Projekt gegen Food Waste

Luzerner Beizen kochen bald mit welkem Gemüse

Thomas Tellenbach vom Verband Gastro Luzern nimmt in der Food Waste-Problematik auch Restaurantgäste in die Pflicht. (Bild: Simon Peele via Unsplash / Gart.ch)

In einem Zürcher Edellokal wurde jüngst absichtlich mit welkem Gemüse gekocht, als Zeichen gegen Food Waste. Auch in Luzern zeigt man sich offen dafür.

In Zürich machte das Edelrestaurant «Baur au Lac» Schlagzeilen, weil es in einer Aktion mit welkem Gemüse kochte. Dieses stammte von der Stiftung Schweizer Tafel und wäre sonst im Mülleimer gelandet. Als Zeichen gegen Food Waste wurde damit ein Sternemenü gekocht, dessen Erlös für einen guten Zweck gespendet wurde.

Die Organisation Stiftung Schweizer Tafel sammelt täglich an die 16 Tonnen Lebensmittel ein, mehrheitlich von Grossverteilern. Sie sind qualitativ noch einwandfrei, dürfen aber nicht mehr verkauft werden. Die Stiftung verteilt die Lebensmittel kostenlos an soziale Institutionen, um Bedürftigen zu helfen.

Tonnenweise Essen landet im Abfall

Dass Food Waste schweizweit ein Problem ist, ist hinlänglich bekannt (zentralplus berichtete). Jährlich fallen etwa 2,8 Millionen Tonnen Lebensmittel in den Mülleimer. Darum setzen sich verschiedene Organisationen und Verbände dafür ein, der Verschwendung Einhalt zu gebieten. Auch in Luzern.

So hat der Kanton Luzern beispielsweise in Zusammenarbeit mit dem Verein «United Against Waste» das Projekt «Food Save Luzern» initiiert, das 30 Gastronomie-Betriebe für ein Pilotprojekt ins Boot geholt hat (zentralplus berichtete).

Gastronomie ist nicht Hauptverursacherin von Food Waste

Aber ist die Gastronomie überhaupt die Hauptverursacherin von Food Waste? Nein. Der grösste Lebensmittel-Müllberg geht in der Schweiz auf die Verarbeitung zurück – jährlich an die 35 Prozent, also rund 963'000 Tonnen.

«Der Kostendruck in der Gastronomie führte vor vielen Jahren bereits zu sparsamer und vorsichtiger Planung.»

Thomas Tellenbach, Leiter Geschäftsstelle Gastro Luzern

Auf Platz zwei stehen die Privathaushalte. Gemäss Bundesamt für Umwelt fallen rund 28 Prozent (778'000 Tonnen Food Waste) auf den Heimgebrauch zurück. Die Gastronomie steht mit 7 Prozent auf dem letzten Platz der Verursacher. In Zahlen gemessen sind das aber gesamtschweizerisch immer noch 210'000 Tonnen an weggeworfenen Lebensmitteln.

Damit steht die Gastronomie besser da als auch schon. «Der Kostendruck in der Gastronomie führte vor vielen Jahren, lange bevor Food Waste ein Modewort war, bereits zu sparsamer und vorsichtiger Planung», erklärt Thomas Tellenbach, Leiter der Geschäftsstelle Gastro Luzern, auf Anfrage. «Und mit dem steigenden Kostendruck wird sich der Food Waste noch weiter reduzieren.» Grosse Betriebe im Care-Bereich oder Hotels in Tourismusregionen seien bereits seit einiger Zeit an der Umsetzung interner Konzepte gegen die Problematik.

Gäste tragen eine Mitschuld

Wo kommen denn die Tonnen von weggeworfenen Lebensmitteln her, welche die Gastronomie jährlich verzeichnet? Grosse Verluste in der Restaurant- und Hotelbranche entstehen gemäss Tellenbach bei Rohprodukten und leicht verderblichen Lebensmitteln. Das sind beispielsweise Gemüse, Früchte oder Fleisch und Fisch.

Vor allem Frischgemüse und Früchte sehen nach ein paar Tagen bereits lädiert aus. «Da hilft ein Nachrüsten, eine zusätzliche Kontrolle und eine anschliessende Verwertung.» Zudem werden Lebensmittel wenn möglich mit modernen oder ganz alten Techniken, wie etwa dem Einmachen, zusätzlich haltbar gemacht.

«Um dem Food Waste entgegenzuwirken, benötigen wir das Verständnis aller Gäste.»

Thomas Tellenbach

Ärgerlich seien auch Situationen bei Banketten oder Veranstaltungen, bei denen eine Vielzahl der angemeldeten Gäste nicht zum Essen erschienen. Da die Speisen meist im Voraus angerichtet und portioniert werden, bleibt den Betrieben bei Nichterscheinen nichts anders übrig, als die Lebensmittel aufgrund der Hygienerichtlinien zu entsorgen. «Hier wünschen sich die Gastronomen hin und wieder eine bessere Kommunikation seitens der Veranstalter», ergänzt Tellenbach.

Gesetz durchkreuzt die Nachhaltigkeit

Der Gastronomie sind rechtlich gesehen in manchen Fällen schlicht die Hände gebunden. Hat ein Lebensmittel das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht, muss es «fachgerecht entsorgt werden», wie Tellenbach schreibt. Hier macht die Gesetzgebung der Nachhaltigkeit einen dicken Strich durch die Rechnung.

Darum: «Um dem Food Waste entgegenzuwirken, benötigen wir das Verständnis aller Gäste», so der Gastronom. Und weiter: «Es gibt nichts Ehrlicheres, als wenn auf der Speisekarte ein oder zwei Gerichte ausverkauft sind.»

Luzerner Gastronomie wäre offen für Food-Waste-Projekte

Zurück zum welken Gemüse in der Sterneküche. Sind ähnliche Projekte auch in Luzern angedacht? «Weitere Charity-Events unter dem Namen ‹Deuxième Service› sind vorgesehen, auch in der Zentralschweiz», schreibt Sabrina Munz, Mediensprecherin der Stiftung Schweizer Tafel, auf Anfrage. Konkret terminiert sei jedoch noch nichts.

Auch in Luzern sei man solchen Projekten zugeneigt. «Der Kantonalverband würde jederzeit mithelfen bei der Koordination der verschiedenen Beteiligten und könnte Kontakte herstellen», sagt Tellenbach. Der Wille ist da, es braucht also nur noch einen Schubs in die richtige Richtung, respektive in die Küche.

Was kannst du gegen Food Waste tun?

  • Food Waste beginnt oft schon beim Einkauf. Die Internet-Plattform «Savefood» bietet Tipps und Tricks für eine gescheite Einkaufsplanung und diverse Rezepte für Restenverwertung. Hinter der Plattform steht die Zürcher Umwelt-Stiftung Pusch.
  • Die «Madame-Frigo»-Kühlschränke nutzen – oder selbst einen bewirtschaften. Infos dazu findest du hier.
  • Die App «Too Good To Go» bietet einen Abholservice bei teilnehmenden Geschäften. Nebst zahlreichen Restaurants, Bäckereien und Bars sind auch Grossverteiler wie die Migros auf der App vertreten. Der Kunde bezahlt im Vorfeld und kann seine Bestellung in einem festgelegten Zeitfenster in der jeweiligen Filiale abholen.
Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Thomas Tellenbach, Verband Gastro Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit Sabrina Munz, Stiftung Schweizer Tafel
  • Artikel im «Tagesanzeiger»
  • Informationen von foodwaste.ch
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Schad Christa
    Schad Christa, 01.06.2022, 12:31 Uhr

    Ich Zeige Ihnen gerne im Gastro Bereich was Sie mit verwelktem Gemüse machen können und vieles mehr..

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  • Profilfoto von M. Schmidig
    M. Schmidig, 29.05.2022, 16:27 Uhr

    Welkes Gemüse macht keine Freude, aber man kann was dagegen tun: Je nachdem anschneiden, dann in kaltes Wasser einlegen und nach einiger Zeit ist es wieder prall wie am Einkaufstag, weil die verdunstete Feuchtigkeit wieder aufgenommen wurde.

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