Klimawandel mit den heisser werdenden Sommern so einigen nicht passt und auch negative Einflüsse auf die Natur haben kann (zentralplus berichtete), könnte die Weinbranche davon profitieren. Und auch die Geniesser. Gemäss Felder sei es «absolut möglich», dass die Weine in den kommenden Jahren noch besser werden kann.

Auch wenn bei Verein und Weinfans die Trauer über die Absage des «Tag der Zentralschweizer Weine» gross ist, kleinere regionale Events wie der Wy-Samschtig Seetal in Hochdorf und Wy-Samschtig Sempachersee in Sursee finden nach aktuellem Plan statt. Und es bleibt die tröstliche Aussicht, dass Weine aus Zug und Luzern künftig noch besser werden als ohnehin schon.

Eine Übersicht über Weingüter in der Region findest du auf der Karte des Vereins «Wein Zentralschweiz».

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Beat Felder, Rebbaukommissär Zentralschweiz
  • Medienmitteilung und Webseite Verein «Wein Zentralschweiz»
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