Zugerinnen und Luzerner kaufen immer häufiger pflanzliche Produkte statt Fleisch. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)
Immer mehr Personen in Zug und Luzern greifen zu Fleisch- und Milchalternativen. Doch der Trend bringt auch Kritik: Wie umweltfreundlich und gesund ist der neue Lifestyle wirklich?
«New year, new me» ist ein gut abgehangener Spruch, den Leute zum Jahresstart um sich werfen. Alte Angewohnheiten sollen abgeworfen werden, frischer, gesünder und motivierter will man im neuen Jahr sein. Fitnesscenter erleben im Januar einen Ansturm (zentralplus berichtete). Bei vielen hält die Motivation zwar nicht länger als ein Frischkäse an der prallen Sonne, aber wie heisst es so schön? Es ist der Gedanke, der zählt.
Nebst Sport wollen viele auch an ihrer Ernährung schrauben. Mit dem Veganuary gibt es seit einigen Jahren gar einen Trend, der Leute dazu animieren soll, sich während des ersten Monats im Jahr vegan – also frei von tierischen Produkten – zu ernähren. Und damit gesünder als mit Hamburger, Pizza und Co. Ein Experiment, an das sich vor einem Jahr auch der Autor dieser Zeilen wagte (zentralplus berichtete).
Wo es spezifische Produkte zu kaufen gibt, ist auch der Detailhandel meistens nicht weit und so verzeichnen Migros, Coop und Co. einen steten Anstieg am Verkauf von Fleischersatz- und pflanzenbasierten Produkten. Besonders im Januar, wie sie im Vorjahr gegenüber zentralplus kommunizierten. Aber nicht nur: Zuger und Luzernerinnen erfreuen sich auch abseits des Veganuary an pflanzlichen Ersatzprodukten und Gemüse.
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Das zeigt der aktuelle «Plant Based Food Report», den Coop im Verbund mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Yougov Schweiz erstellt hat. Dieser analysiert das Einkaufsverhalten der Schweizer Bevölkerung hinsichtlich pflanzlicher Ersatzprodukte, wie beispielsweise Sojajoghurt, Mandelmilch und Vegi-Schnitzel. Dazu nutzt der Bericht rund 2200 Onlineinterviews, anonymisierte Verkaufsdaten der Coop-Supercard und Daten des Marktforschungsunternehmens Nielsen IQ. Und bei der aktuellen Auswertung zeigt sich besonders der Kanton Luzern von seiner pflanzenbasierten Seite. Und dass der Kanton Zug aufholt.
Geht es um Fleischersatzprodukte, belegt Luzern in der schweizweiten Rangliste Platz 4 – und rückt damit einen Platz höher im Vergleich zum Vorjahr. Der Kanton Zug bleibt hingegen auf Platz 13. Bei Alternativen zu Milch und Joghurts liegt Luzern erneut hinter Zürich auf Platz 2 und auch der Kanton Zug mischt weit oben mit und bleibt auf Rang 4. Offenbar haben Zugerinnen im Vergleich zu 2023 ihre Liebe für Käsealternativen entdeckt. Denn hier springt Zug von Platz 12 auf Platz 5. Luzern fällt hingegen von Rang 3 auf Rang 4 zurück.
Verschiedene Gründe für die vegane Ernährung
Wie Coop in einer Mitteilung schreibt, dürfte sich der Verkauf von pflanzenbasierten Produkten in den nächsten Jahren weiter steigern. 30 Prozent der rund 2200 befragten Personen gaben an, bereits heute mehrmals pro Monat pflanzliche Ersatzprodukte als direkte Alternative zum tierischen Original zu kaufen. 54 Prozent der Schweizer Bevölkerung essen seit vier oder mehr Jahren vegane Alternativen – 3 Prozentpunkte mehr als noch 2023. Knapp zwei Drittel der Befragten denken, dass sie in fünf Jahren häufiger oder gleich häufig Ersatzprodukte essen werden.
Die meisten Leute, die auf Fleischersatzprodukte setzen, tun dies aufgrund von Tierwohl, der Umwelt zuliebe oder aus gesundheitlichen Gründen. Schaut man noch die Altersverteilung an, ist es bei den unter 29-Jährigen vor allem der Umweltschutz, welcher für ein Umdenken sorgt. Bei den über 45-Jährigen sind es hauptsächlich gesundheitliche Gründe, die für einen Verzicht von tierischen Produkten sprechen.
Streit um die vegane Wurst
Das Thema um fleischlose Küche wirft in fast jedem Fall hohe Wellen. Sei es bei der vegetarischen Mensa an der Universität Luzern oder der Werbung für Fleischersatzprodukte, mit der sich die Zuger Politik derzeit beschäftigt (zentralplus berichtete).
Uneingeschränkte Liebe finden Fleischersatzprodukte auch nicht bei allen Veganerinnen. Zu industriell hergestellt, zu viele Zusätze, erklärten Veganer in vergangenen Gesprächen mit zentralplus. Auch in der lokalen veganen Gastronomie finden solche Produkte kaum Verwendung, stattdessen setzen die Küchentalente auf Selbstgemachtes (zentralplus berichtete).
Tatsächlich belegen verschiedene Studien, dass gewisse Fleischersatzprodukte wie etwa Vegi-Nuggets, vegane Burger oder Nicht-Fisch-Stäbchen oft ähnlich hoch verarbeitet und mit Zusatzstoffen versehen sind wie die tierischen Pendants. Mit dem Resultat, dass sich der «Gesund»-Faktor in Grenzen hält. Hinzu kommt, dass gewisse Nährstoffe je nach Produkt stark variieren und teils zugesetzt werden müssen. So etwa Vitamin B12, das in pflanzlichen Lebensmitteln kaum vorkommt.
Wie gesund sind die Alternativprodukte?
Mit der Frage nach dem gesundheitlichen und ökologischen Nutzen von pflanzlichen Alternativen hat sich die Stiftung für Technologiefolgenabschätzung TA-Swiss mit Sitz in Bern beschäftigt und im vergangenen September eine Studie verfasst. Diese zeigt: Hinsichtlich der Umwelt schneiden Fleischalternativen in der Regel besser ab als tierische Produkte. Die Produktion von Ersatzprodukten erzeuge weniger Treibhausgase als die Fleischverarbeitung. Gemäss der Studie ist die derzeitige Ernährungsweise der Schweizer Bevölkerung für mehr als 15 Prozent des durchschnittlichen Kohlendioxidausstosses des Landes zuständig. Ein völliger Verzicht auf tierische Lebensmittel würde die freigesetzten Treibhausgase halbieren, so die Studie.
Anders sehe es hingegen bei Alternativen zu Milch aus. Ob Mandel- oder Haferdrink – der Wasserverbrauch falle hier bis zu dreissigmal höher aus als bei der Produktion von Kuhmilch. Zudem falle der Gehalt von Kalzium und anderer Nährstoffe je nach Ersatzprodukt gegenüber Kuhmilch stark ab, weswegen TA-Swiss den Ersatz von Milchprodukten nur «bedingt empfehlen» könne.
Insgesamt fordert die Studie mehr Transparenz seitens der Hersteller: «Das Kleingedruckte auf dem Etikett hilft kaum, den gesundheitlichen und ökologischen Wert eines Produkts zu beurteilen.» Oft sei es für Leute beim Einkaufen nicht klar ersichtlich, wie gesund und nachhaltig ein jeweiliges Produkt ist.
Als vereinfachte Faustregel des Schweizer Konsumentenschutzes gilt: Je kürzer die Zutatenliste, desto weniger verarbeitet ist das Produkt. Ansonsten stellt die Studie einer fleischlosen Ernährung ein gutes Zeugnis aus und der Trend scheint – mit Blick auf den aktuellen «Plant Based Food Report» – auch bei der Zuger und Luzerner Bevölkerung zunehmend Fuss zu fassen.
Arbeitet seit 2020 bei zentralplus und betreut den Bereich Gastronomie.
In Luzern und Zug aufgewachsen und schon seit bald 20 Jahren als Texter und Autor unterwegs. Steht privat gerne am Herd und war während mehreren Jahren als Assistenz einer Luzerner Störköchin tätig.
Was heisst hier boomen? Der Antreil der Vegetarier-innen und Veganer-innen liegt gesamthaft der Bevölkerung immer noch unter 9%. Also was soll dieses "Reklamegeschrei."