Ein Quartier muckt auf

«Es wäre der familienfreundlichen Stadt Zug unwürdig»

Übergabe der Petition vor dem Stadthaus: Stadträtin Vroni Straub-Müller, Stadtschreiber Martin Würmli und Helen Faltas

(Bild: slam)

72 Betreuungsplätze fehlen den Kindern im Gebiet Lorzen. Dies führt dazu, dass Mütter länger arbeiten müssen – oder ihr Pensum reduzieren. Nun wehren sie sich mit einer Unterschriftensammlung. Auf dem Spiel stehe Zugs Ruf als kinderfreundliche Stadt.

Mit Flyern, WhatsApp und via Facebook sowie mit einer Online-Petition wollten sich im Quartier Riedmatt eine Gruppe von arbeitstätigen Eltern breite Unterstützung holen für mehr Freizeitbetreuungsplätze für ihre Kinder (zentralplus berichtete). Dies, nachdem viele ihrer Kinder bei der Anmeldung wegen Platzmangel am Betreuungsort in der Riedmatt abgewiesen worden waren. Dies hindert jedoch die Eltern und besonders viele Mütter bei der Ausübung ihrer Berufstätigkeit. Jetzt haben die Petitionäre das erste wichtige Zwischenziel in ihrem Kampf für mehr Freizeitbetreuungsplätze erreicht. 300 Unterschriften wurden am Mittwoch im Stadthaus überreicht.

«Um jedoch auf mein Pensum zu kommen, müsste ich einen Tag mehr arbeiten gehen. Ausser ich finde eine Tagesmutter oder es ergibt sich eine andere Lösung.»

Helen Faltas, Petitionsführerin

Nadia Pellanda Jandl ist mit ihren zwei Kindern vor Ort und selbst betroffen: Für die Petition hätten sie und andere Eltern «alle Bekannten mobilisiert, die selbst betroffen sind oder Verständnis für Familien haben», so die Petitionärin. «Die Plätze müssen in der Nähe sein, denn ich arbeite und werde meinen Sohn nicht an irgendeinen Ort ans andere Ende der Stadt begleiten können.» Eine Lösung im Gebiet Lorzen ist also gefragt.

Über ein Dutzend Eltern mit Kindern haben sich vor dem Stadthaus für die Einreichung der Petition versammelt.

Über ein Dutzend Eltern mit Kindern haben sich vor dem Stadthaus für die Einreichung der Petition versammelt.

(Bild: slam)

25 neue Plätze sind zu wenig

25 neue Plätze für die Freizeitbetreuung der Kinder will die Stadt gemäss Stadträtin Vroni Straub-Müller bereits in wenigen Wochen mit einem zusätzlichen Betreuungsort in der Riedmatt selbst schaffen. Rund 72 Freizeitbetreuungsplätze fehlen jedoch insgesamt im Gebiet um Riedmatt, Riedpark, Im Rank sowie Ammannsmatt. Auch auf den Ausbau der knappen Schulräume müssen sich die Eltern bis 2019 oder 2020 gedulden. Sie befürchten, die nächsten 3 Jahre mit dem Problem alleine gelassen zu werden. Lediglich für einen Mittagstisch zeichnet sich eine erste Lösung ab. Straub-Müller unterstützt das Anliegen der Petition und findet das Vorgehen grundsätzlich richtig. Mit einer Initiative, die logischerweise auch mit mehr Zeitaufwand für die Mütter verbunden wäre, könnte man allerdings auch eine gesetzliche Basis schaffen. Diese würde mehr Spielraum für breitere Lösungen für die ganze Stadt ermöglichen.

«Wenn alle Frauen mit der Arbeit aufhören würden, gäbe es ja auch wieder viel weniger Steuereinnahmen. Für die Stadt wäre es günstiger, mehr Betreuungsplätze zu schaffen.»

Nadia Pellanda Jandl, arbeitstätige Mutter und Petitionärin

«Wenn es einen Mittagstisch gibt, wäre das immerhin eine halbe Lösung» sagt Helen Faltas, welche die rund 300 Unterschriften in ihren Händen trägt. «Um jedoch auf mein Pensum zu kommen, müsste ich einen Tag mehr arbeiten gehen. Ausser ich finde eine Tagesmutter oder es ergibt sich eine andere Lösung.» Mit einem Mittagstisch könnte sie – und andere Mütter möglicherweise auch – wenigstens am Mittag bis 14 Uhr durcharbeiten, um anschliessend bei den Kindern zu sein.

«25 Plätze reichen ganz klar nicht. Jedes Kind, das einen Platz braucht, sollte einen bekommen.»

Jandl

Eine optimale Lösung wäre dies jedoch nicht. Stadträtin Straub-Müller schliesst allerdings nicht aus, dass die Stadt von sich aus bis Ende Jahr eine Lösung für die Nachmittagsbetreuung findet. Auch wenn sie gesetzlich noch nicht dazu verpflichtet ist. Ansonsten sei eine Initiative denkbar, um dies zu ändern: «Falls wir als Gemeinschaft entscheiden, diesen Schritt zu gehen und eine Initiative zu lancieren, müssten wir mit viel mehr Aufwand rechnen. So hätten wir noch weniger Zeit für unsere Kinder. Das könnten wir nur mit zusätzlicher Unterstützung umsetzen», sagt Faltas.

«25 Plätze reichen ganz klar nicht. Jedes Kind, das einen Platz braucht, sollte einen bekommen», sagt die Riedmatt-Bewohnerin Jandl. «Es wäre der familienfreundlichen Stadt Zug unwürdig, sollte dies nicht ermöglicht werden», fährt sie fort. Jandl lebt gerne mit ihrer Familie in Zug und würde sogar mehr für die Betreuungszeit bezahlen. Ein Mittagessen kostet übrigens für alle Kinder nur 10 Franken. Jandl sagt: «Meine Stelle ist mir wichtig, kündigen möchte ich nicht. Sowieso: Wenn alle Frauen mit der Arbeit aufhören würden, gäbe es ja auch wieder viel weniger Steuereinnahmen. Mehr Betreuungsplätze zu schaffen, wäre für die Stadt eindeutig günstiger.»

So sah die Online-Petition aus:

Online-Petition der Eltern

Online-Petition der Eltern

(Bild: Onlinepetitionen24.com)

Nach Einreichen der Petition liegt der Ball nun bei der Stadt. Sie muss sich mit dem Bedürfnis der Eltern auseinandersetzen. Rund 80 Prozent der Eltern, die ihre Kinder für die Freizeitbetreuung anmelden, tun dies aus erwerbstechnischen Gründen. Bei den restlichen 20 Prozent sind die unterschiedlichsten Gründe ausschlaggebend: Sprachförderung und Integration, vermehrter Kontakt zu anderen Kindern, gesundheitliche Gründe oder soziale Indikation. Bei den Betreuungsplätzen haben schlechterverdienende Bevölkerungsschichten Priorität.

 

 

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