Neu «wachsen» Kirschtorten am Zuger Stadtrand
Platzmangel führte die Confiserie Speck dazu, einen neuen Produktionsstandort zu suchen. Nun ist der Neubau im Gebiet Göbli fertig. Bereits riecht es darin nach Gebäck. Der neue Standort könnte sich als strategisch geschickt erweisen, denn es bewegt sich viel in der Umgebung.
Zwischen dem neu entstehenden Ökihof, dem Technologie-Cluster und dem Mobility Hub, am Rande einer grünen Wiese, kocht neuerdings Kirschsirup. Er tut dies in einem brandneuen Gebäude, dass von aussen zunächst unscheinbar scheint und neben den V-Zug-Bauten kaum auffällt.
Umso interessanter ist der Blick in die neue Produktionsstätte der Confiserie Speck, die seit eineinhalb Wochen in Betrieb ist. Von fast allen Seiten ist es möglich, in den im Untergeschoss gelegenen Produktionsraum zu blicken, in dem gerade mehrere Mitarbeiterinnen ihren Arbeiten nachgehen. Auch vom Café aus, das am Donnerstag vor Ort eröffnet wird, hast du freie Sicht auf die Süssigkeitenherstellung.
Willy Wonka am Zuger Stadtrand
Eine Mitarbeiterin füllt Birchermüesli via Spritzsack in Kartonschalen. Zwei Frauen arbeiten an einer filigranen Tortendekoration. Geröstete Nüsse stehen in rohen Mengen in einem Behälter und warten auf ihren Einsatz. Jemand gestaltet gerade einen Schoggi-Superman. Man wähnt sich bei Willy Wonka.
«Die alte Produktionanlage platzte aus allen Nähten.»
Peter Speck, Confiserie-Geschäftsleiter
«Die alte Produktionsanlage beim Bahnhof Zug konnten wir nicht mehr erweitern, sie platzte aus allen Nähten», erzählt Geschäftsleiter Peter Speck, der die Medien am Dienstagnachmittag durchs Gebäude führt. Das Unternehmen hat das Grundstück im Baurecht von der Korporation Zug übernommen.
Die Firma Speck bewirtschaftet nicht den gesamten Bau selbst. «Es handelt sich um eine Backstube mit Mantelnutzung», erklärt Peter Speck, während der die Journalisten durch verschiedene Gänge führt. Was das heisst, zeigt er gleich selber. Denn eine ganze Etage wird von Wow Living gemietet.
13 voll ausgestattete Studios für Expats und Verlassene
Die Firma vermietet hier 13 voll ausgestattete Studios, primär an Expats, die maximal eineinhalb Jahre in Zug bleiben. «Oder aber an Männer, die von ihrer Frau aus der Wohnung geworfen wurden», sagt Peter Speck im Halbernst. Bereits jetzt sind alle Studios vermietet. Es gibt eine Warteliste.
Weitere 550 Quadratmeter sollen dereinst als Bürofläche vermietet werden. Noch liegt sie jedoch brach. Der Geschäftsführer: «Wir hoffen, dass wir mit den Vermietungen den Pachtzins und die Investitionen tragen können.»
Sonne und See helfen beim Brotbacken
Neben der Konditorei und Confiserie verfügt Speck im Göbli über eine Küche und eine Bäckerei. Während die Confiserie nun im Vergleich zu vorher um 20 Prozent grösser ist, ist die neue Bäckerei, respektive die Küche, um 50 Prozent grösser. «Ausserdem konnten wir unsere Kühlfläche dank dem Umzug von 60 auf 200 Quadratmeter erweitern.»
Wer in grossen Mengen bäckt und kocht, der braucht eine Menge Strom. Wo dieser herkommt? Mitunter vom Dach. «Die Solarpanels können bis zu 62 Kilowatt Strom produzieren. Das reicht zwar nicht für unseren ganzen Stromverbraucht, doch für einen guten Teil.» Zudem sei man dank des nebenanliegenden Technologie Clusters an Circulago angehängt. Heisst: Seewasser wird beispielsweise zum Kühlen verwendet.
Der neue Ökihof dürfte Kundschaft bringen
Noch wirkt das hauseigene Café von aussen etwas unscheinbar. Nicht zuletzt, weil es sich nicht an der Hauptachse befindet, sondern etwas versteckt liegt. Spätestens in einem halben Jahr dürfte jedoch Leben in die Bude kommen. Dann nämlich soll der neue Zuger Ökihof eröffnet werden, welcher sich, nur einen Katzensprung entfernt, im Bau befindet.
Ebenfalls entwickelt sich das Gebiet Göbli rasant. Die V-Zug investiert derzeit gross und schafft damit neue Arbeitsplätze. «Wir rechnen damit, dass wir dadurch einige Mittagskunden generieren können», sagt der Geschäftsführer. Im Angebot stünde mitunter ein Salatbüffet, an dem man sich selber bedienen könne. Der Fokus liege auf vegetarischem Essen.
«Dass jemand eine neue Konditorei bauen lässt, gibt es höchst selten.»
Pascal Locher
«Doch primär sind wir hierher gezogen, weil wir einen neuen Produktionsstandort gebraucht haben und nicht, um eine neue Filiale zu eröffnen», sagt Speck.
Der Bau: eine architektonische «riesen Herausforderung»
Geplant haben das Haus CSL Architekten aus Baar, konkret Dan Semrad und Pascal Locher. Für sie war es mitnichten ein einfacher Auftrag. Locher spricht von einer «riesen Herausforderung». Denn: «Dass jemand eine neue Konditorei bauen lässt, gibt es höchst selten. Dass es im selben Gebäude eine Wohnnutzung gibt, macht die Planung zusätzlich anspruchsvoll.»
Das schwere Rührwerk, das für die Brotproduktion genötigt wird, ist nicht nur laut. Es bewegt sich auch. Zudem müssen, je nach Raum, unterschiedliche Temperaturen eingehalten werden. Während etwa das gebackene Brot in einem Raum bei minus 23 Grad gefroren wird, herrschen im Produktionsraum, in denen Pralinés hergestellt werden, 18 bis 20 Grad.
Eine Kirsch-Pipeline durchs Haus
«Ebenfalls anspruchsvoll war der Umzug des Kirschkochers», also jenes grossen Metallfasses, in dem der Kirsch, mit Hilfe von Zucker, dick gekocht wird. Von dort gelangt er via Kirschleitung in den Confiseriebetrieb, wo er in die Kirschtorten eingeimpft zu werden.
Es handelt sich um ein 40-jähriges Unikat, das vor Gebrauch ausgiebig saniert werden musste. «Der Umzug war entsprechend aufwändig», sagt Locher. Der Raum, indem der reine Kirsch gelagert wird, ist zudem explosionsgeschützt.
Was uns Peter Speck bis zum Schluss nicht verraten will: Wie der Kirsch ins Kirschstängeli kommt. «Dafür müssen Sie schon eine Führung buchen», sagt er schmunzelnd.