Weltmeisterin aus Zug klärt auf

Kombucha: Trend-Getränk und Hausmittel in einem

Gina Steinhauser hat sich voll und ganz dem Trendgetränk Kombucha verschrieben. (Bild: cbu)

Es ist eines der beliebtesten Erfrischungsgetränke: Kombucha. Während im Kanton Zug weltweit prämierter Kombucha hergestellt wird, wagt sich der Autor an einen Selbstversuch – und scheitert auf grandiose Weise.

Vom Züchten von bakteriellen Lebensformen hab ich Ahnung. Entweder bewusst wie das eine Mal, als wir in der Oberstufe im Bio-Unterricht einen Schimmelpilz im Glas wuchern lassen mussten. Und ich den auf «Schimi» getauften Ekelpilz im heimischen Zimmer über ein halbes Jahr gehegt und gepflegt habe. Oder unbewusst wie das andere Mal, als ein Tupperware mit Gulasch in den Tiefen des Kühlschranks vergessen ging und zu einem fürstlichen Monstrum mit grauem Pelz herangedieh.

Ein Trendgetränk wie Kombucha, das aus fermentiertem Tee gewonnen wird, liegt also genau in meinem Fachgebiet. Dachte ich. Doch von vorne.

Ein Hefe-Glibber macht den Unterschied

Vor rund 2'000 Jahren in Asien erfunden, erfreut sich Kombucha in Europa seit rund zehn Jahren immer grösserer Beliebtheit. Das süsslich-herbe Getränk ist erfrischend und gilt dank bestimmten Bakterien und Vitaminen als gesundheitsförderlich. Es wird zudem häufig auch als Alternative zu alkoholischen Cocktails bestellt (zentralplus berichtete).

Die Herstellung lässt hingegen einige die Nase rümpfen. Denn um Kombucha zu erzeugen, braucht es einen sogenannten Scoby – symbiotic culture of bacteria and yeast. Ein Symbiont aus Hefekulturen. Der teigige Glibber, der aussieht wie eine Mischung aus übergrosser Jakobsmuschel und Pfannkuchen, sorgt dafür, dass der mit Zucker versetzte Tee die nötigen Bakterien erhält, um zu fermentieren.

Unser Selbstversuch: Erfolg ist relativ

Das Getränk lässt sich auch gut in der heimischen Küche herstellen. Im Internet finden sich zahlreiche Rezepte, die gar nicht so kompliziert klingen. Darum wagte ich den Selbstversuch. Den Scoby kann man entweder kaufen oder auch selbst züchten. Ich habe mich für Letzteres entschieden. Wennschon dennschon.

Voller Tatendrang habe ich mir einen Glasbehälter gekauft und im Reformhaus unpasteurisierten Kombucha ergattert, der mir die aktiven Bakterien für meinen Scoby liefern soll. Dann etwas vom heimischen Tee- und Zucker-Vorrat abgezwackt, Tee mit Zucker aufgekocht, abgekühlt und dann mit dem Kombucha vermengt. Über rund zwei Wochen stand das zusammengepanschte Gebräu auf der Anrichte. Ziel: einen Scoby heranzüchten. Resultat: kein Scoby. Auch nach drei Wochen nicht.

Nach drei Wochen war immer noch tote Hose im Glas.
Nach drei Wochen war immer noch tote Hose im Glas. (Bild: cbu)

Was lief falsch? Keine Ahnung. Tatsache ist: Versuch Nummer 1 ging unter ständigem Rühren in den Abfluss. Ohne Hilfe komme ich hier nicht weiter. Natürlich könnte ich mich von einem der unzähligen Youtube-Tutorials durch den Prozess leiten lassen, aber das ist zu unpersönlich. Zumal im Kanton Zug eine Kombucha-Expertin lebt. Also, auf nach Zug.

Die Kombucha-Weltmeisterin aus Zug

Im Freiruum in Zug treffen wir Gina Steinhauser. Die in den USA aufgewachsene Schweizerin hat mit ihrem Partner Ed 2019 die «Swiss Kombucha Company» gegründet. In Steinhausen betreiben die zwei eine kleine Produktionsstätte, wo sie Kombucha mit lokalem Quellwasser herstellen. Jüngst hat das Paar in Kalifornien an der «Kombucha Kon», der weltweit grössten Fachmesse für Kombucha-Brauereien, für zwei ihrer Produkte je eine Gold- und eine Bronzemedaille abgeräumt.

Dass sie Weltmeister sind, freut Steinhauser ganz besonders: «Es ist für uns eine Ehre, einen der weltweit besten Kombuchas in der Schweiz herzustellen.» Zum Gärgetränk kam Gina Steinhauser schon vor einigen Jahren. «Ich leide an einigen Lebensmittelallergien und habe gehört, dass fermentierte Getränke bei der Verdauung helfen sollen», erzählt sie.

Im Anschluss habe sie Kombucha nicht nur probiert, sondern auch gleich im Selbstversuch gebraut. Wie ich, nur erfolgreicher. Denn ihr Kombucha fand im Freundeskreis grossen Anklang. Nachdem sie 200 Liter hergestellt und verteilt hatte, wusste sie: «Das ist ein Business.»

Gina Steinhauser braut Kombucha in 25-Liter-Behältern.
Gina Steinhauser braut Kombucha in 25-Liter-Behältern. Die schwimmenden Dinger im Glas sind Scobys. (Bild: zvg / Swiss Kombucha Company)

Danach hat Gina Steinhauser Brauereien rund um den Globus besucht, um sich inspirieren zu lassen, und hat dann für sich entschieden, Kombucha in klassischer und reiner Form herzustellen. Also unpasteurisiert und nicht filtriert. «Wir legen Wert auf natürliche Zutaten und machen vieles noch von Hand.» In Steinhausen produzieren sie ihre Kombucha-Sorten in 25-Liter-Gefässen. Dadurch behält das insgesamt fünfköpfige Team den Überblick über die einzelnen Chargen.

Ist Kombucha wirklich gesund?

Kombucha sei gesund, heisst es vielerorts. Es reguliere die Darmflora und habe probiotische Bakterien. Das ist an sich richtig. Kombucha ist vitaminreich und stärkt das Immunsystem. Nur gilt das meistens bloss für selbstgemachten Kombucha. Viele der im Detailhandel erhältlichen Produkte sind nicht nur ziemlich zuckerhaltig, sie werden zudem filtriert oder pasteurisiert, um länger haltbar zu sein.

Der Pasteurisierungsprozess macht allerdings den gesunden Bakterien den Garaus. In Zug setzt man darum auf unbehandelten Kombucha mit wenig Zucker. Obwohl es nicht so süss ist, mundet es einem Schleckmaul wie mir gut.

Steinhausers Verfahren hat auch Nachteile, wie sie erklärt. Denn unpasteurisierter Kombucha muss durchgehend gekühlt werden und ist weniger lang haltbar. Das erschwert die Distribution, da viele Getränkelieferanten keine Kühlkette anbieten. Dafür setzt die «Swiss Kombucha Company» auf ein anderes Konzept: Selbstbedienungstheken.

Mit Selbstbedienungsstationen will Gina Steinhauser ein breiteres Publikum ansprechen.
Für die kommenden Jahre sind weitere solcher Selbstbedienungsstationen geplant. (Bild: zvg / Swiss Kombucha Company)

Kombucha von der Theke

Drei davon betreibt das Unternehmen mittlerweile. Eine in Baden, eine in Basel und eine im Freiruum in Zug. Hier können Kombucha-Trinker direkt am Zapfhahn ihr Getränk kaufen – in beliebigen Mengen. «Da wir ein Zero-Waste-Konzept verfolgen, animieren wir die Leute dazu, Flaschen mitzunehmen und abzufüllen.» In den kommenden drei Jahren will Steinhauser das Konzept mit den Zapfanlagen auf insgesamt zehn Standorte ausbauen.

Abgesehen davon sind ihre aktuell sechs verschiedenen Kombucha-Sorten, darunter Erdbeer-Kirsche-Minze oder Himbeer-Ingwer, in diversen Restaurants, Bars, Badis, Manor Foods und Reformhäusern in der Schweiz zu finden. Steinhauser hofft, dass ihre Kreationen durch Mund-zu-Mund-Werbung ein noch breiteres Publikum finden.

Selbstgemachter Kombucha taugt auch als Hausmittel

Zurück zu meinem Selbstversuch. Was habe ich vergeigt? Gina Steinhauser vermutet, dass mein eingekaufter Kombucha zwar nicht pasteurisiert, aber filtriert war. «Dieser Prozess filtert aktive Bakterien ebenfalls heraus. Ein Scoby kann daraus nicht entstehen.» Zudem habe ich meinen Behälter nicht optimal verschlossen. Idealerweise wird der offene Behälter nämlich mit einem Küchentuch abgedeckt und mit einem Gummiband fixiert. Ich habe den Deckel angelehnt.

Ausgerüstet mit neuem Wissen, wage ich mich nun an Selbstversuch Nummer 2. Im besten Fall kreiere ich was Erfrischendes für die heissen Sommertage. Im dümmsten Fall züchte ich «Schimi 2.0» heran. Aber selbst das wäre ein Teilerfolg. Denn übervergärter Kombucha – eigentlich eher Essig – hat seinen Nutzen. «Damit lassen sich unangenehme Gerüche aus der Sportkleidung waschen. Oder man kann es auch super als Haarspülung verwenden», erklärt Gina Steinhauser schmunzelnd. «Oder als Abflussreiniger.»

Kombucha. Erfrischungsgetränk und – manchmal – Hausmittel in einem.

Verwendete Quellen
  • Persönlicher Austausch mit Gina Steinhauser, Geschäftsführerin «Swiss Kombucha Company»
  • Selbstversuch
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Claudio Zürcher
    Claudio Zürcher, 27.06.2022, 12:30 Uhr

    Hallo zusammen

    Ich stelle auch schon seit längerem eigenen Kombucha her. Deshalb war ich auch etwas erstaunt, dass auf einem obenstehendem Bild Gefässe mit einem Metall/Kunstoff Hahn gesehen habe. Meines Wissens können sich Schadstoffe aus dem Kunststoff lösen und gehen in den Kombucha über oder Metalle können sich negativ auf die Bakterien/Scoby auswirken (siehe auch Link; 3. Punkt).

    Lieber Gruss
    Claudio

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    • Profilfoto von Claudio Zürcher
      Claudio Zürcher, 27.06.2022, 12:31 Uhr

      https://www.fairment.de/wissen/kombucha-wissen/kombucha-fehler/

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