Trinken als Lifestyle

Fertig Kater: Alkoholfreie Drinks sind in Luzern im Trend

Immer mehr Leute satteln auf alkoholfreie Drinks um. (Bild: Blake Wisz / Unsplash)

Feierabendbier, Gin Tonic und Negroni: Solche Drinks sind beliebt. In Luzerner Bars werden immer häufiger alkoholfreie Getränke ausgeschenkt. Warum eigentlich? Wir fragen nach.

Es geht in den Club oder die Bar, Freunde und Kolleginnen stellen sich einen hochprozentigen Drink nach dem anderen ins Gefräss und sind noch vor Mitternacht bis zur absoluten Glückseligkeit paniert. Und man selbst? Steht mit einem sprudelnden Mineralwasser oder einer überteuerten Cola daneben und guckt in die Röhre.

Denn nicht alle Menschen trinken Alkohol, sei es aus religiösen, gesundheitlichen oder anderen Gründen. Oder weil man beim Streichholz-Ziehen verloren hat und als Fahrer hinhalten muss. In jüngster Zeit reagieren Produzenten und Bars jedoch immer häufiger auf das Bedürfnis nach alkoholfreien Varianten von bekannten Cocktails und Bieren.

Aber warum? Wir haben uns in Luzern umgehört.

Eichhof gewinnt Preis für alkoholfreies Bier

Wir beginnen unsere Spurensuche bei der Produktion und fragen bei einem der grösseren Bierproduzenten in der Region nach: der Grossbrauerei Eichhof.

Hier sind alkoholfreie Biere nicht mehr aus dem Sortiment wegzudenken, auch wenn sie finanziell noch nicht den ganz grossen Gewinn einfahren. Das erklärt uns Eichhof-Mediensprecher Martin Wyss: «Zwar liegt der Anteil alkoholfreier Biere am Gesamtumsatz immer noch im tiefen zweistelligen Bereich, jedoch bilden sie die einzige Bierkategorie, die in der Schweiz am Wachsen ist – und zwar stark.»

Warum das Bedürfnis nach Promille-freien Varianten wächst, hat für Wyss zwei Gründe: «Das ist der allgemeine Fitness- und Gesundheitstrend einerseits, vor allem bei der jungen Generation. Andererseits werden auch immer mehr Soft Drinks durch alkoholfreie Biere substituiert.»

Wer durch den Katalog der Grossbrauerei stöbert, findet zwei alkoholfreie Biere: das «Radler 0.0» und das «Eichhof 0.0», welches die Brauerei jüngst auf den Markt gebracht hat – und das an den diesjährigen Swiss Beer Awards auch gleich eine Silbermedaille abstauben konnte (zentralplus berichtete).

Plant Eichhof einen grösseren Ausbau des alkoholfreien Sortiments? «Im Moment liegen keine Pläne für den weiteren Ausbau des Portfolios auf dem Tisch», meint Wyss. Er ergänzt aber: «Es liegen zumindest schon mal welche in der Schublade.»

Nicht immer nur Mineral und O-Saft

Die alkholfreien Getränke sind also produziert und wandern als Nächstes in die Regale von diversen Geschäften. Wir fragen bei einem lokalen Händler nach, wie er zu der Sache steht. Tim Holleman betreibt an der Grabenstrasse das Spezialitätengeschäft Plop-up (zentralplus berichtete) und ab Herbst die Markthalle im Bahnhof Luzern (zentralplus berichtete).

Wechselt sein Geschäft bald an den Bahnhof Luzern: Tim Holleman.
Wechselt sein Geschäft bald an den Bahnhof Luzern: Tim Holleman. (Bild: zvg)

Mit dem «Sprudelabo» hat er sich schon seit einigen Jahren mit dem Thema Champagner und Co. beschäftigt. Er meint: «Ich merke, dass sich Kundinnen und Kunden alkoholfreie Getränke als ‹echte› Apéro-Alternativen wünschen und nicht bloss als Erfrischung.»

Statt Mineralwasser und Orangensaft, der an vielen Apéros als einzige Alternative zu Prosecco und Weisswein gereicht wird, dürfte es gemäss Holleman ruhig auch andere Getränke geben. Denn, wie er humorvoll meint: «Auch abstinente Leute haben Gefühle.»

Lifestyle it is!

Was aber unterscheidet beispielsweise ein Softgetränk von einem guten Apéro-Drink? «Apéro-Alternativen dürfen nicht zu süss sein und müssen anstatt des Alkohols als Geschmacksträger etwas anderes bieten können», so Holleman.

Auch er schätzt übrigens, dass der Aufschwung der alkoholfreien Getränke auf den gegenwärtigen Lifestyle zurückgeht. Der Trend gehe klar «in Richtung gesunde, ehrliche und nachhaltige Ernährung». Darum plant Holleman, in der kommenden Markthalle vermehrt auf solche Produkte zu setzen, um diese «gesellschaftlich zu etablieren».

Detaillisten reagieren auf die Nachfrage

Hollemans Ansicht wird auch von Grossverteilern wie der Migros gestützt. Denn auch die Migros hat ihr Sortiment dahingehend aufgestockt – losgelöst von der Frage, ob in ihren Filialen künftig Alkohol verkauft wird oder nicht (zentralplus berichtete). Seit April 2021 führt der orange Riese Getränke der Marke Lyre's, die unter anderem alkoholfreie Gins, Whiskeys und Spritz in schicken Glasflaschen vertreiben.

In der Migros gibt es seit 2021 alkoholfreie Varianten von beliebten Spirituosen.
In der Migros gibt es seit 2021 alkoholfreie Varianten von beliebten Spirituosen. (Bild: cbu)

«In den letzten Jahren hat die Nachfrage stark zugenommen», schreibt Mediensprecherin Rahel Kissel auf Anfrage. Darum habe die Migros in diesem Frühling 26 weitere alkoholfreie Getränke wie Martini oder Biere in die Regale gestellt – auch von anderen Anbietern.

Der Grund für das gestiegene Interesse? «Es zeigt das Bedürfnis der Kundschaft, bei Cocktails und Apéro-Getränken auch alkoholfreie Alternativen geniessen zu wollen, ohne auf den Geschmack zu verzichten», so Kissel.

In der Bar gefragt

So, die Getränke sind produziert und im Handel erhältlich. Wir finden sie nun auf diversen Getränkekarten von Clubs und Bars. Und hier finden sie weit mehr Abnehmer als noch vor einigen Jahren, wie uns Sam Alge, Geschäftsführer der Bar «Das weisse Schaf» an der Frankenstrasse in der Stadt Luzern, bestätigt. «Die Variation ist extrem gestiegen und die Qualität der Produkte auch», schreibt er auf Anfrage.

«Die Gäste wollen das volle Erlebnis, aber gesünder leben.»

Sam Alge, Geschäftsführer «Das weisse Schaf»

Mittlerweile können Barkeeper auch klassische Drinks wie Negroni oder Gin Tonic alkoholfrei anbieten. «Das konnten wir früher noch nicht, da es die Produkte dazu noch nicht gab.» Auch Alge vermutet, dass hinter der gestiegenen Nachfrage der Lebenswandel steckt. «Die Gäste wollen das volle Erlebnis, aber gesünder leben.» Und das funktioniere mit alkoholfreien Getränken eben besser. Wobei es natürlich immer noch auf die Wahl der Cocktails ankommt.

Beim «Weissen Schaf» stehen derzeit vier alkoholfreie Cocktails auf der Karte. «Früher gab es keine, es wurde einfach danach gefragt.» Besonders begehrt sind gemäss Alge «fruchtige und erfrischende» Cocktails.

In diesem Sinne: Ein gediegenes «Prost!» auf den katerfreien Morgen.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Sam Alge, «Das weisse Schaf»
  • Besuch in der Migros und schriftlicher Austausch mit Rahel Kissel, Mediensprecherin
  • Schriftlicher Austausch mit Tim Holleman
  • Website Eichhof Brauerei und schriftlicher Austausch mit Mediensprecher Martin Wyss
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 18.05.2022, 13:44 Uhr

    Endlich,Super ,jetzt sollte nur noch die Nahrungsindustrie mit Gesunden Produkten nachziehen.

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  • Profilfoto von Paul
    Paul, 15.05.2022, 07:23 Uhr

    Super Sache. Aber warum ist so ein drik meist so teuer? Ist der aufwand für zb gin ohne alk so hoch?

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