Das ist die «versteckte» Schoggi-Fabrik von Kriens
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Sie belieferten die Swiss und schossen Schokolade ins Weltall. Die Krienser Schoggi-Manufaktur Karl Hug AG hat Grosses erreicht – und ist in der Stadt Luzern trotzdem kaum bekannt. Wir haben einen Blick hinter die Kulissen geworfen.
Die letzten Schoggi-Osterhasen sind aus den Regalen der Detaillisten, Bäckereien und Konditoreien verschwunden, die kalorienreiche Osterzeit ist damit endgültig vorbei. Schokoladenmanufakturen können nach dem lukrativen Ostergeschäft aber trotzdem nicht einfach die Füsse hochlegen und aufs Weihnachtsgeschäft warten.
Stattdessen sind die Chocolatiers der hiesigen Manufakturen voll im Schuss. «Bei uns ist jetzt die Produktion für Muttertag und den Sommer in vollem Gange», erklärt uns René Hug, Geschäftsleiter der Karl Hug AG. «Karl Hug AG?», mögen sich jetzt einige vielleicht fragen. Die Schokoladenmanufaktur in Kriens ist in der Stadt Luzern tatsächlich wenig bekannt – dabei blickt sie auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. Wir haben dem Krienser Unternehmen einen Besuch abgestattet.
David schlägt Goliaths
Der Familienbetrieb mit Sitz an der Rainacherstrasse im Obernau in Kriens produziert seit 1959 süsse Versuchungen. Und obwohl in der Stadt Luzern eher Aeschbach, Läderach oder Max Chocolatier geläufig sind (zentralplus berichtete), haben wohl die meisten von uns schon Schokolade der Karl Hug AG gefuttert. Denn von 2012 bis 2015 wurden Schokotäfelchen aus der Krienser Manufaktur in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Schokoladenproduzenten Barry Callebaut auf jedem Flug der Swiss verteilt.
Ein Prestigeprojekt, das sich für den Betrieb an der Rainacherstrasse ausbezahlt hat. Schätzungsweise 16 Millionen Schokotäfelchen pro Jahr haben die Krienser Schoggi-Profis während dieser Zeit an die Swiss ausgeliefert. René Hug ist stolz auf das Geleistete. «Für uns als kleine Manufaktur war es toll, die Grossen bei der Ausschreibung ausgestochen zu haben.»
Heute beliefert Chocolat Frey die Swiss. Zwar hat die Karl Hug AG auch in vergangenen Jahren noch an der Ausschreibung teilgenommen, zu einer Zusammenarbeit mit der Airline ist es jedoch nicht mehr gekommen. Aus Kostengründen, vermutet der gelernte Confiseur und Chocolatier: «Qualität hat eben ihren Preis.»
Luzerner Schoggi im Weltall
Hugs Schokolade hat es aber dank des renommierten Auftrags in noch höhere Sphären geschafft. 2016 belieferte das Unternehmen in einer einmaligen Aktion nämlich die Astronauten der ISS. «Das war eine Herkulesaufgabe», erinnert sich Hug gut gelaunt.
Denn damit die Schoggi ins Weltall gelangen konnte, wurden alle Verpackungsmaterialien spezifisch eingekauft und in Labors in der Schweiz, in Spanien und Holland getestet. Erst nachdem sichergestellt war, dass die Verpackung nicht entflammbar ist und man sich an den Papierkanten nicht schneiden konnte, waren die sechs Boxen bereit für den Flug ins All. «Als Dankeschön gab es eine Videogrussbotschaft des Astronauten Tim Peake.»
Weil auf den Verpackungen aber keine Logos abgedruckt werden durften, war die internationale Strahlkraft für die Karl Hug AG begrenzt. Trotzdem hat das Ereignis dank eines Berichts in der «Handelszeitung» gemäss Hug «ziemlich grosse Wellen geschlagen».
Betrieb setzt auf Handarbeit
Heute geht es in der Manufaktur im wahrsten Sinne des Wortes bodenständiger zu. René Hug führt uns vom neu gestalteten Fabrikshop in die Produktionsstätte. Etwa 60 Tonnen Schokolade werden hier jährlich von einem 19-köpfigen Produktionsteam verarbeitet und verpackt. «Zwar setzen wir bei einigen Arbeitsschritten auf maschinelle Unterstützung, ein Grossteil der Arbeit erfolgt aber noch von Hand», sagt Hug und zeigt uns im Lager einige Beispiele.
Egal, ob Marienkäfer mit Marzipanflügeln oder Schokosonnen – die Gesichter beispielsweise sind alle «von Hand geschminkt», wie Hug sagt. Die Schokolade bezieht das Unternehmen vom Produzenten Felchlin aus Schwyz, der den Kakao wiederum von der Finca La Amistad aus Costa Rica bezieht. «Hier wissen wir, dass faire Löhne bezahlt werden und keine Kinderarbeit stattfindet.»
Die Manufaktur will sich nach aussen hin öffnen
René Hug räumt auf Nachfrage auch mit einer immer wieder aufkeimenden Mär auf: Finden sich in den aktuellen Pralinen, Schokoherzen und Truffes noch eingeschmolzene Osterhasen? Ganz klar nein. «Wir schmelzen gar nichts ein.» Das habe zum einen Qualitätsgründe und zum anderen hätte es heuer auch gar nichts zum Einschmelzen gegeben. «Wir haben rund 1000 Osterhasen produziert – und alle über die Ostertage verkaufen können.» Der Grossandrang ging auch auf eine Flyeraktion zurück, mit der Hug die Manufaktur im weiteren Umfeld beworben hat.
«Ein Export ins Ausland kommt derzeit nicht infrage.»
René Hug, Geschäftsleiter
Denn bisher galt die Manufaktur in der Region als Geheimtipp. Auch auf der zentralplus-Redaktion wusste kaum jemand, dass Kriens eine eigene Schoggifabrik hat. Das liegt vielleicht auch daran, dass die Karl Hug AG vor allem als Zulieferer agiert. Zu den Hauptkunden der Manufaktur zählen unter anderem Bäckereien-Konditoreien, Tearooms, Confiserien, die gehobene Gastronomie und renommierte Hotels – alle ausschliesslich in der Schweiz.
«Ein Export ins Ausland kommt derzeit nicht infrage.» Damit Schweizer Qualitätsware auf dem internationalen Markt bestehen könnte, müssten sie die Preise «drücken». Und solche Kapriolen wolle man nicht mitmachen. Stattdessen will sich das Unternehmen national stärker nach aussen hin öffnen.
Staffelübergabe in Sicht
Dabei sollen nicht nur der vergrösserte Fabrikladen und eine grössere Social-Media-Präsenz helfen, sondern mittelfristig vielleicht sogar ein eigener Verkaufsladen. «Das könnte ich mir vorstellen», sagt René Hug, als wir ihn darauf ansprechen. «Allerdings passiert das nicht mehr in meiner Ära.»
«Ich hätte die Firma eher komplett verkauft, als eine externe Geschäftsleitung einstellen zu müssen.»
René Hug leitet den Familienbetrieb seit dem Tod seines Vaters und Firmengründers Karl Hug im Jahr 1986. An seiner Seite steht seine Schwester Ursula Zimmermann-Hug, welche die angegliederte Firma Chocoprint führt. Diese ist für die Drucksachen der Schokoladeprodukte zuständig ist. In knapp zwei Jahren werden sich die beiden jedoch pensionsbedingt aus dem Geschäft zurückziehen.
Die Nachfolge ist aber bereits geregelt – und bleibt dem Gedanken eines Familienbetriebs treu. Denn sowohl die Tochter von René Hug als auch die Nachkommen von Ursula Zimmermann-Hug arbeiten seit einigen Jahren tatkräftig im Betrieb mit. Sehr zur Freude des Geschäftsführers. «Ich hätte die Firma eher komplett verkauft, als eine externe Geschäftsleitung einstellen zu müssen.»
Mit der dritten Generation in den Startlöchern weiss Hug, dass diese der Philosophie des Unternehmens treu bleiben wird, aber auch eigene Impulse setzen kann. «Wenn die Jungen etwas ändern möchten, dann sollen sie das. Es ist ihre Zukunft. Und ich habe kein Problem damit, loszulassen.»
Über die Karl Hug AG
1959 von Karl und Frieda Hug in der privaten Küche an der Löwenstrasse in der Stadt Luzern gegründet, zog das Unternehmen, das eigene Schokoladekreationen an umliegende Betriebe verkaufte, bald nach Kriens in eine eigene Produktionsstätte. Aus Platzgründen zog der Betrieb 1971 nach Horw in grössere Räumlichkeiten und schliesslich 1984 an den heutigen Standort im Obernau in Kriens.
- Augenschein vor Ort
- Artikel in der «Handelszeitung»
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