Einfluss von Ukraine-Krieg und Corona

Madame Frigo: Darum sind Kühlschränke in Luzern oft leer

Die «Madame Frigo»-Kühlschränke wie hier beim Bourbaki kommen in der Stadt Luzern sehr gut an, so Geschäftsleiterin Marilen Zosso. (Bild: zvg)

Der Luzerner Verein Madame Frigo hat sich dem Kampf gegen Foodwaste verschrieben. Mit Erfolg: Die fünf öffentlichen Kühlschränke in der Stadt Luzern sind oft leer. Ist die Nachfrage seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs gestiegen? zentralplus hat nachgefragt.

Die Idee ist so einfach wie bestechend: Statt deine Joghurts, die du vor den Strandferien nicht mehr essen kannst, wegzuwerfen, bringst du sie zu «Madame Frigo». In diesem öffentlichen Kühlschrank holen andere Personen sie gratis ab – und retten sie so vor dem Güsel. In der Stadt Luzern gibt es inzwischen fünf solche Kühlschränke, die von den Luzernerinnen rege genutzt werden (zentralplus berichtete).

Neben Verhinderung von Foodwaste auch sozialer Aspekt

Ein Bild, das uns von der Corona-Pandemie in Erinnerung geblieben ist, ist die lange Warteschlange bei einer Lebensmittelabgabe in Genf. 1’500 Menschen standen im April 2020 bis zu drei Stunden an, um etwas Teigwaren zu bekommen (zentralplus berichtete). Der Verein «Alleinerziehende Luzern» hatte in der Zeit ebenfalls eine Lebensmittelabgabe organisiert, um Familien in Not zu unterstützen (zentralplus berichtete).

Seit dem Ausbruch der Ukraine-Krise hat sich die Situation noch verschärft. Das Leben wird teurer. Der Caritas-Markt in Luzern beispielsweise, in welchem Menschen mit knappem Budget Lebensmittel und andere Artikel des täglichen Bedarfs zu Tiefstpreisen kaufen können, hat 40 Prozent mehr Kundinnen als vor Ausbruch des Kriegs (zentralplus berichtete).

Wie zeigt sich die steigende Nachfrage nach günstigen Lebensmitteln bei Madame Frigo? Eine Beobachtung über ein paar Tage am Standort Löwenplatz zeigt: Sie sind oft leer.

Kühlschränke blieben in der Pandemie geöffnet

«Die Nutzung der Kühlschränke in Luzern funktioniert sehr gut», so Geschäftsleiterin Marilen Zosso auf Anfrage. Von den Lebensmitteln komme eigentlich immer alles weg. Etwas wegwerfen müssen die freiwilligen Helferinnen nur in Ausnahmefällen.

Genaue Zahlen dazu, wer wie oft die Kühlschränke nutzt, hat der Verein Madame Frigo nicht. Es sammelt keine Daten und die Kühlschränke sind rund um die Uhr zugänglich. Trotzdem beteuert Zosso, dass die Madame Frigos «stets sehr rege genutzt wurden» – auch während der Pandemie. Denn sie durften stets geöffnet bleiben.

Was die Luzernerinnen sehr schätzten. Denn die Freiwilligen und der Verein erhielten auch immer wieder Rückmeldungen, dass die Kühlschränke eine finanzielle Entlastung darstellen. «Obwohl das zentrale Ziel der Frigos das Vermeiden von Food Waste ist, freuen wir uns natürlich auch über diesen sozialen Aspekt und dass wir mit den Kühlschränken einen Beitrag zur Nachbarschaftshilfe leisten können.»

So erklärt Madame Frigo ihr Projekt:

Dabei spiele es keine Rolle, ob man nun Lebensmittel hole oder bringe: «Sowohl die ‹Bringer› als auch die ‹Holerinnen› sind Nutzer der Kühlschränke, da es darum geht, Food Waste zu verhindern», so Zosso. Madame Frigo geht jedoch davon aus, dass es mehr Menschen gibt, die etwas aus dem Kühlschrank herausnehmen statt hineinzulegen.

Angebot je nach Standort verschieden

Wie die Geschäftsleiterin weiter erzählt, werden die einzelnen Kühlschränke sehr verschieden genutzt. Dies hängt auch mit der Organisation zusammen: Jeder Standort werde von einem Team von freiwilligen Helferinnen betreut. Je nach Standort können das Privatpersonen, Schulklassen oder auch soziale Einrichtungen sein.

Wo du einen Kühlschrank in deiner Nähe findest, siehst du auf der Karte:

Und diese gehen teilweise über die reine Betreuung des Tauschens hinaus: So sammeln Luzerner Helfer abends bei der Ässbar und der Bäckerei Odermatt Brot ein und verteilen es auf die Kühlschränke. Und beim Standort der HSLU an der Werftestrasse befüllen Helferinnen den Kühlschrank mit Lebensmitteln aus der Cafeteria. «Es gibt aber sicher auch noch andere Abholungen, denn viele Freiwillige sind sehr engagiert», so Zossi weiter.

Bereits 100 Kühlschränke schweizweit

Hinter dem Konzept stehen jedoch nicht nur die freiwilligen Helfer. So hat beispielsweise der Kanton Zug im letzten Jahr 25'000 Franken zur Unterstützung des Projekts gesprochen (zentralplus berichtete). Und auch in Horw wünschen sich Einwohnerinnen einen eigenen öffentlichen Kühlschrank (zentralplus berichtete).

Inzwischen hat der Verein die 100-Kühlschränke-Marke geknackt. Mit diesen Geräten hat er im letzten Jahr rund 150 Tonnen geniessbare Lebensmittel gerettet. Damit gibt sich Madame Frigo jedoch noch lange nicht zufrieden: Mittelfristig will sie gemäss einer Medienmitteilung 150 Standorte schweizweit betreiben. Dafür können sich einzelne Personen oder Institutionen einfach mit ihrem Standortvorschlag beim Verein melden.

Was kannst du gegen Foodwaste tun?

  • Foodwaste beginnt oft schon beim Einkauf. Die Internet-Plattform Savefood.ch bietet Tipps und Tricks für eine gescheite Einkaufsplanung und diverse Rezepte für Restenverwertung. Hinter der Plattform steht die Zürcher Umwelt-Stiftung Pusch.
  • Die App Too Good To Go listet Abholmöglichkeiten bei teilnehmenden Geschäften. Nebst zahlreichen Restaurants, Bäckereien und Bars sind auch Grossverteiler wie die Migros auf der App vertreten. Als Kunde bezahlst du im Vorfeld und kannst deine Bestellung in einem festgelegten Zeitfenster in der jeweiligen Filiale abholen.

Hinweis: Marilen Zosso verwendet in ihrer Kommunikation den Genderstern. zentralplus wechselt seit 2019 in den Artikeln zwischen der männlichen und der weiblichen Form ab.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Marilen Zosso, Geschäftsleiterin von Madame Frigo
  • Medienmitteilung von Madame Frigo
  • Website von Madame Frigo
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Lena
    Lena, 06.07.2022, 06:26 Uhr

    Danke! Sehr oft muss ich vor den Ferien Lebensmittel entsorgen jetzt weiss ich wohin damit da wir anscheinend gleich um die Ecke einen stehen haben.super projekt

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  • Profilfoto von Peter Zesiger
    Peter Zesiger, 05.07.2022, 08:27 Uhr

    Grundsätzlich eine tolle Idee diese öffentlichen Kühlschränke. Aber habt ihr mal einen solchen Kühlschrank aus der Nähe angeschaut? Ich hatte letztens noch gute Esswaren an den Kühlschrank beim Bourbaki vorbeigebracht, da ich am nächsten Tag in die Ferien flog. Leute, nur schon der Griff zum Öffnen dieses Kühlschrank hat mich abgeschreckt. Trotzdem habe ich mich ohne Handschuh überwunden die Tür zu öffnen und die Esswaren zu deponieren. Wie es hygienisch im Innenraum ausgesehen hat muss ich wohl nicht weiter beschreiben. Für mich war es das erste und letzte Mal. Ein Albtraum.

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